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Hornblower 09 - Lord Hornblower

Hornblower 09 - Lord Hornblower

Titel: Hornblower 09 - Lord Hornblower
Autoren: C. S. Forester
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Dienst, er wäre zu Boden gestürzt, hätten sie ihn nicht immer wieder hochgerissen und weitergeschleppt. »Reiß dich zusammen, feiger Hund!« sagte der eine seiner beiden Wächter.
    Kein Mensch außer ihm selbst hatte ihn je einen Feigling geschimpft. Er machte den Versuch, die beiden abzuschütteln, aber sie packten ihn nur um so fester, seine Schulter verursachte ihm wütende Schmerzen. Schließlich schob ihn noch ein Dritter von hinten, und sie beförderten ihn alle zusammen im Laufschritt aus der Senke heraus - es war wahrhaftig ein würdeloses Schauspiel. Da waren die Pferde, wohl hundert an der Zahl, auch sie standen ganz unter dem Eindruck der aufregenden Vorgänge und tänzelten unruhig hin und her. Man hob ihn auf einen Gaul, die Zügel wurden geteilt und von je einem Berittenen zur Rechten und zur Linken ergriffen.
    Hornblower fühlte sich doppelt hilflos, als er ohne Zügel im Sattel saß, überdies war er so erschöpft, daß er sich kaum aufrecht halten konnte. Das Pferd unter ihm wurde unruhig, er sah, wie man Brown und den Grafen auf die gleiche Art beritten machte. Dann setzte sich der ganze Trupp nach der Hauptstraße hin in Bewegung. Dort angelangt, wurde ein scharfer Trab angeschlagen, so daß Hornblower im Sattel auf und niederflog und krampfhaft am Sattelknopf Halt suchen mußte. Einmal hätte er um ein Haar das Gleichgewicht verloren, aber der neben ihm reitende Soldat legte ihm im letzten Augenblick den Arm um den Leib und holte ihn wieder hoch.
    »Wenn Sie in einer solchen Kolonne aus dem Sattel fielen«, meinte der Soldat nicht unfreundlich, »dann wären Ihre Leiden gleich zu Ende.« Sein Leid! Dort hinten lag Marie - eine Tote.
    War es nicht, als hätte er sie mit eigener Hand getötet? Sie war tot - tot - tot. Ein Wahnsinn von ihm, diesen Aufruhr ins Werk zu setzen, ein viel schlimmerer, ein verbrecherischer Wahnsinn, ihr die Teilnahme zu gestatten. Warum hatte er sich darauf eingelassen? Und dann: Hätte er nur etwas geschicktere Hände besessen, hätte er sich nur ein bißchen besser zu helfen gewußt, dann mußte es ihm gelingen, die sprudelnde Arterie rechtzeitig zusammenzupressen. Allerdings, Hankey, der Schiffsarzt der Lydia, hatte ihm einmal in seiner fachmännisch überlegenen Art versichert, daß kein Mensch nach einer Verletzung der Oberschenkelarterie länger am Leben bleiben könne als höchstens dreißig Sekunden. Aber das konnte ihm jetzt nichts helfen. Marie war unter seinen Händen gestorben, und er hatte es nicht verhindert. Er hatte die dreißig Sekunden Zeit gehabt und hatte versagt. Er hatte in jeder Hinsicht versagt, im Krieg, in der Liebe, in seiner Ehe mit Barbara. Großer Gott! Wie kam er dazu, jetzt an Barbara zu denken? Mag sein, daß ihn nur der Schmerz in seiner Schulter davor bewahrte, vollends irrsinnig zu werden. Das Stoßen des Pferdes verursachte ihm solche Qualen, daß er sich nachgerade gezwungen sah, davon Notiz zu nehmen.
    Er steckte also den herabhängenden Arm zwischen die Knöpfe seines Rockes, so daß er wie in einer Schlinge gestützt war.
    Darauf wurde es gleich etwas besser. Noch größer wurde die Erleichterung, als die Kolonne auf Befehl des an der Spitze reitenden Offiziers nach einiger Zeit in Schritt fiel. Gleichzeitig gewann aber auch die Erschöpfung immer mehr Macht über ihn.
    Zwar jagten die Gedanken noch wirbelnd durch sein Gehirn, aber sie verloren allmählich die Form klar umrissener, logischer Vorstellungen und wandelten sich dafür in eine Art schreckhafter, undeutlich verworrener Traumgebilde. Immer tiefer sank er in einen von wilden Phantasien erfüllten Betäubungszustand und schreckte erst wieder auf, als die Gäule auf einen abermaligen Befehl von neuem antrabten. Schritt und Trab, Schritt und Trab, so ging es weiter und weiter die Straße entlang, die Reiter holten heraus, was die Pferde hergaben, man schleppte ihn mit größter Hast zum Gericht und zum Tode...
    General Clausens Hauptquartier war ein Schloß, das ein Halbbataillon Infanterie bewacht hielt. Gefangene und Begleitmannschaft ritten in den Schloßhof und saßen dort ab.
    Der Graf war wegen des dicken, grauen Stoppelbarts, der sein Gesicht bedeckte, kaum zu erkennen, auch Brown trug einen entstellenden Bart, und überdies war sein eines Auge samt der Wange dick und purpurrot verschwollen. Es gab keine Zeit, mehr als einen Blick auszutauschen, keine Zeit, auch nur ein Wort zu wechseln, denn kaum waren sie abgesessen, da trat auch schon ein Offizier lebhaften
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