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Hornblower 02 - Leutnant Hornblower

Hornblower 02 - Leutnant Hornblower

Titel: Hornblower 02 - Leutnant Hornblower
Autoren: C. S. Forester
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das Ziel in den westindischen Gewässern auf geradem Kurs anzusteuern. Der Wind sang in den steifen Luvwanten und Pardunen, er pfiff auch Bush um die Ohren, der auf dem Steuerbord-Achterdeck stand und breitbeinig die Bewegungen des Schiffes abfing, während die mächtigen grauen Seen eine nach der anderen heranrollten. Der Steuerbordbug empfing sie zuerst und kletterte daran hoch, bis das Bugspriet in den Himmel ragte, aber ehe dieser Aufschwung noch sein Ende erreichte, begann das Schiff zugleich zu rollen.
    Langsam, langsam holte es über, langsam hob sich das Bugspriet immer steiler gen Himmel. Endlich, während die Neigung noch immer zunahm, stieß der Bug durch den Kamm der See und glitt auf ihrer Rückseite schäumend und gischtend zu Tal. Damit begann das Bugspriet seinen Abwärtsbogen, und zugleich richtete sich der gekrängte Rumpf wieder zu seinem alten Neigungswinkel auf.
    Die durchlaufende See drückte achtern auf den Kiel und lie das Schiff ein wenig luven, zuletzt aber faßte sie unter das Heck und hob es an, so daß der Bug tief niedertauchte. Auf diese Art schraubte sich die Renown wie ein Korkenzieher durch die aufgewühlte See und entwickelte dabei jene schwerfällige Würde, die ihrem gewichtigen Rumpf und den fünfhundert Tonnen Artillerie in ihren Decks entsprach.
    Steigen - Überholen - Sinken - Überholen, das war herrlich, das hatte Rhythmus und Majestät, und Bush, der sich dank zehnjähriger Erfahrung mit vollendeter Sicherheit über das schwingende Deck bewegte, hätte seine Wache mit vollen Zügen genossen, wäre nur nicht der Wind immer frischer und frischer geworden. Das hieß nämlich, daß in absehbarer Zeit ein zweites Reff eingesteckt werden mußte, und dazu wiederum bedurfte es nach den ständigen Schiffsbefehlen vorher einer Meldung an den Kommandanten.
    Aber noch waren ihm ein paar gnädige Minuten geschenkt, noch stand er unbehelligt auf dem schrägen Deck und ließ seine Gedanken wandern, wie sie wollten. Nicht, daß Bush den Drang in sich gefühlt hätte, zu meditieren - ein verständnisloses Lächeln wäre wohl seine einzige Antwort auf jeden Vorschlag dieser Art gewesen. Aber die letzten Tage an Land waren ihm vergangen wie ein ununterbrochener Wirbel. Es hatte damit angefangen, daß er seine Kommandierung erhielt und von Mutter und Schwestern Abschied nahm, bei denen er nach der Außerdienststellung der Conqueror drei Wochen verbracht hatte. Dann war er Hals über Kopf nach Plymouth geeilt, voll Sorge, ob der Rest seines Geldes ausreichen würde, die Postkutsche zu bezahlen. Auf der Renown war alles auf den Beinen gewesen, um die Ausrüstung des Schiffes für die westindische Station zu beenden, und während der sechsunddreißig Stunden, die bis zum Auslaufen noch blieben, hatte auch Bush kaum Zeit gefunden, sich einmal hinzusetzen, geschweige denn zu schlafen - die erste wirkliche Nachtruhe hatte er erst gefunden, als das Schiff endlich hart am Win durch die Biskaya stampfte. Vom ersten Augenblick seines Anbordkommens an ging ihm vor allem das seltsame Gebaren des Kommandanten auf die Nerven, der sich bald argwöhnisch zeigte wie ein Verrückter, bald wieder alles mit stumpfer Gleichgültigkeit hinnahm. Bush hatte nicht viel Empfinden für Atmosphäre - er war eine einfache, männliche Seele und tat in jeder schwierigen Lage, die der Dienst auf See mit sich brachte, mit stoischem Gleichmut seine Pflicht -, hier aber konnte auch er nicht umhin, die angstvolle Spannung herauszufühlen, die das ganze Leben auf der Renown beherrschte. Genau gesagt, fühlte er sich unbefriedigt und irgendwie bedrückt, aber er wußte eben nicht, daß sich Spannung und Angst bei ihm in dieser Form äußerten. Während der drei vergangenen Seetage hatte er seine Kameraden kaum näher kennengelernt. Soweit er bis jetzt sagen konnte, war Buckland, der Erste Offizier, ein ruhiger, tüchtiger Mann, zeigte Roberts, der Zweite, ein freundliches, umgängliches Wesen. Hornblower schien ihm besonders tatkräftig und klug zu sein, und Smith war wohl ein bißchen schwach. Aber dies waren letzten Endes alles nur Vermutungen.
    Die Mitglieder der Offiziersmesse - Leutnants, Profos, Arzt und Zahlmeister - gaben sich sehr verschlossen und schienen offenbar nicht geneigt, viel von sich zu erzählen. Im großen und ganzen war das durchaus in Ordnung - Bush war ja auch selbst alles andere als ein oberflächlicher Schwätzer -, aber das allgemeine Schweigen wirkte nachgerade bedrückend, wenn sich die Unterhaltung
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