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Herzraub

Herzraub

Titel: Herzraub
Autoren: Monika Buttler
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Einzelseite im Innenteil konnte man dann nachlesen, was wirklich geschehen war. Dass nämlich die Schändung im ›Raub ihres Herzens‹ bestand.
    Werner Danzik interessierte sich mehr für das Personal, das diesen extravaganten Lebenslauf begleitete. Marco Steinmann, der Lebensgefährte, und Alexander Osswald, der Sohn. Dazu gab es wenig Neues. Die Beziehung zu Marco Steinmann habe gekriselt, Celia Oss-
wald habe ihn einmal in flagranti mit dem polnischen Hausmädchen erwischt. Auch dieser Bardot-Verschnitt mit Busen in Übergröße war abgelichtet.
    Das Verhältnis zwischen Mutter und Sohn sei sehr eng gewesen, immer mal wieder auftauchende, sehr junge attraktive Freundinnen ihres Sascha habe die Diva weggegrault.
    Danzik schaute sich die Fotos der Liebhaber an. Fünf smarte Typen, mehr oder weniger prominent. Wie weit diese ›Affären‹ nun gegangen waren und wie lange sie gedauert hatten, war ja noch die Frage. Natürlich musste man auch in der Richtung alles abklopfen. Manchmal erhob sich ein Gespenst aus der Vergangenheit und enthüllte plötzlich ein unvermutetes kriminelles Potenzial.
    Wirklich interessant war aber ein anderer: Claus Saalbach, der Ex-Mann. Eine gescheiterte Existenz mit Karrierebruch, an dem Celia Osswald offensichtlich entscheidenden Anteil hatte. Diesen ehemaligen Schauspieler würden sie sich als Nächsten vornehmen …
    Ein junger Mann schwang herein und überreichte dem Kommissar einen Umschlag.
    „Der Obduktionsbericht.“
    „Danke.“ Danzik suchte vergeblich nach dem Brieföffner und fetzte den Umschlag kurzerhand auf.
    „Interessant, interessant.“ Er begann noch mal von vorn, um sich die toxikologischen Begriffe zu wiederholen, als die Tür aufflog und mit ausgreifenden Schritten ein etwa 60-jähriger großer Mann im grauen Flanell hereinkam.
    „Oh, Herr Kriminaldirektor, setzen Sie sich doch!“
    „Nein, danke. Ich nehme an, die wenigen Ermittlungsergebnisse können Sie mir auch so sagen. Also, Fall Osswald, den Stand der Dinge, bitte!“
    Danzik stand auf. „Es gibt zwei Verdächtige im persönlichen Umfeld, die Motive haben. Der Lebensgefährte – eventuell jüngere Geliebte und Geldgier – und der Ex-Mann, Mordmotiv Rache.“
    „Und diese Sache mit dem rausgeschnittenen Herzen?“
    „Da werden wir auch in der Transplantationsszene ermitteln. Könnte ein Racheakt sein. Auch Ritualmord könnte es sein.“
    „Könnte, könnte – was haben wir denn nun konkret?“
    Danzik schaute auf den Bogen in seiner Hand. „Die Obduktionsergebnisse. Bevor Celia Osswald das Herz entfernt wurde, ist sie vergiftet worden.“
    „Na, gut. Sie halten mich auf dem Laufenden.“ Der Kriminaldirektor eilte mit erhobenem Kopf hinaus.
    Ja, was denn wohl sonst, dachte Danzik. Immer dasselbe Theater. Gerade zwei Tage war es her, dass sie Celia Osswald gefunden hatten, und schon wurde was ›Konkretes‹ erwartet. Verärgert knüllte er die Zeitung zusammen.
    Dann griff er in die Schublade und holte Celia Osswalds Tagebuch hervor. Unter den Fundstücken in ihrer Wohnung war dies mit Sicherheit das aufschlussreichste Material. Er blickte auf die steile, schroffe, linkslastige Schrift: unsympathisch, aber wenigstens gut lesbar.
    „ … wie muss mich dieser Mann hassen. Jetzt droht mir Claus sogar, Sascha zu entführen. Ins Ausland. Er werde Deutschland sowieso verlassen, ich hätte seine hiesige Existenz vernichtet, ihm bliebe gar keine andere Wahl. Und dann würde er Sascha mitnehmen. Der Mann ist doch völlig durchgeknallt, der reinste borderline-Fall. Das mit der Existenzvernichtung ist ja schon Verfolgungswahn. Er war es doch selbst, der sich durch sein unstetes Jobben die echten Chancen vermasselt hat.
    Labil war er ja schon immer, manipulierbar und total außengelenkt. Dieser Frauenverschleiß sagt doch alles. Ein Mann mit echtem Selbstbewusstsein muss sich doch nicht jede Sekunde durch eine ›Eroberung‹ beweisen. Ich verstehe nicht, wie ich auf diesen Mann reinfallen konnte. Ich war wohl zu jung, zu unbedarft, damals noch anfällig für flache Charme-Attacken …
    Ich will nicht behaupten, dass ich Angst vor ihm habe. Das wäre zuviel der Ehre. Aber ich fühle mich unbehaglich, irgendwie bedroht. Wenn der mich weiter mit Hass überschüttet, dann muss ich wohl Marco als Leibwächter einsetzen …“
    Danzik klappte die Mappe zu. Gleich morgen würden sie Claus Saalbach vernehmen. Er lehnte sich zurück und lächelte. „Ein Mann mit echtem Selbstbewusstsein …“ Er selbst war das
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