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Helle Barden

Helle Barden

Titel: Helle Barden
Autoren: Terry Pratchett
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ich mal sehen?«
    Karotte ließ das Schwert sinken, und Mumm beobachtete entsetzt, wie
    er zum Schreibtisch ging und dort die Dokumente aus dem Beutel zog.
    Kreuz nickte anerkennend, als sei er zufrieden mit einem Schüler.
    Karotte las die erste Seite und wandte sich der nächsten zu.
    »Das ist wirklich interessant«, sagte er.
    »Ja«, bestätigte Kreuz. »Und jetzt müssen wir diesen lästigen Wächter
    aus dem Weg schaffen.«
    Mumm glaubte, bis zum Anfang des Laufs sehen zu können, bis zu
    dem Bleiklumpen, der ihm gleich entgegenspringen würde…
    »Schade«, meinte Kreuz. »Wenn du doch nur…«
    Karotte trat vor das Gfähr, und sein Arm bewegte sich so schnell, daß
    er kaum zu erkennen war. Es blieb fast völlig still.
    Man sollte immer einem Bösen ausgeliefert sein, dachte Mumm. Denn
    der Gute tilgt das Leben, ohne ein Wort zu verlieren.
    Kreuz sah nach unten. Blut zeigte sich auf seinem Hemd. Er tastete
    nach dem aus seiner Brust ragenden Schwertheft, hob dann den Kopf
    und blickte in Karottes Augen.
    »Warum? Du hättest…«
    Er starb. Das Gfähr rutschte ihm aus den Händen und schoß, doch
    das tödliche Metall bohrte sich in den Boden.
    Es war still.
    Karotte griff nach dem Schwert und zog die Klinge aus dem erschlaff-
    ten Leib. Die Leiche sank zu Boden.
    Mumm stützte sich am Tisch ab und versuchte, wieder zu Atem zu
    kommen.
    »Verdammter… Mistkerl«, keuchte er. »Er hat dich… Sire genannt.
    Was ist in dem Beutel?«
    »Du bist spät dran, Hauptmann«, sagte Karotte.
    »Spät? Was soll das heißen?« Mumm mußte sich bemühen, sein Gehirn
    daran zu hindern, endgültig von der Realität Abschied zu nehmen.

    »Die Trauung.« Karotte warf einen kurzen Blick auf die Taschenuhr,
    klappte sie zu und reichte sie Mumm. »Sie hätte vor zwei Minuten statt-
    finden sol en.«
    »Ja, ja. Aber er hat dich Sire genannt. Ich hab’s deutlich gehört…«
    »Vermutlich eine akustische Täuschung.«
    Dem Hauptmann fiel etwas ein. Karottes Schwert maß mehr als sech-
    zig Zentimeter. Es hatte Kreuz glatt durchstoßen, und hinter ihm…
    Mumm betrachtete die Säule. Sie bestand aus Granit und war etwa
    dreißig Zentimeter dick. Es war kein Riß darin, nur ein klingenförmiges
    Loch.
    »Karotte…«
    »Du bist ziemlich schmutzig, Herr«, sagte der junge Korporal. »Du
    sol test dich waschen und die Kleidung wechseln.«
    Karotte nahm den Lederbeutel und streifte sich den Riemen über die
    Schulter.
    » Karotte… «
    »Herr?«
    »Ich befehle dir, mir den Beu…«
    »Nein, Herr. Du kannst mir nichts befehlen. Nichts für ungut: Du bist
    jetzt Zivilist und kein Offizier der Wache mehr. Ein neues Leben hat für
    dich begonnen.«
    »Ein Zivilist ?«
    Mumm rieb sich die Stirn. Dahinter traf jetzt al es zusammen: das
    Gfähr, die Kanalisation, Karotte und der Umstand, daß er nur mit Hilfe
    von Adrenalin durchgehalten hatte, wofür ihm nun die Rechnung prä-
    sentiert wurde (ohne daß er anschreiben lassen konnte). Er fühlte sich
    plötzlich wie ein Bal on, aus dem die Luft entwich.
    » Dies ist mein Leben, Karotte! Ich bin immer Wächter gewesen!«
    »Du brauchst ein heißes Bad und was zu trinken, Herr«, erwiderte der
    Korporal. »Anschließend fühlst du dich bestimmt besser. Komm.«
    Mumm sah auf den Leichnam des Professors hinab, dann wanderte
    sein Blick zum Gfähr. Er bückte sich, um es aufzuheben…

    Im letzten Augenblick zog er die Hand zurück.
    Nicht einmal den Zauberern stand so ein Ding zur Verfügung. Nach
    einer thaumaturgischen Entladung des Zauberstabs mußten sie sich hin-
    legen und ausruhen.
    Kein Wunder, daß es niemand fertiggebracht hatte, dieses Objekt zu
    zerstören. Es war einfach zu perfekt. Es berührte etwas in der Seele. Man brauchte es nur in die Hand zu nehmen, und schon besaß man Macht.
    Das Gfähr barg viel mehr Macht als ein Bogen oder Speer – diese Dinge
    erweiterten nur die Muskelkraft. Das Gfähr hingegen gab einem Macht
    von außen. Man benutzte es nicht; man wurde von ihm benutzt. Kreuz war vermutlich ein guter Mann gewesen. Wahrscheinlich hatte er Edward
    freundlich zugehört und anschließend das Gfähr genommen – dann hat-
    te er dem Gfähr gehört.
    »Hauptmann Mumm? Ich glaube, wir sol ten jetzt besser gehen.« Ka-
    rotte bückte sich.
    »Rühr das Ding auf keinen Fal an!« warnte Mumm.
    »Warum denn nicht? Es ist doch nur ein Objekt.« Karotte ergriff das
    Gfähr am Lauf, betrachtete es zwei oder drei Sekunden lang und schmet-
    terte es dann an die Wand. Metal
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