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Hauffs Maerchen - Gesamtausgabe

Hauffs Maerchen - Gesamtausgabe

Titel: Hauffs Maerchen - Gesamtausgabe
Autoren: Wilhelm Hauff
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nicht zu antworten, sie fürchtete, sich durch ihre zarte Stimme zu verraten. Der Zirkelschmidt merkte es, nahm seinen Gefährten unter den Arm, sagte der Wirtin Ade und stimmte ein lustiges Lied an, während er dem Wald zuschritt.

“Jetzt erst bin ich in Sicherheit!” rief die Gräfin, als sie etwa hundert Schritte entfernt waren. “Noch immer glaubte ich, die Frau werde mich erkennen und durch ihre Knechte festnehmen. O, wie will ich euch allen danken! Kommet auch Ihr auf mein Schloß, Ihr müßt doch Euern Reisegenossen bei mir wieder abholen.”

Der Zirkelschmidt sagte zu, und während sie noch sprachen, kam der Wagen der Gräfin ihnen nachgefahren; schnell wurde die Türe geöffnet, die Dame schlüpfte hinein, grüßte den jungen Handwerksburschen noch einmal, und der Wagen fuhr weiter.

Um dieselbe Zeit hatten die Räuber und ihre Gefangenen den Lagerplatz der Bande erreicht. Sie waren durch eine ungebahnte Waldstraße im schnellsten Trab weggeritten; mit ihren Gefangenen wechselten sie kein Wort, auch unter sich flüsterten sie nur zuweilen, wenn die Richtung des Weges sich veränderte. Vor einer tiefen Waldschlucht machte man endlich Halt. Die Räuber saßen ab, und ihr Anführer hob den Goldarbeiter vom Pferd, indem er sich über den harten und eiligen Ritt entschuldigte und fragte, ob doch die “gnädige Frau” nicht gar zu sehr angegriffen sei.

Felix antwortete ihm so zierlich als möglich, daß er sich nach Ruhe sehne, und der Hauptmann bot ihm den Arm, ihn in die Schlucht zu führen. - Es ging einen steilen Abhang hinab; der Fußpfad, welcher hinunter führte, war so schmal und abschüssig, daß der Anführer oft seine Dame unterstützen mußte, um sie vor der Gefahr, hinabzustürzen, zu bewahren. Endlich langte man unten an. Felix sah vor sich beim matten Schein des anbrechenden Morgens ein enges, kleines Tal von höchstens hundert Schritten im Umfang, das tief in einem Kessel hoch hinanstrebender Felsen lag. Etwa sechs bis acht kleine Hütten waren in dieser Schlucht aus Brettern und abgehauenen Bäumen aufgebaut. Einige schmutzige Weiber schauten neugierig aus diesen Höhlen hervor, und ein Rudel von zwölf großen Hunden und ihren unzähligen Jungen umsprang heulend und bellend die Angekommenen. Der Hauptmann führte die vermeintliche Gräfin in die beste dieser Hütten und sagte ihr, diese sei ausschließlich zu ihrem Gebrauch bestimmt; auch erlaubte er auf Felix? Verlangen, daß der Jäger und der Student zu ihm gelassen wurden.

Die Hütte war mit Rehfellen und Matten ausgelegt, die zugleich zum Fußboden und Sitze dienen mußten. Einige Krüge und Schüsseln, aus Holz geschnitzt, eine alte Jagdflinte und in der hintersten Ecke ein Lager, aus ein paar Brettern gezimmert und mit wollenen Decken bekleidet, welchem man den Namen eines Bettes nicht geben konnte, waren die einzigen Geräte dieses gräflichen Palastes. Jetzt erst, allein gelassen in dieser elenden Hütte, hatten die drei Gefangenen Zeit, über ihre sonderbare Lage nachzudenken. Felix, der zwar seine edelmütige Handlung keinen Augenblick bereute, aber doch für seine Zukunft im Fall einer Entdeckung bange war, wollte sich in lauten Klagen Luft machen; der Jäger aber rückte ihm schnell näher und flüsterte ihm zu: “Sei um Gottes willen stille, lieber Junge; glaubst du denn nicht, daß man uns behorcht?” - “Aus jedem Wort, aus dem Ton deiner Sprache könnten sie Verdacht schöpfen”, setzte der Student hinzu. Dem armen Felix blieb nichts übrig, als stille zu weinen.

“Glaubt mir, Herr Jäger”, sagte er, “ich weine nicht aus Angst vor diesen Räubern oder aus Furcht vor dieser elenden Hütte, nein, es ist ein ganz anderer Kummer, der mich drückt! Wie leicht kann die Gräfin vergessen, was ich ihr schnell noch sagte, und dann hält man mich für einen Dieb, und ich bin elend auf immer!”

“Aber was ist es denn, was dich so ängstigt?” fragte der Jäger, verwundert über das Benehmen des jungen Menschen, der sich bisher so mutig und stark betragen hatte.

“Höret zu, und ihr werdet mir recht geben”, antwortete Felix. “Mein Vater war ein geschickter Goldarbeiter in Nürnberg, und meine Mutter hatte früher bei einer vornehmen Frau gedient als Kammerfrau, und als sie meinen Vater heuratete, wurde sie von der Gräfin, welcher sie gedient hatte, trefflich ausgestattet. Diese blieb meinen Eltern immer gewogen, und als ich auf die Welt kam, wurde sie meine Pate und beschenkte mich reichlich. Aber als meine
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