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Haschisch

Haschisch

Titel: Haschisch
Autoren: Oscar A. H. Schmitz
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gehörte dahin. Durch die Tür aber vernahm ich die Stimme des Fürsten im Gespräch mit dem Bürgermeister der Stadt. Ich verstand nur abgerissene Sätze. Vor allem wünschte er, unerkannt durchzureisen, da er leidend war. Im übrigen sei er der Stadt sehr gewogen. Er habe nichts einzuwenden gegen die Ernennung des beliebten X. zum Oberpostmeister, obgleich der Mann im Gerüche des Liberalismus stehe. Man solle überhaupt ihn – den Fürsten – doch ja nicht für einen Werwolf halten. Er beabsichtige, im Laufe der Jahre die Zensur und die Pressegesetze, selbst in den Grenzdistrikten, etwas milder zu handhaben ...
    Als ich hörte, daß der Bürgermeister verabschiedet wurde, eilte ich fort, um nicht entdeckt zu werden. Mein Weg ging geradeaus zur Redaktion der ersten Zeitung, wo ich meine ganze Wissenschaft verriet.
    »Metternich hier?« fragte der Redakteur. »Wenn Sie sich nur nicht täuschen.«
    »Aber, Herr Redakteur«, erwiderte ich, »was glauben Sie von mir, ich kenne Fürst Metternichs Stimme wie die meines Vaters.«
    Ich erschrak über diese mir selbst unbegreifliche Frechheit, denn ich hatte Metternich nie gesehen, noch früher je sprechen gehört.
    »Nun, so schreiben Sie einmal alles auf, was Sie wissen«, erwiderte der Redakteur, durch meine Sicherheit überzeugt. »Hier ist ein Pult. Tinte und Feder ...«
    Während ich schrieb, flossen mir – ich wußte nicht wie – Bilder und Sprachwendungen zu. die ich in dem Gemach der Schmuggler bemerkt hatte. In einer Viertelstunde waren zwei Spalten geschrieben in einem, wie ich selbst fand, äußerst brillanten Stil. Mit großem Selbstbewußtsein überreichte ich dem Redakteur die Blätter, der sie überflog und erstaunt rief: »Sie sind der geborene Journalist junger Mann. Ihre Findigkeit ist nichts gegen Ihren Stil, und alles beides verschwindet wieder vor Ihrer Schnelligkeit. Seit wann sind Sie bei der Presse?«
    »Das ist mein erster Versuch«, erwiderte ich etwas schüchtern.
    »Was waren Sie früher? Jeder Journalist war ehemalig etwas anderes.«
    »Dichter«, gestand ich beschämt.
    »Na, das haben Sie sich glücklich abgewöhnt. Ich habe Beschäftigung für Sie. Heute abend singt die Rubini die Cenerontola. Gehen Sie in die Oper und bringen Sie mir nachts noch die Kritik.«
    »Herr Redakteur, ich bin ja völlig unmusikalisch.«
    »Unsinn«, antwortete er grob, »solche Bedenken gewöhnen Sie sich nur ja ab. Mit Ihrem Stil ist man musikalisch, agronomisch, geographisch, theosophisch ... was verlangt wird ... verstehen Sie? Ich sehe übrigens, daß Sie, um in die Oper zu gehen, Ihre Toilette etwas vervollständigen müssen. Hier haben Sie hundert Gulden Vorschuß, und unterschreiben Sie dieses Blatt.«
    Er reichte mir einen Zettel, den ich unterschrieb, ohne zu beachten, was darauf stand. Ich empfahl mich und ging in die Modemagazine, wo ich mich völlig ausrüstete. Als Stutzer kam ich nach Hause. Vor meiner Zimmertür stand eine pompöse, übermäßig elegant gekleidete Dame.
    »Oh ... Sie kommen endlich ...« rief sie in einem gebrochenen Deutsch. »Ich bin Rubini ... Carlotta Rubini ... ich höre, daß Sie heute abend die Kritik schreiben.«
    Ich geriet etwas in Verlegenheit. »Verzeihen Sie ... Signora«, stammelte ich. »Ich wohne nur vorübergehend in dieser Höhle, bis ich eine Wohnung nach meinem Geschmack finde.«
    »Oh, ich begreife ... ich begreife ...«, sagte die Rubini und trat ein.
    Sie nahm ihren Schleier ab, und ich erkannte in ihr diejenige von den 500 Frauen, die mir in der Schmugglerhöhle zunächst gelegen hatte.
    »Ach ... ich bin so müde«, sagte sie, »darf ich ein wenig ausruhen ... seit einer halben Stunde stehe ich auf der Treppe.«
    »Gewiß ... gewiß ... Signora, wenn ich Ihnen nur etwas anbieten könnte.«
    »Ach ja, mein Herr ... bieten Sie mir etwas an ... lassen Sie etwas holen.«
    Ich ging hinaus, gab einem Jungen, der nebenan bei einem Schuster arbeitete, den Rest meines Geldes und beauftragte ihn, aus dem Kaffeehaus Champagner heraufzubringen. Wie recht gab ich jetzt den Schmugglern, die ihr Versprechen hielten und mir zu den 500 Frauen nach und nach die so unentbehrliche Million zukommen lassen würden.
    Als ich wieder in die Kammer trat, hatte sich's die Rubini sehr bequem gemacht. Es war ihr so heiß. Und als der Champagner kam, hielt ich bereits besorgt ihre Hand, denn sie hatte einen übermäßig starken Pulsschlag.
    Aber sie war nur ein Präzedenzfall. Ich könnte noch 499 Geschichten erzählen, wenn nicht
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