Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Halte meine Seele

Halte meine Seele

Titel: Halte meine Seele
Autoren: R Vincent
Vom Netzwerk:
genauso gut Nashs Schwester hätte sein können. Trotz ihrer zweiundachtzig Jahre hatte sie das Gesicht und den Körper einer Dreißigjährigen.
    Das langsame Altern war so ziemlich der einzige Vorteil, der mir zum Banshee-Dasein einfiel. Mein Vater war einhundertzweiunddreißig und sah aus wie vierzig.
    Als Nash nicht auf mein Klopfen reagierte, schlüpfte ich ins Zimmer und betrachtete ihn beim Schlafen. Er trug nichts weiter als Boxershorts und sah irgendwie verletzlich aus, wie er da so lag, das Gesicht halb im Kissen vergraben und ein Bein in die Decke gewickelt.
    Ich kniete mich neben das Bett und strich ihm sanft eine Haarsträhne aus der Stirn. Obwohl es im Zimmer warm war, fühlte sich seine Haut ganz kühl an. Als ich ihn gerade zudecken wollte, verzog er das Gesicht zur Grimasse, ohne die Augen zu öffnen.
    Sein Atem ging viel zu schnell. Fast keuchend. Dann knirschte er laut mit den Zähnen und stieß ein hilfloses Wimmern aus. Die Muskeln an seinen Armen begannen hervorzutreten, und er krallte die Hände ins Laken.
    Es musste ein Albtraum sein. Sollte ich ihn wecken oder zu Ende träumen lassen? Noch bevor ich mich entschieden hatte, riss er keuchend die Augen auf, schien mich aber gar nicht zu erkennen. Stattdessen krabbelte er aus dem Bett, stellte sich mit dem Rücken gegen die Wand und starrte mich an. Sein Brustkorb hob und senkte sich hektisch, und er blickte mich panisch an, bevor er mich endlich erkannte; mittlerweile raste mein Puls auch wie verrückt.
    „Kaylee?“, flüsterte er, als traue er seinen Augen nicht.
    „Ja, ich bin’s.“ Als sich sein Atem langsam beruhigte, stand ich auf. „Hattest du einen Albtraum?“
    Er fuhr sich mit den Händen übers Gesicht, wie um sämtliche Erinnerungen daran wegzuwischen. Danach hatte er sich scheinbar unter Kontrolle und seine Augen auch. „Sieht so aus.“
    „Worum ging es?“
    „Daran kann ich mich nicht erinnern.“ Stirnrunzelnd sank er aufs Bett. „Ich weiß nur noch, dass es schlimm war. Aber das Aufwachen ist dafür umso besser …“
    Er zog mich auf seinen Schoß. „Wie kommt es, dass du mich persönlich weckst?“ Er strich mir das Haar über die Schulter nach hinten, und mir wurde schlagartig bewusst, dass er halb nackt war – und sehr, sehr nahe. „Reichen dir Telefongespräche nicht mehr?“, flüsterte er und küsste mich ganz sanft auf den Hals.
    Bevor ich mich versah, ließ er sich nach hinten fallen und zog mich mit aufs Bett. Er legte sich auf mich und liebkoste meinen Hals, ließ die Hand vorsichtig über mein Shirt wandern. Ich wollte, dass er weitermachte. Er hatte lange genug gewartet. Es sollte einfach passieren …
    Mein Puls raste, und mein Atem ging keuchend.
    „Ich, äh …“ Was wollte ich sagen? Was hatte er gefragt? Plötzlich war alles andere unwichtig …
    Er schob die Hand unter mein Shirt, aber seine Finger waren so kalt, dass ich zusammenzuckte und wieder zur Besinnung kam. Irritiert schob ich Nash weg und setzte mich auf. „Beeinflusst du mich etwa?“
    Er grinste frech. „Ich helfe dir nur, dich zu entspannen.“
    „Hör auf damit!“ Wütend sprang ich auf, den Klang seiner Stimme immer noch im Kopf. „Tu das nie mehr! Außer ich singe für eine Seele.“ Seine Stimme half mir, meinen Schrei zu kontrollieren, aber das war hier nicht der Fall. Nicht einmal ansatzweise. „Ich hasse es, die Kontrolle zu verlieren. Das ist so, als ob ich in Zeitlupe von einem Felsen runterfalle.“ Oder unter Beruhigungsmitteln stand. „Und aus dem Grund bin ich sicher nicht gekommen“, fügte ich mit einer Geste aufs Bett hinzu.
    Nash machte ein finsteres Gesicht, und diese unglaublich verführerische Ruhe verpuffte und hinterließ eine Kälte, die durch seine missmutige Reaktion noch verstärkt wurde. „Woher soll ich das wissen? Ich wach auf, und du stehst in meinem Schlafzimmer, bei geschlossener Tür. Was hätte ich da bitte schön denken sollen? Dass du eine Partie Scrabble spielen willst?“
    „Ich …“ Die Situation überforderte mich. Hatte ich ihm irgendwelche Signale gesendet? Trug ich vielleicht ein T-Shirt mit der Aufschrift „Jungfräulichkeit zu vergeben, greif zu“? „Deine Mom ist nebenan!“
    „Wie auch immer.“ Seufzend griff er nach meiner Hand. „Verzeihst du mir?“
    „Nur, wenn du versprichst, dich anständig zu benehmen.“
    „Ich verspreche es. Also, was gibt’s?“ Er streckte sich auf dem Bett aus und verschränkte die Hände hinterm Kopf, um mir zu zeigen, was ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher