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Gute Nacht, mein Geliebter

Titel: Gute Nacht, mein Geliebter
Autoren: Inger Frimansson
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Herzinfarkt.«
    »Oh, das ist nicht wahr!«
    »Doch … Aber es geht ihr schon wieder besser. Sie ist über den Berg. Wir haben im Krankenhaus Wache gehalten. Papa und ich. Du sollst wissen, dass du mir gefehlt hast und ich mich auch nach dir gesehnt habe.«
    »Ist sie auch wirklich über den Berg?«
    »Ja, ja. Momentan jedenfalls.«
    Sie weinte wieder, musste vom Telefon weggehen, um sich etwas Küchenrolle zu holen.
    »Aber was ist denn los mit dir, Justine?«
    »Du musst herkommen, ich werde es dir erklären.«
     
    In weniger als einer halben Stunde war er bei ihr. Er umarmte sie, küsste sie, wiegte sie. Sie machte sich schwer und ließ sich fallen.
    »Komm«, flüsterte sie. »Wir gehen hier hinein.«
    Sie öffnete die Tür zum Schlafzimmer.
    »Hier drinnen können wir bleiben, ich habe ein wenig umgeräumt. Das hier war früher das Schlafzimmer meiner Eltern. Ich finde, es ist besser, wenn ich es jetzt benutze.«
    Sie legte sich auf den Bettüberzug, er legte sich angezogen neben sie.
    »Erzähl mir, was los ist!«, flüsterte er. »Jetzt bin ich ja da, warum hast du so verzweifelt geklungen?«
    »Es ist so, Hans Peter … dass ich Unglück bringe … schlimmen, plötzlichen Tod.«
    »Aber wie kommst du denn darauf?«
    »Am Montag war ein Polizist hier. Er sagt, dass es so ist. Wer in Ihre Nähe kommt, dem ergeht es schlecht, sagte er, oh, Hans Peter, ich habe solche Angst, stell dir vor, es stimmt, stell dir vor, dir würde etwas zustoßen.«
    Sie spürte seine Lippen in ihrem Nacken, aber seine Atemzüge gingen schneller, er war auf der Hut.
    »Warum hattest du Besuch von einem Polizisten?«
    »Der Mann, mit dem ich zusammen war, Nathan, ich habe ihn dir gegenüber erwähnt, verschwand spurlos im Dschungel. Wir haben ihn nie gefunden. Wir mussten ohne ihn aufbrechen … Es war … schrecklich. Und dann … Als wir nach Schweden zurückkehren sollten, brach ein Verrückter bei mir und einem Mädchen, das mit uns im Dschungel gewesen ist, ein, wir haben uns das Zimmer geteilt, sie und ich … Er hat sie erstochen … Sie war sofort tot, ja, du hast bestimmt in der Zeitung davon gelesen. Und jetzt … Jetzt ist eine meiner ehemaligen Klassenkameradinnen verschwunden, sie war hier und hat mich besucht, du erinnerst dich, am Samstag … Sie kam danach nie zu Hause an, die Polizei ist hier gewesen und hat nach ihr gesucht. Ich wurde so wütend, als er das sagte, dieser Polizist, aber jetzt … Jetzt bin ich mir nicht mehr sicher … Denn am Dienstag … habe ich meine Stiefmutter hierher geholt, sie ist alt und gelähmt, sie wohnt in einem Pflegeheim, und ich dachte, sie würde sich darüber freuen, einmal nach Hause zu kommen …«
    »Du brauchst es mir nicht zu erzählen, wenn du nicht willst.«
    »Plötzlich war sie einfach tot. Wir waren unten im Keller, der Vogel kam, ich sah ihn fliegen und plötzlich … war Flora einfach tot.«
    »Liebste, kleine Justine.«
    Sie drehte sich zu ihm, weinte an seinem blauen Pullover.
    »Geh, wenn du willst. Ich hätte Verständnis dafür.«
    »Das alles muss durch unglückliche Umstände geschehen sein. Das ist doch nicht deine Schuld, du Dummerchen.«
    »Warum hat er das dann gesagt, der Polizist?«
    »Ja das war dumm von ihm. Aber wir wissen doch, dass er nicht Recht hat, nicht wahr?«
    »Schon …«
    Er atmete wieder normal, griff nach der karierten Wolldecke und deckte sie beide damit zu.
    »Du musst heute Abend doch nicht arbeiten, oder?«
    »Nein, Justine, ich bin bei dir, ich bleibe hier.«
    Er strich ihr übers Haar, küsste ihren Hals und ihre Ohren.
    »Du hast doch nicht vor zu verschwinden …?«
    »Verzeih mir, Justine, verzeih mir, ich hätte noch einmal versuchen müssen, dich anzurufen. Aber Papa, er war vollkommen außer sich, ich bin doch immer ihre große Stütze gewesen.«
     
    Sie lagen eine Weile da, aneinander gepresst. Er hielt sie in den Armen, er war schwer und lebendig. Sie spürte, dass ihre Ruhe zurückkehrte wie Schlaf, der nicht einschläferte.
    »Hast du ein Taschentuch?«, flüsterte sie.
    Er suchte in seiner Tasche, fand ein zerknülltes Papiertaschentuch.
    »Es ist sauber«, flüsterte er. »Auch wenn es nicht so aussieht.«
    »Ich glaube dir«, sagte sie und putzte sich die Nase.
    Dann ließ sie ihre Hände zu seinen schlanken, festen Hüften hinabgleiten.
    »Hans Peter«, sagte sie, als wolle sie seinen Namen zu einem festen Bestandteil des Zimmers machen.
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