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Gletscherkalt - Alpen-Krimi

Gletscherkalt - Alpen-Krimi

Titel: Gletscherkalt - Alpen-Krimi
Autoren: Stefan König
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er wieder
in der Stadt war. »Alles andere ist Scheißdreck.«
    Wasle hatte gehofft, dass damit alles gesagt war. Doch Hosp hatte
lediglich die Zusammenfassung vorweggenommen. Er war stinksauer. Das Schlimme
war: Er schrie nicht, er tobte nicht, er sprach mit geradezu gedämpfter Stimme.
Wer ihn kannte, und Wasle kannte ihn gut, wusste, dass in Hosp sozusagen die
Lava brodelte – und dass der Vulkan, der in diesem sonst eher ruhigen und meist
ausgeglichenen Mann verborgen war, jederzeit ausbrechen konnte. Wehe dem … Man
konnte nicht mehr tun, als sich möglichst schnell in Sicherheit zu bringen.
    »Warum habt ihr Raffl nicht verkabelt?«, fragte Hosp mit einer
Stimme, der man die unterdrückte Wut nur zu deutlich anmerkte. »Ist das denn so
schwer? Ihr hättet alles mithören können. Und wenn man ihm auch nicht gleich
hätte helfen können, man hätte den Täter zumindest gehabt, sobald er das Haus
verließ. Geht überhaupt noch irgendwas ohne mich …?«
    Jetzt hob er die Stimme, wurde lauter, ließ seinem Ärger freien
Lauf.
    »Geht überhaupt noch irgendwas bei der Bundespolizei, wenn ich nicht
da bin? Schau mich an! Bringt ihr die einfachsten Sachen nicht mehr auf die
Reihe? Glaubt ihr, ich bleibe, bis ich siebzig bin oder bis sie mich im Sarg
aus dem Büro tragen?«
    Wasle erwähnte kein Wort davon, dass Raffl nie in die Wohnung hätte
reingehen sollen, sparte sich auch sonst jeden Einwand und brachte sich einfach
nur in Sicherheit.
    *
    Kurth fuhr durch Matrei, Steinach und Gries zum Brenner hinauf.
An der Tankstelle kurz vor dem früheren Grenzübergang hielt er an. Die der
Tankstelle angeschlossene Cafeteria war vom Rauch wie vernebelt. Er setzte sich
an den Tresen und bestellte einen Verlängerten, ein Wasser und eine
Schinken-Käse-Semmel. Er hatte weder nennenswerten Hunger, noch ging es ihm
darum, jetzt Kaffee zu trinken. Doch er wusste, dass der ehemalige
Grenzübergang der neuralgische Punkt seiner Flucht war.
    Hier, wo ein paar Müßiggänger und Schluckspechte saßen, würde er am
ehesten erfahren, ob die Grenze wegen einer Großfahndung besetzt und sein
Durchkommen mit dem Auto daher unmöglich wäre.
    Auf dem Tresen lag eine zerfledderte »Kronenzeitung«. Die nahm er
und blätterte sie so lange durch, bis er das Richtige fand: »Rentner von
Trickbetrügern ausgenommen«. Er schüttelte über diese Schlagzeile so lange den
Kopf, bis der Tankwart auf ihn aufmerksam wurde.
    »Ja«, sagte der Mann, »heutzutage ist man nirgends und vor niemandem
mehr sicher. Die armen alten Leute. Solche Gauner gehören eingesperrt, und zwar
ein Jahr bei Wasser und Brot.«
    »Um was geht’s?«, meldete sich einer zu Wort.
    »Die Gangster, die, wo alte Leut ausnehmen. Hast du es nicht
gelesen?« Er tippte auf die Zeitung, die aufgeschlagen vor Kurth lag. »In der
›Krone‹ war’s drin.«
    Der Mann nippte von seinem fast schaumlosen Hellen, schüttelte den
Kopf und sagte: »Die kommen alle von Italien und Jugoslawien zu uns rein. Seit
es keine Grenzen mehr gibt, kann das ganze Gesindel einfach so zu uns rein.
Fragt ja keiner mehr nach dem Ausweis. Die können kommen, die Leut ausrauben
und dann wieder verschwinden.«
    Kurth versuchte, nicht allzu sehr als Ausländer aufzufallen. Und er
bemühte sich um korrekte Aussprache. Da aber die Leute um ihn herum des
Hochdeutschen auch nur sehr bedingt mächtig zu sein schienen, waren seine
Selbstzweifel unbegründet.
    »Aber wenn … ich meine … wenn was Schlimmes passiert … dann werden
die Grenzen doch geschlossen«, sagte er.
    »Ha«, machte der Tankwart. »Das war in den letzten drei Jahren
vielleicht zweimal der Fall. Da muss es dann schon um zehn Kilo Heroin gehen.
Oder um einen Serienmörder. Oder wenn die Deutschen wieder mal ihre
Terroristen-Hysterie haben …«
    »Schlimm«, sagte Kurth, faltete die Zeitung zusammen, trank den
Verlängerten und zahlte. Das Glas Wasser ließ er stehen, die Semmel aber nahm
er mit.
    Unbehelligt passierte er die leeren Grenzhäuschen, erst das
österreichische, dann das italienische. Er war optimistisch, einfach
davonkommen zu können.
    *
    Marielle und Pablo besuchten noch am selben Tag Schwarzenbacher.
Sie hatten erwartet, ihn deprimiert anzutreffen, so niedergeschlagen und mit
seinem Schicksal hadernd wie noch vor einigen Wochen.
    Ellen hatte ihnen geöffnet, sie hatte gut aufgelegt gewirkt und sie
gleich zu Schwarzenbacher ins Wohnzimmer geführt. Und auch er war freundlich
und munter und gar nicht schlecht drauf.
    »Die Sache
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