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Gestrandet: Ein Sylt-Krimi (German Edition)

Gestrandet: Ein Sylt-Krimi (German Edition)

Titel: Gestrandet: Ein Sylt-Krimi (German Edition)
Autoren: Gisa Pauly
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der Kasse in eine Schlange von zwanzig Leuten stellen. Und als ich endlich an der Reihe war, hatte die Kassiererin nicht einmal Zeit, mit mir zu plaudern. Ich hatte ihr gerade erzählt, dass ich mich mit einer neuen Bekannten im Café Lindow getroffen hatte, da schrie schon so ein Tourist in unanständig kurzen Hosen, er wolle auch mal drankommen. Terribile! Dabei hat die Kassiererin sich so gefreut, mich wiederzusehen.«
    Carolin legte ihrer Nonna tröstend eine Hand auf den Unterarm. »Vielleicht ist der Todesfall gar kein Mord, sondern ein Selbstmord. Oder ein tragischer Unglücksfall! Dann wird Papa bald wieder hier sein.«
    Aber Mamma Carlotta überwand ihre Misslaunigkeit erst, als Carolin auf die Kurzgeschichte zu sprechen kam, die sie ihrer Großmutter als Lektüre auf den Nachttisch gelegt hatte. »Gefiel sie dir?«
    Prompt wurde aus dem seelischen Tief schweres Schuldbewusstsein. Wie unverzeihlich, einer angehenden Schriftstellerin zu gestehen, dass der übermäßige Konsum von alkoholischen Getränken verhindert hatte, sich mit ihrem Erstlingswerk zu befassen! Mamma Carlotta errötete vor Scham, weil sie nun auch noch erklären musste, wie es dazu gekommen war, und bat die Kinder, ihrem Vater die Ausschweifungen seiner Schwiegermutter zu verheimlichen. »Selbstverständlich dürft ihr nicht lügen. Aber vielleicht … vielleicht fragt er euch ja nicht.«
    Immerhin zahlte sich ihr Geständnis aus. Carolin war unter diesen Umständen bereit, ihrer Großmutter zu vergeben, und versicherte mehrmals, dass ihrem Selbstbewusstsein kein Schaden zugefügt worden sei, vorausgesetzt, die Nonna nutze die nächste Gelegenheit, sich von den literarischen Qualitäten ihrer Enkeltochter zu überzeugen. Mamma Carlotta versprach es hoch und heilig und sah zum Ausgleich darüber hinweg, dass die Kinder sich auf äußerst respektlose Weise über ihren Besuch im Nachbargarten amüsierten.
    Nach dem Essen holte Carolin eine Zeitschrift und legte sie aufgeschlagen auf Mamma Carlottas Platz. »Ein Bericht über Gero Fürst und über das Buch, das er gerade schreibt. Hier auf Sylt! Es soll ›Mutter des Raben‹ heißen.«
    Sie stützte den Kopf auf und sah schwärmerisch die gegenüberliegende Wand an, während ihr Bruder die Augen verdrehte und lautstark verkündete, dass ein Mensch, der sich freiwillig an den Schreibtisch setzte, um etwas zu tun, was der Erledigung von Hausaufgaben sehr ähnlich war, eine Meise haben musste.
    »Wenn ich die Schule hinter mir habe, werde ich nie mehr einen Stift in die Hand nehmen«, behauptete er. »Als Profifußballer brauche ich das ja zum Glück nicht. Höchstens, um einen Vertrag zu unterschreiben.«
    Doch Carolin und die Großmutter waren ins Leben der Schönen und Reichen eingetaucht und hatten keinen Blick mehr für einen Vierzehnjährigen, der sich zu den Schönen zählte, wenn sein Käppi besonders speckig war und die Schrittnaht seiner Hose so tief wie möglich hing.
    »Am nächsten Sonntag spielt meine Mannschaft! Wir können aufsteigen, wenn es gut läuft. Ihr müsst natürlich zuschauen. Ich brauche meine Fans, vielleicht schaffe ich dann den entscheidenden Treffer. Das wäre turbogeil!«
    Seine Großmutter murmelte etwas, was sich wie Bestätigung anhörte, und Felix drückte sich aus der Küche in der angenehmen Gewissheit, dass er längst auf dem Fußballplatz sein würde, ehe jemand nach der Erledigung seiner Hausaufgaben fragen konnte.
    Mamma Carlotta und Carolin beratschlagten indessen, ob ein Mann wie Gero Fürst bereit sein könnte, einer sechzehnjährigen Sylterin die Tür zu öffnen, die seine Romane signiert haben wollte.
    »Ich weiß, wo er wohnt«, sagte Carolin, »aber ich traue mich nicht, bei ihm anzuklopfen. Was ist, wenn ich ihn störe?«
    Carlotta hatte noch immer das Gefühl, eine Menge wiedergutmachen zu müssen. »Wir versuchen es einfach«, beschloss sie. »Wir gehen zu ihm und fragen ihn. Das kriegen wir schon hin.«
    Carolin sah sie an, als glaubte sie ihr jedes Wort. Das gab Mamma Carlotta die Kraft, selbst daran zu glauben, dass ein Bestsellerautor, der nach Sylt gekommen war, um ungestört an seinem Manuskript arbeiten zu können, sich gern von einer italienischen Mamma stören ließ.
    Als Carolin aufstand, um Espresso zu kochen, blätterte Mamma Carlotta weiter. Ohne großes Interesse las sie, dass ein erfolgreicher Fußballspieler sich von seiner Frau scheiden ließ, um die Freundin seines Trainers zu heiraten, und der bekannte Schauspieler Severin
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