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Geliebte Gefangene

Geliebte Gefangene

Titel: Geliebte Gefangene
Autoren: NICOLA CORNICK
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ihm und George gerne Angst eingejagt hatte. „Ich spürte, wie er mir prüfend sein Messer an die Kehle hielt. Aber ich schaffte es in letzter Sekunde, schnell in den Wald zu rennen, wohin er mir nicht folgen kann.“
    Selbst der Rothaarige fing jetzt an, sich langsam in Richtung Tür zurückzuziehen. „Er ist ans Haus gebunden, sagst du?“
    Harry nickte ernst. „Er kann es nicht verlassen, für alle Ewigkeit nicht, bis …“
    „Da ist er!“, brüllte der Rothaarige und schoss zur Tür. „Haut ab, Kameraden, haut ab!“
    Die anderen stürzten hinter ihm her, während Harry einen Blick zurück zur Treppe warf. Dort oben auf der letzten Stufe stand der alte Nolly höchstpersönlich. Ein langer, schwarzer Umhang blähte sich um seine kopflosen Schultern und fiel bis auf die Spitzen seiner schwarzen Stiefel. Und als Harry ihn so betrachtete, hob er den leeren Helm und ließ ihn scheppernd und klirrend die Stufen hinunterkollern. Es war ein Höllenlärm, den die drei flüchtenden Deserteure in den kommenden Wochen wahrscheinlich immer wieder in ihren Albträumen hören würden.
    „Du kannst dir jetzt deinen Kopf zurückholen, Nolly“, rief Harry, der weiter die offene Tür im Auge behielt, um sicherzugehen, dass die Männer nicht zurückkehrten. „Ich glaube nicht, dass dein Publikum wiederkommt.“
    „Hat es gewirkt?“ Nollys Umhang teilte sich vorne, und mit fröhlichem Grinsen lugte Sophie darunter hervor. Sie ließ den Umhang auf die Schultern gleiten und sprang die Stufen hinunter. Um nicht zu stolpern, raffte sie dabei ihr Hemd über Harrys Reitstiefeln in die Höhe. „Haben Sie an Nolly geglaubt?“
    „Sogar mehr als du selbst, mein Schatz“, sagte er, und seine Hand suchte sie unter dem langen schwarzen Umhang. „Ich verdanke dir mein Leben, das weißt du. Du und Nolly, ihr beide habt das getan, wozu ich nicht fähig war.“
    „Ich hatte keine Lust, dich auf solche Art zu verlieren, Harry“, erklärte sie und stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihn zu küssen. „Nolly war auch nicht damit einverstanden. Und außerdem hast du durchaus auch deinen Teil dazu beigetragen, mit all dem Unsinn, den du über ihn erzählt hast: Er würde seinen Kopf suchen und er wäre in diesem Haus eingesperrt!“
    „Das ist kein Unsinn“, protestierte Harry. „Das ist die reine Wahrheit.“
    Skeptisch wie immer, kniff sie die Augen zusammen und sah ihn an. „Oh ja, die reine Wahrheit. Schau, die Dämmerung ist bereits angebrochen.“
    Durch die offene Tür konnte man sehen, dass der herrliche Mond zu einer bleichen Scheibe unten am heller werdenden Horizont verblasst war.
    „Es ist vorbei“, sagte Sophie wehmütig und ließ den Kopf an seine Schulter sinken. „Kein Mond und auch kein absonderlicher Unfug mehr. Stattdessen muss ich an Winchester denken.“
    „Nein, das wirst du nicht.“ Harry beugte das Knie vor ihr und blickte sie mit, wie er hoffte, all der Liebe an, die er in seinem Herzen fühlte. „Miss Potts, würden Sie mir die Ehre geben, meine Frau und Gattin zu werden und nie mehr in meiner Gegenwart Winchester erwähnen?“
    Zuerst war sie viel zu erschrocken, um ihm zu antworten. Sie starrte ihn nur an. Das früher einmal so ordentlich frisierte Haar fiel ihr jetzt als wilde Mähne über den Rücken. Sein Umhang war ihr über die eine nackte Schulter gerutscht, um die andere hatte sich ihr Hemd gewickelt, und sie trug immer noch seine Reitstiefel, die ihr bis über die Knie reichten. Und doch hatte Harry noch nie eine herrlichere Frau gesehen, noch nie eine gekannt, die er mehr hätte lieben können.
    „Du würdest mich heiraten, Harry?“, flüsterte sie und sah ihm ungläubig forschend ins Gesicht. „Ich weiß, dass du mich liebst, ja, aber würdest du mich auch wirklich heiraten?“
    „Ich wünsche nichts anderes, Sophie“, sagte er. „Darf ich die ses J a jetzt als Einwilligung verstehen? Dann kann ich mich nämlich endlich von meinen dummen Knien erheben.“
    „Ja“, sagte sie und half ihm lachend beim Aufstehen. „Das heißt, ja, du darfst aufstehen und ja, ich will.“
    „Gut so“, meinte er und nahm sie in die Arme, wie er es von nun an für den Rest seines Lebens tun wollte. „Und ich verspreche dir, meine geliebte Sophie, dass alles, was nun noch kommt, besser sein wird. Denn wie der arme Nolly habe ich deinetwegen wieder einmal völlig den Kopf verloren.“
    „Oh, verflixt und zugenäht, Harry“ , sagte sie, als sie ihn küss te. „ Verflixt und zugenäht. “
    – ENDE
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