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Froschkuss (German Edition)

Froschkuss (German Edition)

Titel: Froschkuss (German Edition)
Autoren: Jo Berlin
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den beiden Platz genommen. Das Büro war riesengroß und hatte bestimmt 3,5 Meter hohe Decken, die am Rand mit Stuck verziert waren. An der einen Seite standen zwei Schreibtische mit Mac-Bildschirmen und in einer Ecke lud ein altes Ledersofa zum gemütlichen Sitzen und Abchillen ein. Daneben verbreitete eine alte Stehlampe mit transparentem Schirm eine gemütliche Wohnzimmeratmosphäre. Luisa schlief in ihrem blauen Kinderwagen, den Betty schräg gegenüber dem Sofa abgestellt hatte.
    „Schön, dass ihr alle gekommen seid“, begrüßte uns Leon, faltete seine Hände und beugte sich etwas nach vorn. Er blickte zu Betty und Nele: „Wenn ihr nichts dagegen habt, erzähle ich Sonia erst einmal, was wir schon erarbeitet haben.“ Die beiden nickten zustimmend und ich lehnte mich gespannt in meinem Stuhl zurück. Leon, der eine graue Stoffhose und ein schwarzes Hemd trug, stand auf und heftete den ersten Layout-Entwurf an das Clip Chart, das hinter ihm stand. „D.I.Y. Mag“, sagte Leon und deutete auf den Titel, auf dem eine schwarzhaarige junge Frau mit einer knallroten Häkelmütze zu sehen war. „So soll unser Magazin heißen.“
    „Was bedeutet das denn?“, fragte ich vollkommen überrascht. Ich hatte alles Mögliche erwartet, ein Wohnmagazin zum Beispiel oder eine Zeitschrift für Jugendliche, aber so etwas?
    Leon lächelte milde. Er erklärte mir, dass „D.I.Y.“ soviel bedeute wie „Mach es selbst“ und „Mag“ sei einfach die Abkürzung für „Magazin“. Ich runzelte die Stirn: „Da muss man aber erst einmal drauf kommen.“
    „Das ist auch nur ein Arbeitstitel“, erwiderte er und blickte mich aufmunternd an: „Wenn du eine bessere Idee hast? Wir sind für alles offen.“
    Leon setzte sich wieder und schaute in die Runde: „Selbermachen ist der absolute Trend der vergangenen Jahre“, stellte er fest. „Überall wird gehäkelt, gebacken, gekocht, gebastelt und herumgewerkelt.“
    „Das stimmt!“, pflichtete ich ihm bei, denn das war mir auch schon aufgefallen. In Kiel gab es sogar ein Nähcafé, in dem verschiedene Kurse angeboten wurden. Dort trafen sich nicht, wie man eigentlich vermuten konnte, ältere Damen, sondern vor allem Studentinnen und junge Mütter. „In unserer Zeit, in der sich alles immer schneller verändert, sehnen sich die Menschen nach etwas Dauerhaften“, fuhr Leon fort. „Viele haben während ihrer Arbeit nicht das Gefühl, etwas wirklich Wichtiges zu erreichen. Wer aber etwas selber macht, also einen Kuchen backt, ein Kissen näht oder einen Nistplatz für Gartenvögel zimmert, hat etwas Nachhaltiges geschaffen.“ Betty, deren hellbraunes Haar im Sonnenlicht, das durch die hohen Fenster zu uns hineinschien, fast golden schimmerte, meldete sich zu Wort. „Ich finde es einfach wunderbar, wenn auf meiner Fensterbank meine selbstgepflanzten Kräuter blühen. Das ist etwas ganz anderes als die schlappe Petersilie aus dem Supermarkt.“
    „Ja genau!“, pflichtete ihr Nele bei, die ihre rot gefärbten Haare offensichtlich wachsen ließ. „Ich habe gestern aus einem alten Stoff, den ich noch liegen hatte, drei Kissen für mein Sofa genäht. Die sehen einfach super aus.“ Sie lächelte mich an: „Kannst du auch nähen?“
    Ich fühlte mich etwas überrumpelt. „Nein, eh, eigentlich nicht“, stotterte ich, aber dann fiel mir ein, dass ich in meiner Schulzeit viel Spaß daran hatte, mein Zimmer immer wieder neu zu streichen oder alte Möbel, die ich auf dem Sperrmüll gefunden hatte, aufzuarbeiten. „Ich glaube, ich eigne mich mehr für das Handwerken.“
    „Das hört sich doch alles super an“, mischte sich Leon ein. „Wir müssen auch nicht alles selbst können, was wir in unserem Magazin vorstellen. Bestimmt finden wir genügend Leute, die sich freuen, ihre Werke zu präsentieren.“ Plötzlich war das Eis gebrochen und wir alle redeten durcheinander. Leon holte sich einen Schreibblock und wir diskutierten, welche Ideen, Anleitungen und Tipps unsere Leser interessieren könnten. Schnell waren wir uns einig, das Magazin in Rubriken wie Kochen, Basteln, Dekorieren, Nähen und Stricken aufzuteilen. Betty schlug vor, ein klares, modernes Layout zu gestalten. „Wir wollen schließlich nicht mit irgend einem altbackenen Handarbeitsheft verwechselt werden“, sagte sie kichernd. Leon nickte: „Wir wollen auch in erster Linie eine jüngere Zielgruppe ansprechen, denn dann wird es auch leichter sein, Anzeigenkunden zu finden.“ Es dämmerte draußen, und Nele zündete
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