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Frisch gepresst: Roman (German Edition)

Frisch gepresst: Roman (German Edition)

Titel: Frisch gepresst: Roman (German Edition)
Autoren: Susanne Fröhlich
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»Das hier ist ein Krankenhaus, meine Damen«, teilt sie uns mit und macht ein Gesicht, als hätte sie die Neuigkeit schlechthin verbreitet. »Die Besuchszeit ist jetzt wirklich rum. Wir sind großzügig, aber irgendwann ist es mal gut.« Die Tratschner und ich ziehen gleich brav die Köpfe ein. Heike probiert die verständnisvolle Tour. Extra aus München, um die langjährige Freundin und so. Wer sagt es denn. »Da will ich mal nicht so sein«, erbarmt sich Schwester Christel, »aber wenn die Damen bei ihrem heiteren Abend vielleicht Rücksicht auf die anderen hier auf Station nehmen könnten.« Wir bejahen wie übereifrige Unterprimanerinnen. Die Tabletts mit dem Abendessen nehmen wir stumm in Empfang. Wie gut, daß wir da noch mal die Kurve bekommen haben. So ein gemeinsamer Sieg ist der Laune überaus zuträglich. Wir schlagen uns auf die Schultern und beglückwünschen Heike zu ihrem schlauen Einfall. Woran man sieht, daß wir schon ganz ordentlich getankt hatten, denn so raffiniert war Heikes Vorstoß nun auch nicht.
    Die Tratschner zaubert aus ihrem Nachtschränkchen 2 Flaschen Bier. »Habe ich mir besorgt, falls ich mal nicht schlafen kann. Hier, Mädels, langt zu.« Bis Stefan mit den Hamburgern, vielmehr Big Macs, einläuft, vergehen 2 Stunden. Er war nicht etwa zu blöd, den McDonald’s zu finden, sondern hatte Schwierigkeiten, wieder ins Krankenhaus reinzukommen. Mußte sich durch die Notaufnahme reinschleichen. Der Haupteingang war zu. Genau wie die Station. Abgesperrt. Damit wir abends nicht heimlich auf die Juchhe gehen? Wilde Dates mit Patienten auf anderen Stationen haben? Keinen Schimmer. Die Big Macs sind leider schon ziemlich erkaltet. Was ihren Geschmack nicht direkt verbessert. Stefan hat für Claudia eine Junior-Tüte mitgebracht. Niedlicher Einfall. Den Inhalt verputzt Frau Tratschner, Barbara, meine ich. Es waren Chicken McNuggets. Die mag ich sowieso nicht. Bei der Junior-Tüte darf man nämlich wählen. Um den Hamburger hätte ich zur Not gekämpft. Nach dem Essen sind wir ermattet. Alkohol nach monatelanger Abstinenz haut voll rein. Heike und Stefan machen sich auf die Socken. Sie übernachtet bei meinem Bruder. Der wohnt in einer WG mit putzigen BWL lern. Heike und er kennen sich seit Jahren. Und mögen sich. Natürlich könnte sie auch bei Christoph übernachten, aber Stefans Bude ist ihr lieber. Weil ihr auch Stefan lieber ist als mein Christoph. Zum einmaligen Übernachten liegt sie damit sicher richtig. Dauerhaft gesehen, weiß ich nicht, ob mein kleiner Bruder meinem Christoph vorzuziehen wäre. Was den Grad der Verwöhntheit angeht, schenken die zwei sich nichts. Mein Bruder ist rein optisch schnuckeliger, Christoph zielstrebiger und ernstzunehmender. Was für eine dauerhaft angelegte Beziehung ja durchaus von Bedeutung sein kann.
    Unser Zimmer ist vermieft. Als Stefan und Heike weg sind, schlaffen die Tratschner Barbara und ich komplett ab. War wohl doch ein bißchen viel für uns junge Mütter. Wir sparen uns die abendliche Routinehygiene und kriechen in die Betten. Die Bezüge sehen nach unserem hübschen Gelage grausig aus. Verziert mit der typischen Big-Mac-Soße. »Was soll’s«, ist Barbaras Schlußwort zu unserer kleinen Feier, und wo sie recht hat, hat sie recht. Bei mir langt’s noch zu einem gelallten »Gute Nacht«, und an mehr kann ich mich nicht erinnern.
    Mitten in der Nacht wache ich schweißgebadet auf. Ich habe geträumt, eine lebende Klette zu sein. Eine, an der überall von Kopf bis Fuß schreiende Säuglinge hängen. Hätte ich einen Therapeuten, würde ich ihn jetzt aus dem Schlaf klingeln. Ich habe aber keinen. Trotzdem: Der Gedanke, die Augen wieder zu schließen, um dann diesen Horrortraum weiterzuträumen, ist wenig verlockend. Still und leise schleiche ich mich aus dem Zimmer. Der Alkohol treibt. Daß ich mitten in der Nacht aufs Klo muß, kenne ich noch zur Genüge aus der Schwangerschaft. Was ich da gerannt bin. Nur weil Claudia anscheinend keine bessere Beschäftigung hatte, als ihrer Mutter massiv auf die Blase zu drücken. So, daß ich ständig das Gefühl hatte, zu müssen. Diesmal ist es mehr als ein Gefühl.
    Wieder stoße ich im Toilettenvorraum auf Frau Farfalle. Heute wirkt sie schon viel blasser. »Wie geht es Ihnen«, begrüße ich sie fast freudig. »Kaputt bin ich. Scheißkaputt. Den ganzen Tag die Sippe von meinem Mann. Das hält man schon im Normalzustand kaum aus. Aber jetzt … «, gebeutelt schüttelt sie ihren Kopf. Ich entschuldige
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