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Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese

Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese

Titel: Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese
Autoren: Sally Koslow
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Shelbourne dankte der Pflegerin und führte Horton und mich zum Aufzug hinaus. Ich wartete auf Hortons Geplapper, doch es war Mrs Shelbourne, die das Wort ergriff. »Erzählen Sie mir Ihre Geschichte. Ich kann Ihrem Gesichtansehen, dass Sie eine haben.« Sie blickte mich an, als wäre sie Herrscherin über alle Frauen.
    Unwillkürlich begann ich zu sprechen. »Es ist meine Mutter«, sagte ich. »Die Eigentümerin   – Frau Dr.   Walter, richtig?   – ist ein gutes Stück älter als meine Mutter, aber sie hat genauso ausgesehen.« Ich dachte an unseren letzten Besuch bei ihr vor zwei Jahren. Meine Mutter war erst sechsundsechzig Jahre alt gewesen, aber sie hatte schon fast ein Jahrzehnt lang an Demenz gelitten. »Wenn ich jemanden wie sie sehe   …« Meine Stimme verlor sich. »Mom war Geschichtslehrerin gewesen   – klug und humorvoll, eine großartige Tänzerin, eine Schwimmmeisterin   – und zum Schluss war sie   …« Ich suchte nach Worten. »Wie ein Stuhl.« Ich erschrak über mich selbst. »Das klingt so falsch. Mir sollte eigentlich etwas Besseres einfallen   – ich bin Autorin.«
    »Es tut mir aufrichtig leid«, erwiderte Mrs Shelbourne und ergriff meine Hand, so wie sie Eloise Walters Hand ergriffen hatte. »Das ist eine der schlimmsten Arten zu gehen. Haben Sie und Ihr Vater sich gegenseitig helfen können, es durchzustehen?«
    »Mein Vater ist gestorben, als ich noch ein Kind war«, erwiderte ich, und mir war bewusst, wie erbärmlich es war, dass ich hier die Waisenkarte ausspielte.
    Sie hielt noch immer meine Hand. »Wenn Sie Eloise nur vor Jahren hätten sehen können, als sie an jedem ersten Sonntag im Monat Hof hielt und Hauskonzerte gab. Die glanzvollsten Geister versammelten sich hier, Leute von messerscharfem Verstand.«
Das erklärt immerhin, warum sie offenbar zu beschäftigt war, die Wohnung mal streichen zu lassen,
dachte ein fieser kleiner Teil in mir. »Jetzt ist sie allein, in jeder Hinsicht.«
    »Hat sie denn keine Familie?«, fragte ich. Horton hielt sich aus dem Gespräch heraus, fiel mir auf.
    »Ihr engster Vertrauter ist ihr Banker. Er ist auch ihr rechtlicherVormund und hat die Wohnung auf den Markt gebracht. Sobald sie verkauft ist, kommt Eloise in ein Pflegeheim.«
    Wir folgten Mrs Shelbourne in die Eingangshalle, wo sie dem Pförtner den Schlüssel zurückgab. Einen Moment lang standen wir noch verlegen draußen vor dem Eingang. Es hatte zu nieseln begonnen, und wir drängten uns unter Mrs Shelbournes großen Regenschirm.
    »Was halten Sie denn davon?«, fragte Horton. Ich spürte, wie sehr er sich bemüht hatte, sich zurückzuhalten.
    »Die Wohnung ist sehr   … ungewöhnlich.«
    Mrs Shelbourne korrigierte mich sofort. »Nein, sie ist
außer gewöhnlich
. Der Preis sollte, ehrlich gesagt, um dreißig Prozent höher liegen, aber Eloises Banker will einen raschen Verkauf ohne große Umstände. Doch ich kann diese Wohnung nicht aggressiv auf dem Markt anbieten, wie Sie gesehen haben«, fügte Mrs Shelbourne hinzu. »Durch diese Zimmer ziehende Besichtigungshorden   – so könnte ich niemals auf Eloises Würde herumtrampeln.«
    Sie blickte mich eindringlich an. Ich verstand sofort und stotterte: »Ich   – ich
liebe
diese Wohnung. Aber mein Mann muss sie auch erst noch sehen.«
    »Wann?«, fragte Horton.
    »Am Samstag?« Heute war Donnerstag. Die beiden Makler verständigten sich mit einem Blick, den ich nicht entziffern konnte.
    »Ich zeige die Wohnung morgen um fünf noch jemandem, und danach fahre ich aufs Land hinaus und bin vor Montag nicht zurück«, sagte Mrs Shelbourne. »Dann wird sie gelistet und geht offiziell auf den Wohnungsmarkt. Ich nehme an, dass sie am Montagabend verkauft ist.«
    »Könnten Sie nicht ohne Jake ein Angebot abgeben?«, fragte Horton mich.
    Für die größte Anschaffung, die wir als Ehepaar jemals
machen werden?
»Ich sehe mal, was ich tun kann«, erwiderte ich.
    ***
    Als ich nach Hause ging, rief Jake mich zurück. »Ist etwas passiert?« Noch über die siebenhundert Meilen Entfernung konnte ich seine Sorge spüren.
    »Nein, alles bestens!«, rief ich und fürchtete, dass ich gleich zu kreischen anfangen würde. »Ich habe sie gefunden. Es ist
die
Wohnung.« In allen Einzelheiten beschrieb ich sie ihm   – die Aussicht, die Größe, der Preis, die hohen Decken, die Aussicht, der Kamin, der Stuck, der Preis, die Aussicht. Und ein ums andere Mal wiederholte ich den Namen des Apartmentgebäudes.
    »Hat Jules’ neuer Freund nicht
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