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Flucht ins All - Band 1 (Terra 5500 - Rebellen der Galaxis) (German Edition)

Flucht ins All - Band 1 (Terra 5500 - Rebellen der Galaxis) (German Edition)

Titel: Flucht ins All - Band 1 (Terra 5500 - Rebellen der Galaxis) (German Edition)
Autoren: Jo Zybell
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Buchhandel noch einigermaßen. Zurück auf der Couch schlug er den Kunstledereinband auf. Ein gelblicher, zerlesener Buchblock lag zwischen den Prachtdeckeln. Der Originalbuchblock lag hinter Yaku zwischen Couch und Wand bei den Büchern, die er vor seinem Siebzigsten noch neu binden wollte. Das würde wohl nichts mehr werden.
    Es staubte, als er das schäbige Buch aufschlug. Deckblätter und die ersten drei Seiten fehlten; genauso die letzten elf; und auch im laufenden Text klafften immer wieder seitenlange Lücken. Tellims Urgroßvater hatte es zuletzt abgeschrieben und gebunden. Bis jetzt hatte noch keiner seiner Vorfahren gewagt, den Text in Quantenform zu speichern. Eine Form von Datenschutz, wenn man so wollte – die Regierung schätzte metaphysische Schriften nicht besonders. Die jüngste Abschrift war erst zu zwei Dritteln fertig. Sie steckte zwischen dem Einband eines alten Kochbuchs. Auch das würde er wohl nicht mehr schaffen.
    Er begann auf einer zufällig aufgeschlagenen Seite zu lesen. Ich will mein gnädiges Wort an euch erfüllen, stand da, ich weiß wohl, was für Gedanken ich über euch habe, stand da. Yaku begriff nicht genau, aber die Worte rührten eine Saite in ihm an, deren Schwingung ihm gut tat. Er las und trank. Gedanken des Friedens und nicht des Leides, stand da, dass ich euch gebe Zukunft und Hoffnung, stand da. Uralte Worte, älter als die Republik angeblich. Er las und trank und las und trank.
    Irgendwann, viele Stunden später, war die Teekanne leer. Yaku stand auf, wankte zum Bücherregal und stellte den Wörterbuchband mit der uralten Abschrift zurück. Ein letzter Blick noch auf die Familienporträts, auf seine Frau und seinen Ältesten. „Kann sein, wir sehen uns doch noch nicht so schnell.“ Er sprach bereits mit schwerer Zunge. „Mein Knochen mögen siebzig Jahre alt sein, aber da drin bin ich noch jung.“ Er schlug sich erst mit der Faust auf die Brust und tippte sich dann mit dem Finger an die Stirn.
    Auf dem Weg zum Schlafzimmer blieb er an der Fensterfront stehen. Ein kreisrunder Sichtfleck entstand im Wüstensand. Er sah hindurch. Auf der anderen Seite der Wohnturmschlucht stand noch immer der helle Gleiter auf der Terrasse. Und noch immer saßen zwei Personen in ihm. Ein Fahrzeug der Exekutivabteilung? „Nur nicht paranoid werden, Yaku.“ Er ging ins Schlafzimmer. „Sie brauchen dich noch..., du bist leistungsfähiger als andere in deinem Alter..., du bist gesund, bis auf das Scheißauge bist du gesund...“
    Vom Bett aus deaktivierte er sein IKH und die VQ-Leiste. Der Rabe hockte auf seiner Stange und beäugte ihn. Yaku verkroch sich unter seine Decken und schlief sofort ein.
    Nach vier Stunden wachte er auf. „Licht“, sagte er. „Ganz viel Licht...“ An der Decke breitete sich strahlend blauer Himmel aus, an den Wänden glitzerte Sonnenlicht in einem See. Moses hockte auf dem vergoldetem Bettrand am Fußende. Chrjaku, krächzte er, chrjaku, chrjaku...
    Kaum hatte Yaku seine Geräte in den Stand-by-Modus gebracht, kündigte ein Individualsignal einen Anruf Mirjams an. Er aktivierte das Viquafeld, das Gesicht seiner Tochter und ihrer beiden Kinder erschien. „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!“, riefen sie im Chor. Danach gab es ein Ständchen. Yaku war gerührt, zeigte es auch. Mirjam schickte die Kinder in ein anderes Zimmer. „Warum hast du heute Nacht deine Kommunikationsanlage ausgeschaltet?“
    „Wollte meine Ruhe.“
    „Wir kommen heute Abend, alle.“
    „Muss das sein?“
    „Du brauchst nichts kochen, Getränke bringen wir auch mit.“
    „Ich denke, ich sollte allein sein.“
    „Rede keinen Unsinn, Pa!“
    „Ich hab Angst...“
    „Hör auf! Sie brauchen dich noch! Du bist ein verdienter Bürger der Republik. Du pflegst gute Beziehungen zum Direktorium. Du wirst noch hundert Jahre alt!“ Ihr Lächeln wirkte gezwungen.
    „Ich hab Angst.“
    „Hast du getrunken?“
    „Keinen Tropfen. Ich hab so gottverdammte Angst...“
    „Schluss damit!“ Ihre Mutter hatte genauso streng sein können. „Geh spazieren, mach dir einen schönen Tag!“ Sie bemühte sich wieder um ein Lächeln. „In spätestens acht Stunden sind wir bei dir.“
    Nach dem Gespräch sah er hinüber zur Terrasse mit den Parkbuchten. Der weiße Gleiter stand noch an gleicher Stelle. Nur eine Person schien noch in ihm zu sitzen. Das Emblem unter der Frontkuppel war jetzt deutlich zu erkennen: Eine stilisierte Spirale aus Goldsternen auf Blaugrund. Die Flagge der Republik.
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