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Filou: Ein Kater sucht das Glück - Roman (German Edition)

Filou: Ein Kater sucht das Glück - Roman (German Edition)

Titel: Filou: Ein Kater sucht das Glück - Roman (German Edition)
Autoren: Sophie Winter
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den großen Kasten mit dem feinen Sand, der ganz so aussah, als ob die Menschen an die Bedürfnisse von Katzen gedacht hätten, was nun wirklich erstaunlich war. Vielleicht war sein bitteres Urteil voreilig? Man könnte ja mal wieder, dachte er und sprang aus dem Liguster.
    Doch heute war der Garten nicht leer. Kinder liefen über den zertrampelten Rasen, lärmten, schrien, tobten. Kinder waren eine ganz besonders rätselhafte Sorte Mensch. Sie hatten das unerklärliche Bedürfnis, Tiere am Schwanz zu ziehen. Er gehörte nicht zu den Katzen, die sich so etwas gefallen ließen.
    Getarnt hinter dem üppig blau blühenden und intensiv duftenden Rosmarinbusch schlich er sich näher heran. Kinder auf der Schaukel und auf der Rutsche. Kinder im Gras und in einem bunten Planschbecken. Und – Kinder in jenem Kasten mit feinem Sand, den er in guter Erinnerung hatte und in dem sie zu wühlen schienen.
    Für einen Moment vergaß er seine Deckung. Verwirrt spazierte er auf die Kinder zu. Was machten sie in seinem Kasten?
    Ein lauter Schrei ließ ihn erstarren. Eine Frau war aus dem Haus getreten, hatte die Arme in die Seite gestemmt und blickte wütend zu ihm herüber. »Du scheißt mir nicht wieder in den Sandkasten, du Miststück!«
    Stimme und Gestik waren nicht misszuverstehen: Hier lebten keine Katzenfreunde. Aber wozu dann das Katzenklo? Man verstehe die Menschen. Er bauschte seine Rute, kehrte Frau und Kindern den Rücken zu und stolzierte davon.

ZEHN
    U nter dem aufgehenden Mond schlich er zurück. Bei Luc brauchte er gar nicht erst aufzutauchen, denn er hatte nichts mitzubringen, ihn erwartete also nichts als Gezänk und Genörgel und ein paar hinter die Ohren. Außerdem war ihm der Garten wieder eingefallen, in dem er kürzlich den Tisch mit all seinen Köstlichkeiten entdeckt und ein Brot entwendet hatte, bevor er auf dem Friedhof verfrüht in ein Grab gefallen war.
    Im Garten, wo tags die Kinder getobt hatten, war es jetzt still und ruhig. Er machte es sich zur Pflicht, gewissenhaft in den Sandkasten zu pinkeln, und schlüpfte dann durch die duftende Hecke aus Steinlorbeer in den Nachbargarten.
    Ihm war, als ob er hierhin gehörte. Der Mond tauchte die Blumen und Sträucher und Bäume in silbriges Licht. Nachtfalter neckten ihn, er sprang ihnen in wilden Sprüngen nach und passte auf, dass er keinen einzigen fing. Er kletterte den rissigen Stamm eines Baumes hoch, der Blütenblätter auf ihn herabrieseln ließ, balancierte auf immer dünner werdenden Ästen, fiel hinunter, landete auf allen vieren und kletterte wieder hoch.
    Er badete im Tau auf dem weichen Gras, rieb sein Gesicht in aufreizend duftender Katzenminze, fühlte, wie sich alle Aromen des Paradieses über ihm zusammenballten, um sich wie ein riesiges weiches Kissen über ihn zu senken, und schlief endlich, selig alle vier Beine von sich gestreckt, unter einem schlanken Baum mit gefiederten Blättern ein, auf einem Bett vertrockneter gelber Blüten, deren Duft den aufdringlichen Gestank der Buchsbaumhecke zum nächsten Garten übertönte.
    Im Traum hörte er ein Käuzchen rufen. Dann begann eine Nachtigall zu schlagen. Irgendwann ging das Geschrei der Morgenvögel los. Aber Filou schlief und träumte mit zuckenden Läufen von Heldentaten und Jagderfolgen und von den Liebkosungen der kleinen Mademoiselle vom Café. Die versuchte ihm etwas zu sagen, mit feiner heller Stimme, es klang wie eine Beschwörung, wie Zauber, es war wichtig, lebenswichtig, er sollte sich jedes ihrer Worte merken, sie würde ihn später abfragen.
    Wieder und wieder sang sie ihm die Worte vor, mit ihrer feinen hellen Stimme: Arbutus unedo. Nepeta cataria. Lavandula augustifolia. Passiflora caerulea. Bougainvillea glabra. Jeder dieser geheimnisvollen Namen ein Versprechen.
    Und dann war da irgendetwas vor seiner Nase, um das er sich umgehend kümmern musste. Er öffnete die Augen einen Spalt. Das Ding war rot und rund, mit einem weißen Klecks vorne drauf. Das roch nach … das war … Verschlafen streckte er die Zunge heraus und leckte.
    »Nicht nur die Sahne abschlecken! Alles aufessen! Sonst gibt es schlechtes Wetter!«
    Schlechtes Wetter? Hier? Filou öffnete seine Augen und sah in braune Augen unter hellen Wimpern. Ein Mensch. Nein, schlimmer: ein Kind. Er wollte aufspringen, davonlaufen, aber irgendetwas sagte ihm, dass er bleiben konnte, dass niemand ihm etwas antun würde, dass alles gut war. Gehorsam öffnete er das Maul und ließ sich das rote Ding mit dem weißen Klecks
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