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Fever Pitch

Fever Pitch

Titel: Fever Pitch
Autoren: Nick Hornby
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größere Teile seines geistigen Lebens dem Spiel widmen als ich. Der Unterschied zwischen Lacey und mir ist, daß ich selten denke. Ich erinnere mich, ich phantasiere, ich bemühe mich, mir jedes einzelne Tor von Alan Smith bildlich vorzustellen, ich hake die Anzahl der Erstligastadien ab, die ich besucht habe, und ein- oder zweimal, als ich nicht schlafen konnte, habe ich versucht, jeden einzelnen Arsenalspieler aufzuzählen, den ich je gesehen habe. (Als ich ein Kind war, kannte ich die Namen der Frauen und Freundinnen der Spieler des Teams, das das Double geholt hat, heute weiß ich nur noch, daß Charlie Georges Verlobte Susan Farge hieß und daß Bob Wilsons Frau Megs hieß, wobei selbst diese bruchstückhafte Erinnerung erschreckend überflüssig ist.)
      Nichts davon ist Gedanke im eigentlichen Sinn des Wortes. Es kommt zu keiner Analyse, bewußten Selbsterfahrung oder geistigen Strenge, weil Besessenen jede Sicht auf ihre Leidenschaft verstellt ist.
      In gewisser Weise ist es das, was einen Besessenen ausmacht. (Und nebenbei erklärt es, warum so wenige von ihnen sich selbst als solche erkennen. Ein Fankollege, der letzte Saison an einem saukalten Januarnachmittag ganz allein ein Spiel der Reservemannschaft von Wimbledon gegen die von Luton anschauen ging – und das nicht in einer Geisteshaltung von »Immer-eine-Nase-voraus« oder einer Art selbstironischer, burschikoser Überspanntheit, sondern weil es ihn aufrichtig interessierte –, stritt mir gegenüber unlängst energisch ab, auch nur im geringsten exzentrisch zu sein.)
    BALLFIEBER ist ein Versuch, einen Blick auf meine Beses
    senheit zu werfen. Warum hat die Beziehung, die als Schuljungenschwärmerei begann, beinahe ein Vierteljahrhundert überdauert, länger als irgendeine andere Beziehung, die ich freiwillig eingegangen bin? (Ich liebe meine Familie sehr, doch wurde sie mir eher aufgedrängt, und ich habe mit keinem der Freunde mehr Kontakt, die ich hatte, ehe ich vierzehn war – mit Ausnahme des einzigen anderen Arsenalfans in der Schule.) Und warum ist es dieser Neigung gelungen, meine zeitweiligen Gefühle von Gleichgültigkeit, Kummer und ganz realem Haß zu überstehen?
    Das Buch ist, zum Teil, auch eine Erforschung der Bedeutungen, die Fußball für viele von uns zu enthalten scheint. Es ist mir ziemlich deutlich geworden, daß meine Hingabe so manches über meinen Charakter und meine persönliche Geschichte aussagt, doch die Art, wie das Spiel aufgenommen wird, bietet wahrscheinlich auch allerlei Informationen über unsere Gesellschaft und Kultur. (Ich habe Freunde, die das als prätentiösen, selbstgefälligen Unsinn betrachten werden, die Art von verzweifelter Rechtfertigung, die man von einem Mann erwarten kann, der einen großen Teil seiner Freizeit damit verbracht hat, sich in der Kälte erbärmlich aufzuregen. Sie stehen dieser Idee besonders ablehnend gegenüber, weil ich dazu tendiere, den metaphorischen Wert des Fußballs zu überschätzen, und ihn deshalb in Unterhaltungen einführe, in die er einfach nicht hineingehört. Ich akzeptiere mittlerweile, daß Fußball keine Relevanz für den Falklandkonflikt, die Rushdie-Affäre, den Golfkrieg, die Geburt von Kindern, die Ozonschicht, die Kopfsteuern, etc., etc. besitzt, und ich möchte die Gelegenheit ergreifen, mich bei all denen zu entschuldigen, die sich meine pathetisch überspannten Analogien anhören mußten.)
    Letztlich handelt BALLFIEBER davon, wie es ist, Fan zu sein. Ich habe Bücher gelesen, die von Leuten geschrieben wurden, die Fußball offensichtlich lieben – doch das ist eine vollkommen andere Sache. Und ich habe Bücher gelesen, die von Hooligans um einer besseren Welt willen geschrieben wurden, aber mindestens 95 Prozent der Millionen, die jedes Jahr Spiele ansehen, haben in ihrem Leben noch nie jemand geschlagen. Also ist dies hier für den Rest von uns und für jeden, der sich gefragt hat, wie es wohl ist, so zu sein. Obwohl die Einzelheiten nur für mich Geltung beanspruchen, hoffe ich, daß sie all jene an etwas erinnern, die schon einmal erlebt haben, wie sie mitten in einem Arbeitstag, in einem Film oder einer Unterhaltung abgedriftet sind, zurück zu einem Volleyschuß mit links, der vor zehn, fünfzehn oder fünfundzwanzig Jahren in den rechten Winkel gerauscht ist.

    1968 -1975

Heimdebüt

    Arsenal gegen Stoke City – 14.9.68

    Ich verliebte mich in den Fußball, wie ich mich später in Frauen verlieben sollte: plötzlich, unerklärlich, unkritisch
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