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Endlich gefunden

Titel: Endlich gefunden
Autoren: Anne Katherine Green
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schlechten Bilder hingen sogar als Zierde an den weißgetünchten Wänden. So vorbereitet, begann ich, mit den besten Hoffnungen auf Erfolg, die für meinen Zweck nötigen Beobachtungen anzustellen.
    Zu den Eigentümlichkeiten meines französischen Freundes gehörte ein quälender Husten. Um nun seine Persönlichkeit so vollkommen wie möglich wiederzugeben, unterbrach ich die Stille von Zeitzu Zeit durch heftige Hustenanfälle, was zwar für meine Nachbarn nicht gerade angenehm war, aber doch dazu diente, ihnen meine Gegenwart bemerklich zu machen. Es lag mir durchaus nichts daran, die Anwesenheit des Franzosen zu verbergen, im Gegenteil, sie sollten recht genau davon unterrichtet werden, daß ein Stubennachbar eingezogen war, ein schwachsinniges, kränkliches Individuum, das Tag und Nacht seine Türe offen ließ – natürlich nur wegen der Wärme im Hausgang. Außerdem hatte der Mensch die Gewohnheit, im Korridor auf- und abzugehen und jeden, der ihm begegnete, anzureden, wobei er obendrein auf eine höfliche Erwiderung zu rechnen schien. Wenn er sich nicht Bewegung machte oder hustete, saß er der offenen Türe gegenüber an einem Tische und verfertigte allerlei schreckliche Figuren aus Pappe, mit denen er den Kindern ihre paar Pfennige aus der Tasche zu locken gedachte.
    Wie sich erwarten ließ, hatte ich kaum dreimal heftig gehustet, als die Nebentüre aufgestoßen ward, und eine rauhe Stimme rief:
    Was ist das hier für ein verteufelter Lärm? Werden Sie wohl auf der Stelle Ihr greuliches Gekrächze lassen, oder –
    Ich will gehen und nachsehen, wer es ist,hörte ich eine sanfte Stimme sagen, und Luttra Blake kam auf den Flur hinaus. Ich wußte, daß sie es war, noch ehe sie sich der Türe genähert hatte; aufzusehen wagte ich nicht in diesem für mich so wichtigen Augenblick, im Gegenteil, ich beugte mich nur noch tiefer über meine Arbeit.
    Sie haben einen schrecklichen Husten, redete sie mich in freundlich teilnehmendem Tone an, gibt es kein Mittel dagegen?
    Ich schob meine Arbeit zurück, fuhr mit der Hand über die Augen und blickte auf. Nein, sagte ich kopfschüttelnd, aber er ist nicht immer so schlimm. Entschuldigen Sie, Fräulein, wenn es Sie belästigt.
    Sie nahm das Tuch ab, das sie dicht über den Kopf gezogen hatte und näherte sich mir mit leichtem, geräuschlosem Schritt. Mich stört Ihr Husten nicht, aber mein Vater ist zuweilen ein wenig barsch. Wenn er Sie rauh anlassen sollte, so kehren Sie sich nicht daran. Es tut mir leid, daß Sie so krank sind.
    Als sie so vor mir stand in dem dunklen Kleide und dem groben Tuch, das Haar einfach geflochten, ohne Schmuck und Zier, lag doch etwas in ihrem Blick und Wesen, das mehr als alle Schönheit zum Herzen sprach.
    Sie sind sehr, sehr gütig, ich danke Ihnen für Ihr Mitgefühl, murmelte ich, halb beschämtüber meine Verkleidung, die ich doch nur zum Zweck ihrer Rettung trug. Aus dem Nebenzimmer ließ sich ein ungeduldiges Brummen hören, und ich bat sie, zurückzugehen, aus Furcht, der Mann möchte seinen Zorn an ihr auslassen.
    Sogleich, versetzte sie, aber sagen Sie mir erst, was Sie da machen.
    Das tat ich und ließ dabei mancherlei Andeutungen über meine Persönlichkeit mit einfließen, welche durch sie an ihren Vater gelangen sollten. Sie hörte mir teilnehmend zu, und mehr als einmal sah ich, wie ihre dunklen Augen, von denen ich schon soviel gehört hatte, sich mit Tränen füllten, die teils mir unwürdigem Heuchler, teils ihrem eigenen geheimen Kummer galten. Immer drohender klang jetzt das Brummen des Alten zu uns herüber. Kümmern Sie sich nicht darum, sagte sie im Davoneilen; meine Verwandten machen selbst oft Lärm genug, Sie werden das ohne Zweifel gleich heute abend zu hören bekommen.
    Nachdem so die einleitenden Schritte getan waren, begab ich mich doch nicht sogleich an die Ausführung meines Plans, sondern ließ mehrere Tage verstreichen, um mich erst, so gut es ging, mit den Gewohnheiten der verwegenen Menschen bekannt zu machen. Es galt ja nicht nur HerrnBlakes Gattin vor ihrer Wut zu schützen, sondern auch bei der Gefangennahme der beiden baumstarken und wohlbewaffneten Schurken jedes öffentliche Aufsehen zu vermeiden. Mehr durch List als durch Gewalt mußte ich also mein Ziel zu erreichen trachten und mit der größten Sachkenntnis und Umsicht zu Werke gehen, wollte ich zu einem günstigen Ausgang gelangen.
    Nach Ablauf von drei Tagen hatte ich etwa folgende Tatsachen ermittelt:
    Erstens : Das Mädchen wurde nie allein
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