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Elfenkuss

Titel: Elfenkuss
Autoren: Aprilynne Pike
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muss ich ganz schnell zu meinem Dad.«
    »Sie haben dir etwas gegeben, was ihn rettet, oder?«

    Laurel stiegen die Tränen in die Augen. »Wenn es noch nicht zu spät ist.«
    »Dann lauf … ich warte hier auf dich.«
    Laurel umarmte ihn linkisch von der Seite, sprang aus dem Auto und rannte zum Eingang des Krankenhauses.
    Sie versuchte, so wenig wie möglich gesehen zu werden. Ihr Tank Top war schmutzig vom Matsch am Chetco River, und sie hatte vergessen, David ihre Jacke wieder abzunehmen, um die Flecken zu kaschieren. Außerdem waren ihre Haare struppig, die Jeans war über dem Knie zerrissen und sie trug noch immer die altmodischen Mokassins.
    Immerhin hatte der Fluss Davids Blut aus ihrem T-Shirt herausgewaschen und im Gegensatz zu seinem war ihr Gesicht nicht grün und blau. Jedenfalls nicht so, dass man es sehen konnte , dachte sie, als sie eine besonders empfindliche Stelle auf der linken Wange berührte.
    Es gelang ihr, zum Zimmer ihres Vaters vorzudringen, ohne angesprochen zu werden – obwohl sie einige prüfende Blicke über sich ergehen lassen musste -, und sie holte tief Luft, bevor sie klopfte und hineinging. Als sie um den Vorhang herumspähte, entdeckte sie ihre Mutter, wie sie im Schlaf den Kopf auf das Bein ihres Vaters gelegt hatte. Vertraute Geräusche erfüllten das Krankenzimmer: das Piepen, das den Herzschlag ihres Vaters anzeigte, das sanfte Rauschen des Sauerstoffs, der durch einen Schlauch in seine Nase geleitet
wurde, und das pustende Geräusch der Blutdruckmanschette, die sich an seinem Arm aufpumpte. Nur fand sie diese Geräusche nicht mehr bedrohlich wie in den letzten Wochen, sondern empfand große Erleichterung. Ihr Vater war am Leben, auch wenn es am seidenen Faden hing.
    Die Lider ihrer Mutter flatterten und sie öffnete die Augen. »Laurel? Laurel!« Sie kam taumelnd auf die Beine, lief zu ihrer Tochter und umarmte sie heftig. »Wo warst du bloß? Ich habe mir schreckliche Sorgen gemacht! Wieso warst du so lange weg? Ich dachte … ach, ich weiß nicht, was ich dachte.« Sie rüttelte Laurel sachte an den Schultern. »Wenn ich nicht so glücklich wäre, dich zu sehen, würde ich dir einen Monat Hausarrest verpassen.« Laurels Mutter trat einen Schritt zurück und sah sie an. »Was ist denn mit dir passiert? Du siehst ja furchtbar aus!«
    Laurel warf sich wieder in die Arme ihrer Mutter. Als sie im Schlammwasser des Chetco gefangen war, dachte sie, nie wieder diese Umarmung spüren zu können. »Ich habe eine lange Nacht hinter mir«, sagte sie mit zittriger Stimme, die drohte, sich in Tränen aufzulösen. Doch während ihre Mutter sich an sie klammerte, betrachtete Laurel über ihre Schulter hinweg ihren Vater. Er lag schon so lange in diesem Krankenbett, dass ihr die Vorstellung beinahe absurd vorkam, er könne aufwachen und aufstehen. Laurel löste sich aus der tröstenden Umarmung ihrer Mutter und sagte: »Ich habe Dad etwas mitgebracht.« Sie musste lachen.
»Und dir auch. Man sollte nie ohne Geschenke heimkehren, oder?« Ihre Mutter sah sie verwundert an, als Laurel weiter in sich hineinkicherte.
    Sie ging auf die andere Seite des Krankenbetts und zog sich einen Stuhl mit Rollen heran. Dann setzte sie sich an den Kopf des Patienten. »Lass niemanden rein«, sagte sie ihrer Mutter und holte das Fläschchen aus der Tasche.
    »Laurel, was ist …?«
    »Alles ist gut, Mom. Gleich geht es Dad besser.« Sie schraubte den Deckel ab und saugte eine kleine Menge der kostbaren Flüssigkeit in die Pipette. Dann beugte sie sich behutsam über ihren Vater und ließ zwei Tropfen des blau glitzernden Elixiers in seinen Mund fallen. Beim Anblick seines blassen Gesichts fügte sie noch einen dritten Tropfen hinzu, um ganz sicherzugehen. Sie schaute hoch zu ihrer Mom. »Er wird wieder gesund.«
    Laurels Mutter starrte sie mit offenem Mund an. »Woher hast du das?«
    Laurel lenkte mit einem erschöpften Lächeln ab: »Du hast ja noch gar nicht gefragt, was ich dir mitgebracht habe.«
    Ihre Mutter sank in einen Sessel neben dem Bett, und Laurel drehte ihren Stuhl so, dass sie nebeneinander saßen. Sie schwieg kurz, um zu überlegen, womit sie anfangen sollte. Wie erzählte man eine solch unfassbare Geschichte?
    Sie sah auf die Wanduhr und räusperte sich. »Mr
Barnes kommt heute Morgen nicht.« Ihre Mutter beugte sich vor und wollte etwas sagen, aber Laurel sprach einfach weiter und übertönte sie. »Er kommt überhaupt nicht mehr, Mom. Ich hoffe inständig, dass du ihn nie wieder sehen wirst.
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