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Elena - Ein Leben für Pferde

Elena - Ein Leben für Pferde

Titel: Elena - Ein Leben für Pferde
Autoren: Nele Neuhaus
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›Schmutzfänger‹ auf Isländisch?«
    Stella kam nicht mehr dazu, das kleine Pferd in Schutz zu nehmen, denn Ringo hatte offenbar selbst beschlossen, dass es ihm reichte. Er wandte Maxi unmissverständlich sein Hinterteil zu und schlug mit dem Schweif, als wollte er eine lästige Fliege verscheuchen. Maxi quietschte auf und wich zurück, aber zu spät: Ringos Schweif hatte bereits eine deutliche Spur auf ihrer weißen Jacke hinterlassen und ihre Nase ließ keinen Zweifel daran, welchen Ursprungs die bräunliche Färbung war. »Scheiße!«, rief sie, ging noch zwei Schritte zurück, bis sie mit dem Rücken an die zweite Box gelehnt stand, und blickte entsetzt an sich herab.
    »In der Tat«, antwortete ihre Mutter gelassen, und Maxi konnte deutlich sehen, dass sie in dieser Sache für das Pferd Partei ergriffen hatte.
    »Ich hab die Jacke gerade erst zweimal angehabt!«, heulte Maxi los. »Und ich ... aua!!« Etwas hatte ihr von hinten einen festen Stups gegeben. Sie wandte sich erschrocken um und stand Aug in Aug mit einem schwarz-weiß gefleckten Ziegenbock, der seine Vorderbeine gegen die Tür der zweiten Box gestemmt hatte. Der Knuff war offenbar mit den zwei geschwungenen Hörnern auf seiner Stirn erfolgt. Erschrocken wich Maxi wieder in die andere Richtung zurück. Großer Irrtum, denn dort stand immer noch Ringo, der neuerlich mit dem Schweif schlug. Maxi schrie wieder auf und sah über ihre Schulter. Jetzt passte die Rückseite ihrer Jacke farblich zur Vorderseite. Sie kniff den Mund zusammen, um nicht vor Wut loszuheulen, und ging auf Sicherheitsabstand zu beiden Tieren.
    »Ja, und das hier ist Rambo. Warum er so heißt, hast du ja gerade gemerkt. Er und Ringo sind Kumpels.«
    In diesem Moment kam Nick durch die Tür, musterte sie amüsiert und meinte: »Mein Kind hat Kacke auf der Jacke!«
    Maxi starrte ihren Vater einen Moment lang an und stampfte dann wortlos an ihm vorbei, die Mauer entlang zurück zur Vorderseite des Hauses. Sie setzte sich ins Auto, schlug die Tür hinter sich zu und heulte los.
    Zwei Minuten später kam Stella nach, setzte sich auf den Fahrersitz und starrte wortlos durch die Windschutzscheibe in den verwilderten Garten, bis Maxi sich beruhigt hatte. Schließlich kamen nur noch vereinzelte Schniefer.
    »Kannst du nicht versuchen, die guten Seiten zu sehen?«, fragte Stella schließlich. »Nicht jede Veränderung muss zwangsläufig schlecht sein, oder?«
    »Nein, nicht jede .« Maxi verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Schau, Maximaus, es wird auf jeden Fall passieren, das kannst du nicht mehr ändern. Und du hast hier vieles, worum dich eine Menge Mädchen beneiden würden ...«
    »Ja, alle Dreizehnjährigen, die ich kenne, stehen unheimlich auf Dreck und einsame Bauernhöfe.«
    »Das Dorf ist nicht so klein, wie du denkst. Es gibt eine Menge Kids in deinem Alter. Und du hast dein eigenes Pferd!«
    »Was soll ich denn mit einem Pferd? Ich kann ja noch nicht mal reiten!«
    »Du kannst es lernen.« Stella hatte offensichtlich an alles gedacht. »Carolin, das Mädchen, das bisher auf Ringo geritten ist, kann dir Stunden geben. Ich hab schon mit ihr gesprochen. Dafür darf sie ihn sich weiterhin ausborgen. Na, was sagst du?«
    Maxi sah ihre Mutter an. Was war nur plötzlich mit der Frau los? Mit wem verwechselte sie sie? Sie kannte sie seit ihrer Geburt. Sie wusste, dass Maxi ein Jazzdance-Cheerleading-Karaoke-Girl war und nicht eines dieser Wald- und Wiesenhühner, die den lieben langen Tag in Gummistiefeln und Dirndlkleidern umherstreiften und Kälbchen kraulten. Wahrscheinlich war es dieser verdammte Job. Kein Wunder, wenn ein Mensch, der ständig Werbesprüche für Romantikhotels erfinden musste, irgendwie den Draht zur Realität verlor!
    »Ich habe mir als Kind immer ein Pferd gewünscht«, fuhr ihre Mutter fort. »Aber mitten in der Stadt ging das nicht, außerdem hätten wir es uns nicht leisten können. Ich fand den Gedanken so schön, dass du jetzt ein Pferd haben wirst!«
    »Aber ich bin nicht du!«, platzte es aus Maxi heraus. »Ich wünsch mir ganz andere Sachen!«
    »Ja«, meinte Stella traurig. »Ein Vierhundert-Euro-Handy zum Beispiel. Und das ist einer der Gründe, warum diese Veränderung dir sicher guttun wird.« Und damit stieg sie aus dem Auto und verschwand im Haus.
    »Das ist so unfair! «, hätte Maxi am liebsten gebrüllt. Aber sie ließ es bleiben. Sie kannte ihre Mutter gut genug, um zu wissen, wann Sturheit sinnvoll war und wann sie absolut nichts brachte.
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