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Einfach göttlich

Einfach göttlich

Titel: Einfach göttlich
Autoren: Terry Pratchett
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komplexer Organisationen findet man meistens einige Etagen tiefer, und zwar dort, wo es noch möglich ist, Dinge in die Wege zu leiten.
    Viele Leute strebten Vorbis’ Freundschaft an, hauptsächlich deshalb, weil ihnen kaum etwas daran gelegen sein konnte, sein Feind zu sein.
    Derzeit weilten zwei Besucher bei ihm: General Iam Fri’it, der ungeachtet offizieller Verlautbarungen den größten Teil der Heiligen Legion kontrollierte, und Bischof Drunah, Sekretär des Iam-Kongresses. Wer glaubte, ein solcher Posten brächte kaum Einfluß mit sich, sollte berücksichtigen, daß dem Kongreß überwiegend halb taube alte Männer angehörten.
    Eigentlich existierten die beiden Besucher gar nicht, zumindest nicht hier. Sie sprachen nicht mit Vorbis. Um ein solches Treffen handelte es sich also. Viele Leute sprachen nicht mit Vorbis und gaben sich alle Mühe, ihm aus dem Weg zu gehen. Zum Beispiel einige Abte aus weit entfernten Klöstern, die kürzlich zur Zitadelle bestellt worden waren: Sie machten einen Umweg und reisten eine Woche lang durch unwegsames Gelände, damit sie sich auf keinen Fall den schattenhaften Gestalten in Vorbis’ Kammer hinzugesellen mußten. In den vergangenen Monaten hatte Vorbis allem Anschein nach ebensoviel Besuch bekommen wie ein Pestkranker.
    Die Männer redeten nicht miteinander. Aber wenn sie zugegen und zu einem Gespräch bereit gewesen wären, so hätte man folgendes hören können:
    »Und nun die Sache mit Ephebe«, sagte Vorbis.
    Bischof Drunah zuckte mit den Schultern. 3
    »Nicht weiter wichtig. Keine Gefahr für uns.«
    Die beiden Besucher sahen Vorbis an, der nie die Stimme hob. Es ließ sich kaum feststellen, woran er dachte – selbst dann nicht, wenn er seine Gedanken in Worte gefaßt hatte.
    »Tatsächlich?« erwiderte Vorbis. »So weit ist es mit uns gekommen? Wir sehen keine Gefahr in Ephebe? Nach dem, was die Ephebianer mit dem armen Bruder Murduck angestellt haben? Und obwohl sie den Großen Gott Om verspotten? Das dürfen wir nicht einfach so hinnehmen. Welche Maßnahmen gilt es zu ergreifen?«
    »Keine Kämpfe mehr«, sagte Fri’it. »Die Ephebianer kämpfen wie Irre. Nein. Wir haben schon genug Männer verloren.«
    »In Ephebe gibt es starke Götter«, warf Drunah ein.
    »Die ephebianischen Soldaten sind mit besseren Bögen ausgestattet«, fügte Fri’it hinzu.
    »Es gibt keine anderen Götter außer Om«, stellte Vorbis fest. »Die Ephebianer verehren nur Dschinns und Dämonen. Das ist gar keine richtige Religion. Habt ihr das hier gesehen?«
    Er schob eine Schriftrolle über den Tisch.
    »Was ist das?« fragte Fri’it vorsichtig.
    »Eine Lüge. Geschichte, die nicht existiert und nie existierte. Wie… wie…« Vorbis zögerte und versuchte, sich an ein Wort zu erinnern, das schon seit langer Zeit nicht mehr benutzt wurde. »Wie… Dinge, die man kleinen Kindern erzählt. Vorbereitete Worte, die von Leuten formuliert werden, um…«
    »Oh, du meinst ein Spiel, ein Theaterstück«, sagte Fri’it. Vorbis’ Blick nagelte ihn an die Wand.
    »Du weißt davon?«
    »Ich, äh, bei meinen Reisen in Klatsch…« Fri’it riß sich zusammen. Er hatte hunderttausend Mann in die Schlacht geführt. So etwas verdiente er nicht. Er brachte nicht den Mut auf, Vorbis anzusehen.
    »Dort wird getanzt«, fuhr er verunsichert fort. »An Feiertagen. Die Frauen tragen Glöckchen an den… Und sie singen Lieder. Darin geht es um den Anfang der Welt, als die Götter…«
    Er unterbrach sich. »Es war gräßlich«, behauptete er und ließ die Fingerknöchel knacken. Fri’it ließ sie immer knacken, wenn er besorgt war.
    »In diesem Fall sind die Götter an dem… dem Spiel beteiligt«, sagte Vorbis. » Männer mit Masken. Könnt ihr euch das vorstellen? Sogar ein Gott des Weines tritt auf: ein betrunkener Alter! Trotzdem heißt es, Ephebe sei keine Gefahr! Und dann das hier…«
    Er warf eine dickere Schriftrolle auf den Tisch.
    » Dies ist noch viel schlimmer. Die Ephebianer verehren falsche Götter, aber dabei liegt der Fehler nur bei der Auswahl ihrer Götter. An der Verehrung selbst gibt es nichts auszusetzen. Dies hingegen…«
    Drunah warf einen argwöhnischen Blick auf das Pergament.
    »Ich glaube, es gibt noch andere Exemplare, selbst hier in der Zitadelle«, sagte Vorbis. »Das hier gehörte Sascho. Wenn ich mich recht entsinne… Hast du ihn mir nicht empfohlen, Fri’it?«
    »Er erschien mir immer als ein intelligenter und tüchtiger junger Mann«, erwiderte der General.
    »Aber
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