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Ein süßer Sommer

Ein süßer Sommer

Titel: Ein süßer Sommer
Autoren: Hammesfahr Petra
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Dienste seiner Mitarbeiter gelegentlich noch in Anspruch nahmen. Die eine war eine ältere Dame mit Adelstitel, die ihrer auch nicht mehr ganz jungen Tochter mit schöner Regelmäßigkeit die Hochzeitspläne zunichte machte. Sie ließ ihre Schwiegersöhne in spe durchleuchten und überzeugte mit den Ergebnissen ihre Tochter davon, es sei besser, von einer Heirat abzusehen. Manchmal stimmte das auch. Schlimmer war der Ministerialrat Dr. Holger Gerswein, ein Schlitzohr mit dem Lebensmotto: Genuss ohne Reue. Er war Mitte fünfzig und verheiratet. Seine Ehe war kinderlos, und er betrog seine Frau, wann immer sich ihm die Gelegenheit dazu bot. Damit hatte er schon vor der Hochzeit angefangen. Und zu der Zeit war er einmal an die Falsche geraten. Eine junge Frau, die im Anschluss an ihre Affäre eine Erpressung versucht hätte, erzählte Hamacher einmal. Seitdem beauftragte der Herr Ministerialrat die Agentur regelmäßig damit, den Hintergrund, nach Möglichkeit auch die Gesinnung seiner jeweils neuen Gespielin auszuleuchten, um vor weiteren bösen Überraschungen sicher zu sein. Aber mit ihm hatte ich in den ersten vier Jahren nichts zu tun. 
    Ich fand, ich hatte einen tollen Job und keine Defizite im Privatleben. Ich konnte mir eine schicke Wohnung am Wiener Platz in Köln-Mülheim leisten. Nicht die üblichen viereckigen Zimmer, mein Wohnzimmer hatte sechs Ecken und zwei Ebenen. Dass auf der zweiten nur Platz für eine kleine Couch und die Stereoanlage war, störte mich nicht, es sah jedenfalls ungewöhnlich aus. In die Einrichtung investierte ich ein kleines Vermögen. Mein Heim ist mein Schloss, nicht wahr? Mein Konto bei der Stadtsparkasse wies einen ansehnlichen Betrag auf der Haben-Seite aus. Und für die Mobilität in der knappen Freizeit gönnte ich mir einen ganz besonderen Luxus: ein Mercedes Coupé, weinrot mit beigefarbenen Ledersitzen, ein Traum von einem Auto, das nach zwei Jahren noch keine einzige Schramme und gerade mal fünftausend Kilometer auf dem Tacho hatte, weil ich beruflich immer Fahrzeuge der Agentur oder andere Verkehrsmittel wie einen Flieger oder den Zug benutzte. Mit achtundzwanzig ging es mir in jeder Hinsicht sehr gut. Ich war nicht nur ein freier, ich war ein sorgenfreier Mann, den sein Beruf voll und ganz ausfüllte. Für die Liebe hatte ich gar keine Zeit. Natürlich hatte ich hin und wieder schon kleine Affären oder kurze Bekanntschaften gehabt, anders kann man es eigentlich nicht bezeichnen. Ein bisschen Sex. Nach ein paar Wochen war es meist vorbei. Entweder hatten die Frauen genug, weil sie sich vernachlässigt fühlten. Oder sie wurden mir lästig, weil sie zu neugierig waren und mir in meinen seltenen Mußestunden etwas abverlangten, wozu ich in dem Moment keine Lust hatte. Mal ins Kino zu gehen, ins Theater, in ein Konzert oder in ein Restaurant war ja ganz schön. Aber man musste doch nicht ständig etwas unternehmen. Ich kochte gerne, empfand schon das Einkaufen als besonderes Vergnügen und fand es gemütlich, daheim zu essen. Ich war doch selten genug in meiner Wohnung. Wenn ich in Köln war, wollte ich es auch genießen. Ich fand so einen Abend auf der zweiten Ebene meines Wohnzimmers nicht langweilig, sondern erholsam und entspannend. Musik hören, Carlos Santana oder Pink Floyd, manchmal auch die Londoner Philharmoniker oder spanische Klänge. Die Augen schließen, abschalten und an gar nichts mehr denken. Dabei brauchte ich nicht unbedingt Gesellschaft – bis Candy meinen Weg kreuzte. Ich traf sie in einem Intercity auf der Fahrt von München nach Köln, am letzten Freitag im Juni . Nach vier hektischen und anstrengenden Tagen und Nächten freute ich mich auf eine geruhsame Heimfahrt. 
    Ich hatte in München nicht sonderlich viel Schlaf bekommen. Von morgens früh bis weit in die Nacht hinein war ich zusammen mit meinem Kollegen Hartmut Bender an der Seite eines Mannes gewesen, der dort an einem Kongress teilnahm. Ein wichtiger Mann, er arbeitete in der Entwicklungsabteilung eines Großkonzerns und hatte etwas entwickelt, wofür ihn einige in den Himmel lobten und andere in die Hölle wünschten. Es waren bei der Firmenleitung, auch bei seiner Familie ein paar durchaus ernst zu nehmende Drohungen eingegangen. Personenschutz konnte einem das Letzte abverlangen, es kam auf die zu schützende Person an. Wenn man Glück hatte, geriet man an einen friedlichen und von der vermeintlichen oder realen Gefahr bereits eingeschüchterten Zeitgenossen, der es vorzog, sich ohne
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