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Ein Elefant im Mückenland

Titel: Ein Elefant im Mückenland
Autoren: Arto Paasilinna
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gesamte Reise bis ins Land ihrer Vorväter, nach Afrika also, versorgt wäre. Die Schiffsreise von Mustola über Rostock bis nach Kapstadt wäre möglicherweise innerhalb von anderthalb Wochen absolviert, selbst wenn es unterwegs mehrere obligatorische Zwischen-stopps gäbe. Letzten Endes war es heutzutage gar keine so besondere Sache, einen Elefanten an die äußerste Spitze Afrikas zu verfrachten.
    In Luumäki hingegen warteten womöglich böse Sche-rereien, hatte es doch schon vorab seltsame Drohungen gegeben. Dabei war die langjährige Gefährtin gar nicht in schlechten Händen, durchaus nicht. Emilia beteiligte sich ja selbst ganz eifrig an der Arbeit, raffte mit dem Rüssel gewaltige Mengen Heu zusammen und häufte sie ganz professionell auf. Sie hatte schnell gelernt, das Heu mit den Füßen zu festen Ballen zu treten, die sich mit der alten Wäscheleine des Hauses gut zusammenschnü-ren und anschließend aufstapeln ließen, fertig verpackte Wegzehrung für die Reise nach Afrika. Das enorme Gewicht des Elefanten und die breite Fläche seiner Sohlen sind von Vorteil in der Heuernte, und die Sensi-bilität und Greiffähigkeit seines Rüssels sind einzigartig.
    Am vierten Tag nach der Ankunft gingen sie dann gleich morgens daran, den Lammbraten vorzubereiten. Natürlich gab es im Haus einen speziellen Holztrog, doch der war im Laufe der Jahre leider so verwittert, dass er unbenutzbar war. Während Lucia den Backofen heizte, ritt Paavo auf Emilia zum Nachbarn, um dort einen Trog zu borgen. In Lemi wohnten gastfreundliche Menschen, die gern den Nachbarn halfen.
    »Wir dachten uns schon, dass ihr kommt, haben das Ding schon gestern in Salzwasser eingeweicht«, sagte die Bäuerin vom Nachbarhof und reichte Emilia einen duf-tenden Trog aus Fichtenholz, den diese mit ihrem Rüs-sel zu Paavo hinaufbeförderte, der im Sattel saß.
    »Wir bringen ihn dann sauber zurück, wenn das Fleisch fertig ist«, versprach Paavo dankbar.
    Lucia hatte inzwischen das Fleisch, das vier Tage lang in einer starken Salzlösung gelegen hatte, vorbereitet. Laut Tradition wurde das überschüssige Salz in sieden-dem Wasser herausgespült. Dadurch wird das Fleisch dann beim Braten schön braun, erklärte Lucia, denn Paavo nahm interessiert am Ritual der Zubereitung teil. Lucia bat ihn, ein paar frische Erlenstöckchen zu schnitzen, die unter den Trog kommen sollten, zwei Zoll dick sollten sie sein und die entsprechende Länge ha-ben. Paavo begriff, dass der Boden des Troges nicht mit dem Rost des glühend heißen Backofens in Berührung kommen durfte, sonst würde er sich womöglich entzün-den. Außerdem musste man aufpassen, dass man ihn nicht bis an die hintersten Ziegel schob, denn auch die waren so heiß, dass die ganze Geschichte womöglich in Flammen aufging.
    Während Paavo die Stöcke schnitzte, hörte er hinter dem Schuppen Gepolter. Das konnte ja nur Emilia sein. Elefanten sind verspielte Tiere, und so hatte Emilia nun begonnen, den Brennholzstapel neu zu ordnen. Ge-schickt packte sie mit dem Rüssel einen Kloben, warf ihn hoch und fing ihn wieder auf, um ihn an seinen neuen Platz zu legen. Sie war so konzentriert dabei, dass sie gar nicht merkte, dass Paavo sie beobachtete. Er freute sich, dass sie eine angenehme Beschäftigung gefunden hatte, während drinnen das Fleisch gebraten wurde.
    Während Lucia das Fleisch, das in große Stücke zer-teilt war, in den Trog schichtete und diesen vorsichtig in den Ofen schob, schälte Paavo fünf Kilo Kartoffeln. Diese wurden vorgekocht, nicht völlig gegart, aber sie durften auch nicht ganz roh sein. Inzwischen war das Fleisch bereits auf einer Seite schön gebräunt, der Trog heraus-genommen, und die Fleischstücke wurden umgedreht, ehe er wieder hineingeschoben wurde.
    Zwischendurch ruhten sich Lucia und Paavo in der Schlafkammer aus. Dann kam, nach einer raschen Wäsche, eine der wichtigsten Phasen bei der Zuberei-tung des Lammbratens. Das fettige Fleisch wurde wieder einmal aus dem Ofen herausgenommen, und jetzt wur-den die halb garen Kartoffeln in den Trog gelegt. Wäh-rend sie brieten, wurden sie mit dem aus dem Lamm-fleisch ausgetretenen Fett begossen. Das ganze Haus duftete jetzt wie ein Paradies der Hungrigen. Fleisch und Kartoffeln garten dann noch anderthalb Stunden in der Resthitze des Ofens. Während dieser Zeit saugten sich die Kartoffeln voll Lammfett, und man kann sich den-ken, wie lecker sie dadurch wurden. Lucia begoss noch einmal den gesamten Braten, und dann gingen beide,
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