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Die Weisse Massai

Die Weisse Massai

Titel: Die Weisse Massai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinne Hofmann
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reagiert Marco prompt: »Corinne, komm, wir gehen ins Hotel, ich bin müde.« Aber ich will nicht. Der Massai gestikuliert wieder mit Marco. Er will uns einladen, uns morgen seine Wohnstätte zeigen und eine Bekannte vorstellen. Ich stimme schnell zu, bevor Marco widersprechen kann. Wir verabreden uns vor dem Hotel.
    In der Nacht liege ich schlaflos auf dem Bett, und gegen Morgen ist mir klar, daß meine Zeit mit Marco zu Ende ist. Fragend schaut er mich an, und plötzlich bricht es aus mir heraus: »Marco, ich kann nicht mehr. Ich weiß nicht, was mir mit diesem völlig fremden Mann passiert ist. Ich weiß nur, dieses Empfinden ist stärker als jede Vernunft.« Marco tröstet mich und meint gutmütig, wenn wir wieder in der Schweiz seien, werde sich alles wieder einrenken. Kläglich erwidere ich: »Ich will nicht mehr zurück. Ich will hier bleiben in diesem schönen Land bei den liebenswerten Menschen und vor allem bei diesem faszinierenden Massai.« Marco versteht mich natürlich nicht.
    Bei brütender Hitze stehen wir am nächsten Tag wie verabredet vor dem Hotel. Plötzlich taucht er auf der anderen Seite der Straße auf und kommt herüber. Nach kurzer Begrüßung sagt er: »Come, come!« und wir folgen ihm. Wir gehen ungefähr zwanzig Minuten durch Wald und Gestrüpp. Da und dort springen Affen, manche halb so groß wie wir, vor uns her. Wieder bewundere ich den Gang des Massai. Er scheint den Boden kaum zu berühren. Es ist fast wie ein Schweben, obwohl seine Füße in schweren Autoreifen-Sandalen stecken. Marco und ich wirken dagegen wie Trampeltiere.
    Dann kommen fünf Rundhäuschen in Sicht, in einem Kreis zusammengestellt, ähnlich wie im Hotel, nur viel kleiner, und statt Beton sind hier Natursteine aufeinander gestapelt, mit rotem Lehm verputzt. Das Dach ist aus Stroh. Vor einem Häuschen steht eine stämmige Frau mit einem großen Busen. Der Massai stellt sie uns als seine Bekannte Priscilla vor, und erst jetzt erfahren wir den Namen des Massai: Lketinga.
    Priscilla begrüßt uns freundlich, und zu unserer Verwunderung spricht sie gut Englisch. »You like tea?« fragt sie. Ich nehme dankend an. Marco meint, es sei viel zu heiß, er hätte lieber ein Bier. Das bleibt hier natürlich Wunschvorstellung. Priscilla holt einen kleinen Spirituskocher hervor, stellt ihn vor unsere Füße, und wir warten, bis das Wasser kocht. Wir erzählen von der Schweiz, von unserer Arbeit und fragen, wie lange sie hier schon wohnen. Priscilla lebt bereits seit zehn Jahren an der Küste. Lketinga hingegen sei neu hier, er sei erst vor einem Monat angekommen und spreche deshalb fast noch kein Wort Englisch.
    Wir fotografieren, und jedesmal, wenn ich in Lketingas Nähe komme, zieht er mich körperlich spürbar an. Ich muß mich zusammenreißen, damit ich ihn nicht berühre. Wir trinken den Tee, der ausgezeichnet schmeckt, aber verdammt heiß ist. Wir verbrennen uns beinahe die Finger an den Emailletassen.
    Es beginnt, rasch dunkel zu werden, und Marco sagt: »Komm jetzt, wir müssen langsam zurück.« Wir verabschieden uns von Priscilla und tauschen, mit dem Versprechen zu schreiben, unsere Adressen aus. Schweren Herzens trabe ich hinter Marco und Lketinga zurück. Vor dem Hotel fragt er: »Tomorrow Christmas, you come again to Bush-Baby?« Ich strahle Lketinga an, und bevor Marco antworten kann, sage ich »Yes!«
    Morgen ist unser drittletzter Tag, und ich habe mir vorgenommen, meinem Massai mitzuteilen, daß ich Marco nach den Ferien verlassen werde. Neben dem, was ich für Lketinga empfinde, erscheint mir alles andere, was vorher war, lächerlich. Ich will ihm das morgen irgendwie klarmachen und ihm auch sagen, daß ich bald allein zurückkommen werde. Nur einmal denke ich kurz darüber nach, was er für mich empfindet, doch sofort gebe ich mir selbst die Antwort. Er muß einfach genauso empfinden wie ich!
    Heute ist Weihnachten. Bei vierzig Grad im Schatten ist hier von weihnachtlicher Stimmung allerdings nichts zu spüren. Ich mache mich für den Abend so schön wie möglich und ziehe mein bestes Ferienkleid an. An unserem Tisch haben wir zum Fest Champagner bestellt, der teuer ist, dafür um so schlechter und viel zu warm serviert. Um zehn Uhr ist von Lketinga und seinen Freunden noch nichts zu sehen. Was ist, wenn er ausgerechnet heute nicht kommt? Wir sind nur noch morgen hier, und tags darauf geht es in aller Frühe zum Flughafen. Erwartungsvoll starre ich zur Tür und hoffe inständig, daß er kommen wird.
    Da taucht

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