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Die Wanderapothekerin 5: Gefährliche Wege (German Edition)

Die Wanderapothekerin 5: Gefährliche Wege (German Edition)

Titel: Die Wanderapothekerin 5: Gefährliche Wege (German Edition)
Autoren: Iny Lorentz
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Klara ein.
    »Du erfüllst einer Sterbenden ihren letzten Wunsch! Dies kann unser Herr Jesus Christus dir nicht aufs Kerbholz schreiben.«
    »Ihr habt selbst gesagt, dass es mit der Sprache hapert. Die alte Frau würde sofort erkennen, dass ich nicht ihre Enkelin bin.«
    Lene machte ihr jedoch klar, dass sie nur ein paar Worte sagen müsste. »Da bin ich, Muhme! Das reicht. Mehr wird Urte nicht hören wollen, denn sie ist schon sehr schwach. In meinen Augen lebt sie nur noch deshalb, weil sie hofft, die Enkelin würde doch noch zu ihr kommen. Dabei leidet sie so!«
    »Du musst es tun!«, drängte Martha, deren Mitleid geweckt worden war.
    Schließlich nickte auch Klara. »Gut, ich mache es! Aber dafür müsst ihr meine Freundin und mich im Dorf übernachten lassen. Wir wollen ungern im nassen Wald schlafen.«
    »Das tun wir gerne«, versprach Lene. »Komm mit ins Haus! Du musst etwas anderes anziehen, denn du kannst nicht als nasse Hökerin zu Urte kommen. Auch wenn ihre Augen nicht mehr gut sind, würde ihr das doch auffallen.«
    »Also gut! Bringen wir es hinter uns. Ich bin aber keine Hökerin, sondern eine Wanderapothekerin aus Königsee.«
    »Deine Mittel kennen wir und haben deinem Vater immer etwas abgekauft! Im letzten Jahr auch deinem Bruder. Du wirst ebenfalls nichts zu klagen haben«, erklärte Lene und schob Klara auf ihr Haus zu. Die andere Bäuerin kam mit, und dieser schlossen sich weitere Frauen an.
    Der Hof war sauber und gut geführt. Lene brachte Klara und Martha in eine Kammer, in der sie, wie sie sagte, auch übernachten konnten, und suchte aus ihren Kleidern die Teile heraus, die Klara tragen konnte. Die anderen Frauen schälten Klara aus ihrer eigenen Tracht, und einige brachten ebenfalls Kleidungsstücke herbei.
    »Dich schickt wirklich der Himmel!«, rief Lene und klatschte in die Hände, als Klara fertig war. Sie trug nun die Tracht dieser Gegend und kam sich darin seltsam fremd vor.
    »Sie sieht Ursel wirklich ähnlich. Urte wird sie für ihre Enkelin halten und glücklich sein«, meinte eine.
    »Hoffen wir es!« Klara war nicht überzeugt, und sie bat Gott in Gedanken um Verzeihung, weil sie sich auf dieses Täuschungsspiel eingelassen hatte.
    »Nun können wir zu Urtes Kate gehen«, sagte eine jüngere Frau.
    Klara atmete noch einmal tief durch und setzte sich in Bewegung. Herrgott im Himmel, hilf, dachte sie, als die Gruppe der Frauen sie quer durch das Dorf zur kleinsten Hütte führten. Dort bat Lene sie, kurz zu warten, und trat ein.
    »Geht es dir besser, Urte?«, hörte Klara sie fragen.
    Die Antwort der alten Frau war zu leise, als dass sie sie hätte verstehen können.
    Dann klang wieder Lenes Stimme auf. »Urte, was meinst du, wer eben gekommen ist! Du wirst es nicht glauben!«
    Ein leichter Stoß in den Rücken zeigte Klara an, dass sie eintreten sollte. Sie tat es und sah eine spärlich ausgeleuchtete Kammer vor sich, die als Küche, Wohnraum und Schlafzimmer in einem diente. Auf dem einfachen Bett lag eine alte Frau mit ausgemergelten Zügen und Augen, die bereits mehr in die andere Welt blickten.
    Als sie Klara sah, hob sie den Kopf, und ein Lächeln trat auf ihre Lippen. »Urselchen, bist doch gekommen!«
    »Da bin ich, Muhme!«, sagte Klara und versuchte dabei, den hiesigen Dialekt zu treffen.
    »Dass du nur da bist!« Die alte Frau weinte vor Freude und streckte die Hand aus.
    Klara blieb nichts anderes übrig, als sie zu ergreifen. Eine der Frauen schob ihr einen dreibeinigen Hocker hin, damit sie sich setzen konnte, und Lene verwickelte die Greisin in ein Gespräch, damit diese nicht dazu kam, Klara Fragen zu stellen.
    So ging es eine ganze Weile. Schließlich legte Urte den Kopf zurück und schloss die Augen. »Ich danke dir, mein Gott, dass du mein Urselchen noch einmal zu mir geschickt hast.«
    Dann verstummte sie. Eine Weile noch hob und senkte sich ihre Brust, dann lag sie ganz still, und Klara begriff, dass sie die Hand einer Toten in der ihren hielt.
    »Es ist vorbei!«, sagte Lene leise. »Unsere alte Urte steht bereits vor ihrem himmlischen Richter, und ihr Herz ist leicht, da sie glaubt, ihr letzter Wunsch hätte sich erfüllt. Nimm unseren Dank dafür, Hökerin. Dich hat Gott zu einer glücklichen Stunde geschickt.«
    »Wollen wir hoffen, dass er uns dieses Täuschungsspiel verzeiht«, flüsterte Klara, löste Urtes Hand aus der ihren und legte sie aufs Bett.
    »Zwei von uns müssen sich um den Leichnam kümmern. Er soll ordentlich unter die Erde kommen«,
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