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Die Verfuehrung einer Fremden

Die Verfuehrung einer Fremden

Titel: Die Verfuehrung einer Fremden
Autoren: Victoria Veel
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ich mich doch ein wenig in ihm getäuscht. Trotzdem entschied ich mich, nicht zu bleiben. Ich kannte Ben seit zwei Tagen und ich fühlte mich, als wäre ich in der Wohnung eines Pärchens, da ich immer wieder und überall Sachen von Alicia fand. Außerdem musste ich mir selbst immer wieder klarmachen, warum ich überhaupt hier war. Ablenkung und unser Plan. Nichts anderes. Hier zu bleiben wäre absolut unnötig gewesen. Und wir waren sowieso zu verschieden. Diese Sätze sagte ich mir immer wieder, während ich mich fertig machte, meine Kleidung überzog und seine Wohnung gegen elf Uhr morgens verließ. Meine Handynummer hatte ich diesmal auf den Zettel gekritzelt, den er mir auf dem Frühstückstisch gelassen hatte.

5.
    Ben meldete sich erst am nächsten Tag bei mir. Es war Freitag und er fragte mich, ob ich mit ihm und seinen Freunden ausgehen wollte- In Manhattan natürlich. Ich war ziemlich überrascht, dass er mich überhaupt fragte, war es doch nicht zu übersehen, dass ich dort nicht reinpasste. Außerdem überraschte es mich sehr, dass er mich seinen Freunden vorstellen wollte und fragte mich einen Moment, als was er mich vorstellen würde. Als Bekannte? Als eine Freundin? Als Fremde, mit der er nur einen Plan durchziehen wollte? Was es auch sein würde, ich hielt das Ganze nicht für eine gute Idee. Manhattan war einfach nicht meine Welt und wir hatten in den letzten Tagen schon mehr Zeit miteinander verbracht, als ich es vorgehabt hatte. Außerdem hatte meine Freundin Anna mich gefragt, ob ich mit ihr und ein paar anderen Leuten ein Bier in einem Biergarten in Astoria trinken gehen wollte. So verneinte ich und Ben klang nicht besonders begeistert.

    „Warum nicht, Sarah, du musst dir auch kein Minikleid oder High Heels anziehen, ich verspreche es dir. Und meine Freunde sind echt nett.“ versuchte er mich zu überreden.

    „Wirklich nicht, das ist nicht meine Welt. Ruf mich morgen an und wir sehen, was wir tun können.“ Damit legte ich auf und beschloß, ein kleines Mittagsschläfchen zu machen, bevor ich mich später fertigmachen würde für den Abend.

    Abends fiel mir ein, dass ich nichts für das Abendessen gekauft hatte und so schlüpfte ich schnell in meine Sneakers, um am nächstgelegenden Supermarkt noch etwas einzukaufen. Es war relativ kühl draußen und ich überlegte, was ich später anziehen sollte, um nicht im Biergarten frieren zu müssen. In Gedanken merkte ich nicht, wie jemand hinter mir meinen Namen rief. Als ich dann an der Schulter angetippt wurde, erschrak ich und drehte mich sofort um. Es war Matt. Matt, den ich seit unserer Trennung nicht ein einziges Mal mehr gesehen hatte. Und nun stand er dort, sein halblanges, blond-braunes Haar locker hinter die Ohren gekämmt, ein Lächeln auf den Lippen und er trug das Radiohead Bandshirt, dass wir ihm zusammen vor zwei Jahren auf einem Flohmarkt gekauft hatten.

    „Sarah. Ich hab sicherlich fünf Mal deinen Namen gerufen. Wie geht es dir?“

    Oh Gott, dachte ich, bitte nicht so ein unangenehmes, peinliches Gespräch. Und ich stand hier auch noch in Jogginghosen, ungeschminkt und mit ungekämmtem Haar. Ich war keine Tussi, aber dennoch hatte ich gehofft Matt zu treffen, wenn ich besser aussah und nicht, als wäre ich gerade erst aus dem Bett gefallen, auch wenn das die Wahrheit war. Ich zwang mich zu einem breiten Lächeln.

    „Hey. Schön dich zu treffen. Mir geht es gut- Ich bin gerade auf dem Weg zum Supermarkt, schnell etwas zu Essen kaufen. Und du?“ Ich versuchte, meine Stimme so ungezwungen wie möglich klingen zu lassen.

    „Oh, nichts Besonderes. Ich bin auf dem Heimweg.“ Dann stockte er kurz und ich hatte das Gefühl, Schuldbewußtsein in seinen Augen aufblitzen zu sehen. Im selben Moment sah ich von hinten eine junge Frau schnellen Schrittes auf uns zukommen. Sie blieb neben Matt und mir stehen, lächelte mich einladend an und streckte mir ihre Hand hin, die ich zögernd und verwirrt nahm und leicht drückte.

    „Hi, ich bin Tilly. Schön, dich kennenzulernen.“

    Noch immer hielt ich ihre Hand, starrte sie an, unfähig, etwas zu sagen. Matt bemerkte natürlich, wie sehr mich diese Situation verwirrte und aufwühlte und funkte schnell dazwischen.

    „Sarah, das ist Tilly, eine Freundin von mir. Sie hat mir geholfen, einen neuen Holztisch für das Wohnzimmer auszusuchen.“

    Eine Freundin. Er betonte das Wort „eine“ so sehr, dass es unnatürlich klang. Und ich glaubte ihm kein Wort. Wenn diese Tilly doch eine so
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