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Die Stunde Der Jaeger

Die Stunde Der Jaeger

Titel: Die Stunde Der Jaeger
Autoren: Carrie Vaughn
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geglaubt hatte, dass solche Dinge nicht existierten, war es schwer, diese Überzeugung einfach so über Bord zu werfen.
    Â»Wie schaffen Sie beide es, verheiratet zu bleiben?«
    Sie warf mir einen Blick von der Seite zu, setzte ein schiefes Grinsen auf und antwortete nicht. Doch ihre Augen funkelten. Okay, dieser Frage würde ich nicht weiter nachgehen.
    Alice tippte meine Einkäufe in die Kasse ein, während Joe wütend über sein Gewehr hinweg zusah. Ich musste mich als Botschafterin des guten Willens begreifen – keine ruckartigen Bewegungen machen, nichts Abfälliges sagen. Vielleicht würde er eines Tages erkennen: Nur weil ich ein Monster war, bedeutete das nicht, dass ich, nun ja, ein Monster war.
    Ich bezahlte, und Alice reichte mir die braune Papiertüte. »Danke«, sagte ich.
    Â»Jederzeit. Rufen Sie einfach an, wenn Sie etwas brauchen sollten.«
    Selbst meine lässige Unbekümmertheit kannte ihre Grenzen. Ich konnte Joe und seinem Gewehr nicht den
Rücken zukehren, also ging ich rückwärts auf die Tür zu, griff nach hinten, um sie aufzuziehen, und schlüpfte unter Glöckchengeklingel nach draußen.
    Während sich die Tür hinter mir schloss, konnte ich Alice sagen hören: »Joe, um Himmels willen, steck das Ding weg!«
    Ach ja, das Leben in einer kleinen Stadt in den Bergen. Einfach unvergleichlich.

Zwei
    In der vorderen Hälfte meines Häuschens befanden sich ein Wohnzimmer und eine Küche, während der hintere Teil aus einem Schlaf- und einem Badezimmer bestand. Die beiden Hälften wurden nur teilweise von einer Wand getrennt, damit das ganze Haus an der einzigen Heizquelle teilhaben konnte: einem Holzofen im Wohnzimmer. Der Heißwasserboiler funktionierte mit Propangas, alles andere war strombetrieben. Ich ließ das Feuer im Holzofen ständig brennen, um den Winter auf Abstand zu halten. In dieser Höhe war ich zwar nicht eingeschneit, aber es war trotzdem verdammt kalt, besonders nachts.
    Im Wohnzimmer stand außerdem mein Schreibtisch, genauer gesagt ein kleiner Tisch mit meinem Laptop und ein paar Büchern: ein Wörterbuch sowie eine Ausgabe von Walden voller Eselsohren. Unter dem Tisch hatte ich zwei Kisten verstaut, in denen sich weitere Bücher und ein paar CDs befanden. Mein ganzes Erwachsenenleben hatte ich beim Radio gearbeitet – ich brauchte etwas, das die Stille durchbrach. Der Schreibtisch stand vor dem gewaltigen Fenster, das auf die Veranda und die Lichtung hinausging, auf der ich meinen Wagen geparkt hatte. Jenseits der Lichtung kletterten Bäume und braune Erde den Hügel empor, auf den blauen Himmel zu.

    Ich hatte viele Stunden damit verbracht, am Schreibtisch zu sitzen und durch das Fenster nach draußen zu starren. Zumindest hätte ich mir die Mühe machen sollen, ein Haus mit schönem Blick auf die Berge zu finden, um in den langen Phasen meines Aufschiebens etwas zu tun zu haben.
    Als die Dämmerung hereinbrach und der Himmel ein sattes Königsblau annahm, um dann später tiefdunkel zu werden, wusste ich, dass ich einen weiteren Tag vergeudet hatte, ohne ein einziges annehmbares Wort geschrieben zu haben.
    Doch es war Samstag, und ich konnte mich auch anderweitig unterhalten lassen. Sehr spät, kurz vor Mitternacht, schaltete ich das Radio ein. Es war Zeit für Ariel, Priesterin der Nacht . Ich machte es mir mit einem weichen Kissen und einem Bier auf dem Sofa bequem.
    Die Homepage von Ariel, Priesterin der Nacht war vollkommen schwarz mit liebesapfelroten Buchstaben und einem großen Bild von Ariel. Sie wirkte relativ jung, vielleicht so alt wie ich – Mitte zwanzig. Sie hatte blasse Haut, einen Porzellanteint, schwarz gefärbte Haare, die ihr in verschwenderischen Wellen über die Schultern fielen, und strahlend blaue Augen, die von schwarzem Eyeliner umrandet waren. Dieses Blau – das mussten Kontaktlinsen sein. Zwar schien sie sich in einem Radiostudio zu befinden, doch aus irgendeinem Grund war der Tisch vor ihr mit rotem Samt überzogen, auf dem sie sich verführerisch rekelte. Ihr schwarzes Satinkleid ließ ziemlich tief blicken, und sie beugte sich über ein Mikrofon, als wolle sie es im nächsten Moment ablecken. Um den Hals trug sie ein Pentagramm
an einer Kette, je ein silbernes Anch-Kreuz an den Ohren und einen Strassstein als Nasenpiercing. In den vier Ecken der Internetseite flatterten Zeichentrickfledermäuse.
    Und als ob das
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