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Die Spur der verlorenen Kinder

Die Spur der verlorenen Kinder

Titel: Die Spur der verlorenen Kinder
Autoren: T.J. MacGregor
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große, leere Höhle. Schnell schaute sie wieder hinunter auf den Kompass, um sicherzugehen, dass sie immer noch nach Süden fuhr, dann schaltete sie die Taschenlampe aus.
    Die Angst nahm sie sofort in Beschlag, sie durchfuhr sie in großen, lähmenden Wellen. Ein Zittern erfasste sie, ihre Zähne klapperten. Ihre Verbindung zu Annie begann zu zerfallen, und sie mühte sich, ihre Angst beiseitezuschieben, von ihrem übrigen Selbst abzutrennen. Sie legte den Kompass auf den Boden des Bootes neben ihren Fuß und griff wieder nach der Flasche.
    Störrisches kleines Biest …
    Seine Energie war so kraftvoll, so dunkel und boshaft, dass es ihr vorkam, als müsste sie sich mitten in der Nacht durch einen Sumpf voller Schlangen kämpfen. Sie warf die Flasche beinahe ins Dunkle, wagte es aber nicht. Es war ihre Verbindung zu dem Mann – Peter, sag seinen Namen, nenn das Böse beim Namen – und über ihn zu Annie.
    Unterwegs nach Süden in das schwarze Wasser …
    Was zum Teufel sollte das heißen?
    Sie schaltete die Taschenlampe wieder ein, überprüfte ihre Richtung. Süden, gut, sie war immer noch nach Süden unterwegs. Sie leuchtete mit der Taschenlampe auf das Wasser und glaubte, dass es jetzt dunkler aussah, schlammiger, als befände sie sich mitten in einem Ölteppich. Sie schaltete die Taschenlampe aus und zwang sich hochzuschauen, in den von Sternen übersäten Bauch des Himmels. Der Mond war noch nicht aufgegangen, aber als ihre Augen sich an das Sternenlicht gewöhnten, stellte sie fest, dass sie auch ohne die Taschenlampe recht gut sehen konnte. Sie fand einen Hebel auf der Rückseite des Kompasses, der die Anzeige beleuchtete, sodass sie nicht jedes Mal, wenn sie ihre Fahrtrichtung überprüfen wollte, die Taschenlampe einschalten musste.
    Obwohl sie die Flasche immer noch umklammert hielt, fühlte sich ihre Verbindung zu Annie jetzt zerbrechlicher an, wie ein schwaches Funksignal, das sie jeden Moment verlieren könnte. Sie überlegte, ob sie in Richtung Tango fahren und Sheppard von der Telefonzelle im Hafen aus anrufen sollte. Aber es würde sie mindestens vierzig Minuten kosten, dorthin zu gelangen, und Sheppard würde einige Zeit benötigen, um ein Wasserflugzeug oder ein Boot zu besorgen. Sie hatte keine Ahnung, wie lange sie bewusstlos am Strand gelegen und wie viel Vorsprung der Mann hatte, doch sie wusste, dass sie keine Zeit mehr verlieren durfte. Der Kerl und ihre Tochter waren irgendwo hier draußen, und solange sie ihre Verbindung zu Annie aufrechterhielt, würde sie ihn finden.
    Sie packte die Flasche wieder mit beiden Händen und überprüfte die innere Verbindung. Sie verblasste jetzt schneller. Lieber Gott, bitte, bitte …
    Eine Wolkenbank zog vor die Sterne. Sie schaute wieder hinunter auf den Kompass. Die Nadel schwang wild von einer Seite zur anderen, wie ein Pendel. Sie schüttelte den Kompass. »Komm schon, nicht jetzt, bitte«, zischte sie und schüttelte ihn erneut.
    Die Nadel wackelte weiter. Unmöglich, dachte sie. Der Kompass war nagelneu.
    Dann begann der Motor zu stottern und erstarb.
    Benzin? Hatte sie kein Benzin mehr?
    Mira schaltete die Taschenlampe ein, überprüfte die Tankanzeige. Halb voll. Wie viele Liter waren das? Sie konnte sich nicht erinnern. Ihr Hirn hatte keinen Platz mehr für unwichtige Details. Sie drückte wieder auf den Startknopf. Und noch einmal. Und noch einmal. Sie schlug mit ihrer flachen Hand gegen den Motor. » Geh an! «, schrie sie und schlug mit dem Griff des Schraubendrehers dagegen.
    Das Scheppern hallte durch die stille Dunkelheit und erinnerte sie daran, wie der Mann – Peter – mit irgendetwas auf seinen Außenbordmotor geschlagen hatte. Was für ein Boot hatte er? Sie wusste es nicht. Es war ihr nicht aufgefallen, sie konnte sich nicht erinnern. Aber sie erinnerte sich genau an sein Gesicht, den Gips an seinem Arm, und sie wusste, sie würde sich den Rest ihres Lebens an den Klang seiner Stimme erinnern.
    Ich hasse es, Freunde zu belästigen. Es ist ganz schön weit hierher.
    Die Strömung zog das Boot mit sich. Wasser klatschte gegen die Wände. Sie versuchte erneut, den Motor anzulassen, diesmal hustete er und sprang an. Selbst der Kompass funktionierte jetzt wieder, die Richtung war 81W0508, 24N5008. Sie befand sich jetzt südlich von Tango Key, aber nicht südlich von Key West.
    Sie packte wieder die Flasche. Annie? Bist du noch bei mir? Annie? Sie spürte die Verbindung, ganz schwach, fast gar nicht mehr. Bleib bei mir, Annie. Bleib bei
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