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Die sieben Weltwunder

Die sieben Weltwunder

Titel: Die sieben Weltwunder
Autoren: Johannes Thiele
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und die angrenzenden Länder. Dass später manche seiner Behauptungen widerlegt wurden, tut zwar bisweilen seiner Glaubwürdigkeit, nicht aber der Aussagekraft seines Werkes Abbruch.
    Ebenfalls skeptisch werden heute die Überlieferungen von Ktesias, Xenophon und Diodorus Siculus beurteilt, vor allem, weil sie sich in ihren Berichten oft einander widersprechen oder gar gegenseitig widerlegen. Die antike Welt war geradezu süchtig nach Geschichten, und es ist nicht auszuschließen, dass so mancher Augenzeugenbericht »aufgepeppt« wurde, um ihn spannender zu machen und um damit dem Publikum entgegenzukommen.
    Als zuverlässig gilt der Geograph Strabon, der zahlreiches Material zusammentrug, mit dessen Hilfe versunkene oder verschüttete Städte, Heiligtümer oder Tempel wiedergefunden und rekonstruiert werden konnten.
    Und schließlich Pausanias, ein Reiseschriftsteller, der im 2. Jahrhundert n. Chr. einen »Führer durch Griechenland« für römische Reisende schuf und darin einen ausführlichen Überblick über allerlei Wissenswertes gab.
    Mit dem Untergang des Römischen Reichs ging auch das Interesse an den Wundern der antiken Welt verloren. Die Christen entdeckten die Weltwunder erst auf ihren Kreuzzügen, sahen sie jedoch als heidnisch an und verwendeten sie zum Teil als Steinbrüche.
    Erst die Renaissance erinnerte sich im 15. Jahrhundert wieder an das antike Erbe. Doch noch weitere zweihundert Jahre vergingen, bevor sich der Wiener Architekt Johann Fischer von Erlach (1656–1723) dem genauen Studium der vorhandenen Quellen über die Weltwunder widmete. Er verglich die vorhandenen Münzabbildungen mit den schriftlichen Überlieferungen für seinen »Entwurf einer historischen Architektur«. Seine Rekonstruktionen sind jedoch eine Mischung aus zeichnerischer Akribie und blühender Phantasie.
    Erst im vorletzten Jahrhundert, mit dem Aufschwung der Archäologie und der wissenschaftlichen Erforschung der klassischen Antike, wurden die Rekonstruktionen zuverlässiger. Ganze Städte wurden ausgegraben, in Griechenland, in Kleinasien. Tempel, Mauern, Paläste, Theater wurden freigelegt, eine Unzahl Statuen, Keramiken, Schmuck, Waffen und Gebrauchsgegenstände des Alltags ans Tageslicht befördert. Aus dem geheimnissüchtigen und nicht selten raffgierigen Ausgräber der ersten Stunde wurde ein Fährtensucher, ein Gelehrter, ein »Wissenschaftler des Spatens«. »Die einzigen Siege sind die, welche der forschende Geist über die Unwissenheit erringt«, sagte Napoleon Bonaparte.
    Durch die Entzifferung der Hieroglyphen und der Keilschrift erfuhr man, dass es vor Griechenland und Rom große Kulturen gegeben hatte – Ägypten, Mesopotamien und die angrenzenden Länder des östlichen Mittelmeerraumes. Kulturen, in denen sich einst die Traditionen, Wissenschaften und Künste entwickelt hatten, in denen die westliche Kultur wurzelt.
    Völker und Herrscher vergingen, die großartigsten Zeugnisse der Kultur und der Kunst wurden zertrümmert, zerstört oder gänzlich vernichtet.
    Heute können die wenigen Reste, die von den Sieben Weltwundern geblieben sind, nur in zumeist dunklen Museumsräumen bei künstlichem Licht bewundert werden. Sie geben nur mehr eine Ahnung von ihrer einstigen Farbenpracht, ihrer Umgebung im gleißenden Licht, in ihrem Klima und ihrer Landschaft, belebt von den Menschen ihrer Zeit. Wir erhalten nur noch einen rudimentären Einblick in Städte und Länder, die einst den Mittelpunkt der Welt bildeten.
    Was blieb, war und ist das Traumbild des menschlichen Bemühens, die Erinnerung an die Gipfelpunkte menschlicher Zivilisation und Kultur; die Erkenntnis, dass die Entwicklungen von gestern, die einer alten, längst vergangenen Welt, uns heute noch immer beeinflussen und prägen.

Kupferstich von Johann Fischer von Erlach
E RSTES K APITEL
D IE GROßE P YRAMIDE VON G IZEH

Jahrtausende haben die ägyptischen Pyramiden überdauert. Sie sind das einzige Weltwunder, das noch zu besichtigen ist, und doch sind sie noch immer geheimnisumwittert und von ungelösten Rätseln umgeben. Mag sein, dass die Phantasie das, was endgültig versunken und verschwunden ist, sich prächtiger ausmalt, als es in Wirklichkeit war. Die Pyramiden jedenfalls sind ein großartiger Maßstab für die untergegangene Großartigkeit der übrigen Weltwunder. Was immer an den Pyramiden gemessen werden konnte, was man in einem Atemzug mit ihnen nannte, muss in der Tat staunenswert gewesen sein.
E IN UNLÖSBARES R ÄTSEL
    Das Kulturland
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