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Die Reisen Des Paulus

Die Reisen Des Paulus

Titel: Die Reisen Des Paulus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernle Bradford
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nach draußen wagen?
    Paulus war fast zwei Jahre im Gefängnis zu Cäsarea. Im Jahre 59 mußte Felix nach Rom zurück. Er wurde von Porci-us Festus abgelöst, und dieser mußte sich jetzt neben vielen anderen Problemen auch mit diesem ungewöhnlichen Gefangenen befassen. Drei Tage nach der Ankunft in Cäsarea und der offiziellen Amtseinführung reiste Festus nach Jerusalem. Schließlich war diese Stadt das wichtigste von den ihm anvertrauten Gebieten. Außerdem, das wußte er aus den Unterlagen, nahmen die Unruhen immer von hier ihren Ausgang. Und es gehörte zu seinen Amtspflichten, den Sanhedrin zur Lage in Judäa anzuhören. Bald erfuhr er von dem Gefangenen in seinem Palast. Anscheinend ein Revolutionär, der alle Gesetze gebrochen hatte – die römischen 337
    und die jüdischen. Festus war gut auf seine Aufgaben vorbereitet und ließ sich von niemandem zum Narren halten. Als die Juden ihn darum ersuchten, man möge den Gefangenen nach Jerusalem bringen und ihm den Prozeß machen, argwöhnte er sofort, daß sie unterwegs oder in der Stadt versuchen würden, ihn zu ermorden. Er bestand darauf, die An-kläger sollten mit ihm nach Cäsarea kommen und ihm dort den Fall vortragen. Dann werde er dafür sorgen, daß unpar-teiisch Recht gesprochen würde.
    Das Ergebnis fiel so aus, wie Paulus es vorhergesehen hatte. Die Anklagen hielten kritischer Prüfung nicht stand.
    Er hatte sich »weder an der Juden Gesetz noch an dem Tempel noch am Kaiser … versündigt«. Offenbar glaubte er an einen Toten, der aber seiner Behauptung nach lebte und obendrein der Weltheiland sei. Und mit der Welt werde es bald zu Ende gehen. Das sagte Festus sehr wenig. Jeden Tag und jede Minute ging es für jemand mit der Welt zu Ende. Männer, Frauen und Kinder starben. Immer und überall. Der Tod war die einzige Gewißheit. Alle Römer wußten das.
    Paulus kannte seine Rechte als römischer Bürger eben-so gut wie der Prokonsul. Festus fragte ihn, ob er nach Jerusalem gehen und sich dort dem Gericht stellen wolle.
    »Nein«, sagte Paulus, denn er wußte nur zu gut, daß der Prozeß nicht unbefangen und sachlich geführt werden wür-de – wenn er überhaupt lebend in Jerusalem ankam. Er tat den entscheidenden Schritt. »Ich berufe mich auf den Kaiser!« Das konnte ihm Festus nicht verwehren. Die Reise nach Rom war gesichert.
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    »Z  M …«
    Einige Tage nachdem Paulus die Erlaubnis erhalten hat-te, sich auf den Kaiser zu berufen – eins seiner unver-
    äußerlichen Rechte als römischer Bürger –, traf der Mario-nettenkönig von Judäa, Herodes Agrippa II., in Cäsarea ein, um den neuen Prokurator zu begrüßen. Er kam mit seiner Schwester Bernice, mit der er in Inzest lebte. Agrippa verdankte seine Position ausschließlich den Römern und half ihnen später bei der Belagerung und Eroberung von Jerusalem (70 n. Chr.). Er gehörte zu jenen Juden, die fast rö-
    mischer waren als die Römer. (Auch in anderen, späteren Kolonialgesellschaften kann man dieses Phänomen beobachten.) Festus war natürlich in Atem gehalten durch die Probleme, die für ihn durch diesen jüdischen Gefangenen entstanden, und bat den 32jährigen Sohn Agrippas I., ihm in diesem speziellen Fall Hilfe zu leisten. Zwar gab sich der König ganz wie ein Römer, aber schließlich war er immer noch ein Jude, der eigentlich imstande sein müßte, ihn, Festus, über einige Fragen des jüdischen Gesetzes aufzuklä-
    ren. Soweit er es beurteilen konnte, hatte der Gefangene in keiner Weise gegen das römische Gesetz verstoßen, und die Juden vom Hohen Rat hatten ihn nicht zu überzeugen vermocht, daß er dem jüdischen Gesetz zuwidergehandelt hatte. Am Tag darauf wurde Paulus vor das inzestuöse Königs-paar geführt. Anwesend waren weiterhin der Prokurator Festus und eine Reihe von Honoratioren der Stadt. Paulus war an einen Soldaten gekettet. Man wußte wohl, hier hatte man es nicht mit einem gewalttätigen Mann zu tun, son-339
    dern mit einem, der ständig Gewalt über sich ergehen lassen mußte, aber trotzdem blieb er ein Gefangener. Und die Kette war eigentlich nur symbolisch. Ein hochoffizieller An-laß »mit großem Gepränge« – der neue Prokurator, der Kö-
    nig und seine Schwester, die römischen Hauptleute und die Sklaven, die der Gesellschaft mit Pfauenfedern Kühle zufä-
    chelten. Man war gekommen, um die Ansichten eines merkwürdigen, kahlköpfigen, graubärtigen Juden über gewis-se Ereignisse zu hören, die, er

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