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Die Pensionslüge: Warum der Staat seine Zusagen für Beamte nicht einhalten kann und warum uns das alle angeht (German Edition)

Die Pensionslüge: Warum der Staat seine Zusagen für Beamte nicht einhalten kann und warum uns das alle angeht (German Edition)

Titel: Die Pensionslüge: Warum der Staat seine Zusagen für Beamte nicht einhalten kann und warum uns das alle angeht (German Edition)
Autoren: Christoph Birnbaum
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allein Sache der Politik und in ihrem Gefolge der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, zu bestimmen, dass sich die Rente von Arbeitnehmern am Lebenseinkommen bemessen muss, während das Bundesversorgungsgesetz für Beamte den »Grundsatz der Versorgung aus dem letzten Amt«   – in der Regel dem am höchsten dotierten   – vorsieht. In unseren Nachbarländern ist dies jedenfalls   – aus gutem Grund, wie wir gesehen haben   – von den Parlamenten durchaus auch anders geregelt worden. Auch in Deutschland gibt es seit Jahren entsprechende Vorschläge: 1998 zogen Bündnis 90/Die Grünen sogar mit einem höchst revolutionären Plan in den Wahlkampf. Statt die Ruhegehälter nach dem Kriterium der »standesgemäßen Lebenshaltung« festzulegen, sollten sie künftig   – bei Wahrung einer Mindestsicherung für die Angehörigen der unteren Besoldungsgruppen   – nach dem Lebenseinkommen, und zwar auf der Basis der 35 bestbelegten Jahre, berechnet werden. Mit dieser Methodekönnte man, so die Überlegung damals, endlich auch dem immer noch vielerorts praktizierten »Prinzip Oktobersonne« das Wasser abgraben. Darunter versteht man bis heute die ebenso kostspielige wie ungerechte Praxis, Amtsträger kurz vor dem Ende ihrer aktiven Dienstzeit noch zu befördern.
    Natürlich ist aus dem Reformvorschlag nichts geworden, und es wird interessant zu beobachten sein, ob die Grünen, deren Wahlerfolge in den letzten Jahren nicht unwesentlich auf den Zuspruch bei Wählern aus dem Umfeld des Öffentlichen Dienstes zurückgehen, mit einem ähnlichen Vorschlag in kommende Bundes- und Landtagswahlkämpfe ziehen werden. Wahrscheinlich nicht.
    Niemand sagt, dass eine solche Reform leicht umzusetzen wäre. Dazu bedürfte es wahrscheinlich einer Änderung des Grundgesetzes. Aber die Schuldenbremse   – eine der großen Taten der Großen Koalition   – hat gezeigt: Auch dies ist unter dem Druck leerer und überschuldeter Haushaltskassen machbar. Rechtlich hätte ein solcher Schritt Aussicht auf Erfolg: Das Bundesverfassungsgericht hat bereits in seinen letzten »Beamtenurteilen« erkennen lassen, dass Bund und Länder bei der Entlohnung von Beamten im Öffentlichen Dienst durchaus einen Ermessungsspielraum haben. So entschied das BVG im Jahr 2005, dass der Staat die Höhe der Beamtenpensionen beschneiden darf, um das Versorgungssystem insgesamt zu sichern. Zwei Jahre später   – 2007   – sprach das BVG in anderem Zusammenhang »vom überkommenen Gedanken der Einheit desÖöffentlichen Dienstes«. Der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft (GdP), Konrad Freiberg, hielt solche Aussagen für »einen Schlag ins Gesicht der Versorgungsempfänger« und sprach damals davon, die Richter hätten bewiesen, dass sie die finanziellen Interessen des Staatshaushaltes über die »berechtigten Ansprüche der Betroffenen« gestellt hätten. Richtig. Genau das ist damals geschehen und genau deswegen muss es weiterhin Beamte geben, die tatsächlich dem Staat   – unserem Staat   – dienen.

Informationen zum Buch
    Gerade die griechische Staatskrise zeigt: Ohne einen funktionierenden öffentlichen Dienst ist im wahrsten Sinne des Wortes »kein Staat« zu machen. Deshalb sollten dem Staat seine Beamten auch einiges wert sein. Besonders, wenn sie in ihrer aktiven Zeit für diesen Staat und in seinem Auftrag handeln. Heute aber ist es in Deutschland weitgehend umgekehrt: So richtig teuer kommen uns Beamte erst dann, wenn sie im Ruhestand sind.
     
    Rentner wissen schon, dass sie der Aussage der Politik »Die Rente ist sicher!« nicht mehr vertrauen können. Die Rente mit 67 war und ist Thema hitziger Auseinandersetzung. Es ist sogar schon von der Rente mit 70 oder genereller Altersfreigabe die Rede. Um die zweite Säule unseres Alterssicherungssystems, die steuerfinanzierte Beamtenversorgung, ist es ungleich stiller. Dabei geht gerade davon für die öffentlichen Haushalte eine sehr viel größere Bedrohung aus. Denn die Politik hat bisher weder durch Umlagen noch durch eine ausreichende Kapitaldeckung im Sinne einer generationengerechten Haushalts- und Finanzpolitik vorgesorgt. Im Gegenteil: Sie »verbeamtet« weiterhin großzügig, als gäbe es keine Probleme. Da sind viele andere europäische Staaten schon weiter.

Informationen zum Autor
    Christoph Birnbaum
studierte Geschichte, Politikwissenschaft und Anglistik. Er war lange als Parlamentskorrespondent für den ›Rheinischen Merkur‹ tätig, danach Verantwortlicher Redakteur
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