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Die letzte Generation

Die letzte Generation

Titel: Die letzte Generation
Autoren: Arthur C. Clarke
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Stunden.«
    Er blickte zum Himmel hinauf, als fürchte er, daß irgendein neues Wunder auftauchen werde. Aber alles war friedlich: Der Mond war untergegangen, und nur einige Wolken segelten hoch oben mit dem Westwind.
    »Es macht nicht viel aus, wenn sie mit dem Mond allerlei anstellen«, fügte Raschaverak hinzu, »aber wenn sie sich nun an die Sonne heranmachen? Wir werden natürlich hier Apparate zurücklassen, damit wir erfahren können, was hier geschieht.«
    »Ich bleibe hier«, sagte Jan unvermittelt. »Ich habe genug vom Universum gesehen. Es gibt nur eines, was mir jetzt wissenswert erscheint, nämlich das Schicksal meines eigenen Planeten.«
    Ganz leise bebte der Boden unter ihren Füßen.
    »Das habe ich erwartet«, fuhr Jan fort. »Wenn sie die Drehung des Mondes verändern, muß sich der Ausschlag irgendwo bemerkbar machen. Die Erde wird ihr Tempo also verlangsamen. Ich weiß nicht, was mich dabei mehr erregt: Wie sie es machen oder warum.«
    »Sie spielen noch immer«, sagte Raschaverak. »Was für eine Logik liegt in den Handlungen eines Kindes? Und in mancher Hinsicht ist die Einheit, zu der Ihre Rasse geworden ist, noch ein Kind. Sie ist noch nicht bereit, sich mit dem Ubergeist zu vereinen. Aber sehr bald wird sie dazu reif sein, und dann werden Sie die Erde für sich allein haben.«
    Er vollendete seinen Satz nicht, aber Jan tat es für ihn: »… Natürlich nur, wenn die Erde noch vorhanden ist.«
    »Sie sind sich über diese Gefahr klar – und doch wollen Sie hier bleiben?«
    »Ja. Ich bin jetzt seit fünf – oder sind es sechs? – Jahren wieder daheim: Was auch geschieht, ich werde mich nicht beklagen.«
    »Wir hofften«, begann Raschaverak langsam, »daß Sie den Wunsch haben würden, hier zu bleiben. Sie können hier etwas für uns tun …«
     
    Die Leuchtspur des Schiffes wurde matter und erstarb irgendwo jenseits der Bahn des Mars. Diesen Weg, dachte Jan, war von allen Milliarden Menschen, die auf der Erde gelebt hatten und hier gestorben waren, er allein entlanggefahren. Und niemand würde ihn jemals wieder fahren.
    Die Welt gehörte ihm. Alles was er brauchte, alle materiellen Besitztümer, die irgend jemand sich wünschen konnte, standen ihm zur Verfügung. Aber er hatte kein Interesse mehr daran. Er fürchtete weder die Einsamkeit des verlassenen Planeten noch diejenigen, die in den letzten Augenblicken hier verweilten, bevor sie ihre unbekannte Erbschaft antreten würden. Jan erwartete nicht, daß er und seine Probleme in dem unfaßlichen Schwall jenes Aufbruchs noch lange vorhanden sein würden.
    Das war gut. Er hatte alles getan, was er gern tun wollte, und ein zielloses Leben auf dieser leeren Welt hinzuziehen, wäre unerträglich. Er hätte mit den Overlords weggehen können, aber zu welchem Zweck? Denn er wußte, wie kein anderer je, daß Karellen recht hatte, wenn er sagte: »Die Sterne sind nicht für den Menschen.«
    Er machte kehrt und ging durch den riesigen Eingang des Overlord-Stützpunktes. Die Größe machte auf ihn gar keinen Eindruck: Das Riesenhafte hatte keine Gewalt mehr über seinen Geist. Die Lichter brannten rötlich, gespeist von Energien, die sie noch jahrhundertelang in Betrieb erhalten konnten. Zu beiden Seiten standen Maschinen, die die Overlords bei ihrem Rückzug hiergelassen hatten und deren Geheimnisse er nie erfahren würde. Er ging an ihnen vorbei und stieg unbeholfen die großen Stufen hinauf, bis er den Kontrollraum erreicht hatte.
    Hier weilte noch der Geist der Overlords: Ihre Maschinen lebten noch und führten die Befehle ihrer jetzt weit entfernten Herren aus. Jan überlegte, was er den Informationen, die sie bereits in den Raum hinausschleuderten, hinzufügen könne.
    Er stieg auf den großen Stuhl und machte es sich so bequem wie möglich. Das schon in Betrieb genommene Mikrophon wartete auf ihn. Irgend etwas wie eine Fernsehkamera mußte ihn beobachten, aber er konnte ihren Standort nicht entdecken.
    Hinter dem Pult mit seinem ausdruckslosen Armaturenbrett blickten die breiten Fenster in die sternenhelle Nacht hinaus, über ein Tal, das unter einem runden Mond schlummerte, und bis zu der fernen Kette der Berge. Ein Fluß wand sich durch das Tal, da und dort aufglitzernd, wo das Mondlicht auf eine Stelle wirbelnden Wassers traf. Es war alles so friedlich. Es mochte bei der Geburt des Menschen so gewesen sein, wie es jetzt bei seinem Ende war.
    Da draußen, hinter unbekannten Millionen Kilometern, wartete Karellen. Es war ein sonderbarer
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