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Die Leidenschaft der Wölfe (German Edition)

Die Leidenschaft der Wölfe (German Edition)

Titel: Die Leidenschaft der Wölfe (German Edition)
Autoren: Noelle Mack
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stapfte in das Zimmer, beugte sich über die schlafende Frau und sprach sie mit einem nicht unbedingt leisen Flüstern an. «Verflixt, Angelica, wach auf! Was ist, wenn die Herrin dich hier so rumliegen sieht, hä? Wach auf!»
    Sie zuckte nur und gab dem Diener im Schlaf einen recht kräftigen Schubser.
    «Sie wird doch keine Strafe bekommen, oder?», fragte Semjon.
    «Das glaube ich nicht», erwiderte Jack und wandte seine Aufmerksamkeit dann wieder der lästigen Aufgabe zu, die schlafende Schönheit auf dem Mantelhaufen zu wecken – auch wenn Semjon selbst diese Aufgabe nicht unbedingt als lästig empfunden hätte. Der Diener schaute kurz auf, als er das Geräusch eines schnippenden Fingernagels hörte, der eine Guinee in die Luft schleuderte – gerade rechtzeitig, um die Münze aufzufangen, die Semjon ihm zuwarf.
    «Passen Sie gut auf sie auf», sagte er nur.
    «Das werde ich tun. Gute Nacht, Sir. Und danke schön.» Der Diener sah Angelica wie ein liebevoller, aber zugleich auch verärgerter Bruder an, beugte sich erneut über sie und schüttelte sie bei den Schultern. «Jetzt tu endlich, was ich dir sage, und wach auf!»
    Semjon verließ den Ort genau so, wie er gekommen war. Und er war sich instinktiv sicher, dass Angelica bei Jack in Sicherheit war.

    Kurze Zeit später war Semjon im Bau des Rudels am St. James’s Square angelangt – nicht, ohne vorher allerdings noch einen kleinen Umweg über seinen Club genommen zu haben, wo er sich mit ein paar Gläsern von etwas Hochgeistigem gestärkt hatte. Dieser übermäßige Genuss sorgte allerdings dafür, dass er sich alles andere als gut fühlte. Und so steuerte er, im Haus angekommen, sofort auf die ausladende Treppe nach oben zu und wollte nichts weiter als in Ruhe und Frieden seinen Rausch ausschlafen.
    Doch der weiche Griff einer Hand hielt ihn auf, und eine sanfte Stimme fragte ihn etwas auf Russisch.
    «Natalja …», seufzte er. «Ich wollte gerade ins Bett gehen.»
    Da er ihr in Englisch geantwortet hatte, sprach auch die junge Frau ihres Hausvorstehers in dieser Sprache weiter. «Ich wollte dir nur diese Nachricht geben, Semjon.»
    Er sah hinab auf die glänzende, mit Bändern durchflochtene Zopfkrone auf ihrem Kopf. Natalja zog es vor, im Haus einen traditionell russischen Staat in all seiner bunten Pracht zu tragen. Im Freien und im Winter allerdings verbarg sie ihre Zöpfe und die hellen, bestickten Tuniken unter Hüten und Kutschermänteln.
    «Ja?»
    «Ein junger Mann war heute Abend hier und hat nach dir gefragt. Du warst auf dem Ball der Congreves …»
    «Du hast doch wohl hoffentlich nicht aller Welt erzählt, wo ich bin», mahnte er mit strenger Stimme. Das Rudel hatte strenge Geheimhaltungsregeln bezüglich ihres Verbleibs.
    «Aber natürlich nicht, Semjon», erwiderte sie ein wenig aufgebracht. «Hältst du mich denn für dumm?»
    Semjon schüttelte den Kopf und rief sich ihren seltenen Mut und ihre Geschicktheit bei der Verteidigung des Rudels in Erinnerung. «Nein. Verzeih mir, Natalja. Ich bin müde und habe zu viel getrunken …» Er verstummte, als ihm einfiel, dass er ihr gerade einen guten Grund gegeben hatte, ihm eines ihrer bitter schmeckenden Kräuter-Heilmittel gegen diese selbst beigebrachten Leiden einzuflößen.
    Er hasste das Zeug und spuckte es normalerweise sofort wieder aus, wenn sie nicht hinsah. Heute Abend allerdings schien es ihm, als hätte sie ihre häuslichen Pflichten bereits hinter sich gelassen und wollte vielleicht nur mit jemandem reden. Dazu war er auch durchaus bereit, hasste es aber, allzu sehr umsorgt zu werden.
    «Na schön, Natalja», sagte er schließlich aus reiner Höflichkeit. Ihr Mund verzog sich sofort zu einem breiten, strahlenden Lächeln, und sie eilte in die Küche, um einen Kessel für Teewasser auf den Herd zu stellen.
    Er folgte ihr in ihr Reich. Der Raum war eine Mischung aus russischer Gemütlichkeit – es gab einen riesigen Kachelofen, auf dem nachts ein Junge schlief, der jetzt allerdings nicht hier war – und modernster, englischer Küchentechnik. Das Feuer im Kamin war sorgfältig mit Asche bedeckt, aber sie stocherte in dem hohen Gluthaufen herum und legte noch ein paar frische Holzscheite auf. So dauerte es nicht lange, bis unter dem eingedellten Boden des Wasserkessels die Flammen loderten.
    Sie hatte offensichtlich gerade gebacken, denn auf einem Regal waren mehrere Brotlaibe zum Auskühlen ausgebreitet. Natalja schaute in den Kessel, goss ein wenig Wasser hinzu, nahm aus
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