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Die Kleptomanin

Die Kleptomanin

Titel: Die Kleptomanin
Autoren: Agatha Christie
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war.
    Er sagte sich: »Sie ist also verliebt und kann das nur schwer verbergen.«
    Er stellte fest, dass der junge McNabb nie zu ihr herüberblickte; er war viel zu sehr damit beschäftigt, sich mit dem lachenden rothaarigen Mädchen neben ihm zu unterhalten.
    »Das ist Sally Finch. Sie ist Amerikanerin – hat ein Fulbright-Stipendium. Daneben sitzt Genevieve Maricaud. Sie studiert Englisch, genau wie René Halle neben ihr. Das kleine blonde Mädchen ist Jean Tomlinson – sie arbeitet auch in St Catherine’s. Sie ist Physiotherapeutin. Der Schwarze ist Akibombo – er kommt aus Westafrika und ist schrecklich nett. Dann kommt Elizabeth Johnston, die ist aus Jamaika und studiert Jura. Neben uns, rechts von mir, das sind zwei türkische Studenten, die erst seit etwa einer Woche hier sind. Die können fast gar kein Englisch.«
    »Danke. Und kommen Sie alle gut miteinander aus? Oder gibt es auch gelegentlich Streit?« Sein lockerer Tonfall verbarg den Ernst seiner Frage.
    Celia sagte: »Ach, wir haben alle zu viel zu tun, um uns zu streiten – obwohl…«
    »Obwohl was, Miss Austin?«
    »Ja, also – Nigel – der rechts neben Mrs Hubbard. Der mag es irgendwie, Leute aufzustacheln und zu provozieren. Und Len Bateson lässt sich provozieren. Er wird manchmal richtig wütend. Aber in Wirklichkeit ist er ein lieber Kerl.«
    »Und Colin McNabb – wird der auch wütend?«
    »O nein. Colin zieht dann nur die Augenbrauen hoch und guckt amüsiert.«
    »Aha. Und die jungen Damen – gibt es da auch Streitigkeiten?«
    »Nein, wir kommen sehr gut miteinander aus. Genevieve, die ist manchmal etwas unbeherrscht. Ich denke, die Franzosen neigen überhaupt dazu – das heißt, ich wollte sagen – tut mir Leid…«
    Celia bot ein Bild der Verwirrung.
    »Ich bin Belgier«, sagte Poirot feierlich. Er fuhr rasch fort, bevor Celia ihre Selbstkontrolle wiedergewinnen konnte: »Was hatten Sie vorhin andeuten wollen, Miss Austin, als Sie sagten, Sie fragten sich – was fragten Sie sich?«
    Sie zerkrümelte nervös ihr Brot. »Ach nein – Unsinn – ehrlich nicht – es ist nur so, dass in letzter Zeit einige dumme Streiche passiert sind – ich dachte, dass Mrs Hubbard vielleicht – aber das war natürlich dumm von mir. Ich habe eigentlich gar nichts gedacht.«
    Poirot fasste nicht nach. Stattdessen wandte er sich Mrs Hubbard zu und war im Nu in ein Dreiecksgespräch mit ihr und Nigel Chapman verwickelt, der die provozierende Meinung vertrat, dass Verbrechen eine Art von kreativer Kunst sei – und dass die wahren Außenseiter der Gesellschaft die Polizisten seien, die diese Laufbahn nur einschlügen, um ihren heimlichen Sadismus ausleben zu können. Poirot stellte amüsiert fest, dass das ängstlich aussehende bebrillte Mädchen neben Nigel verzweifelt bemüht war, seine Bemerkungen so rasch abzumildern, wie er sie machte. Nigel seinerseits nahm absolut keine Notiz von ihr.
    Mrs Hubbard sah so aus, als ob sie sich königlich amüsierte. »Ihr jungen Leute denkt heutzutage an nichts anderes als Politik und Psychologie«, sagte sie. »Als ich ein junges Mädchen war, da waren wir viel fröhlicher. Wir haben getanzt. Wenn ihr den Teppich im Aufenthaltsraum aufrollen würdet, hättet ihr einen wunderbaren Tanzboden. Ihr könntet zur Radiomusik tanzen, aber das tut ihr nie.«
    Celia lachte und sagte mit einer Spur Boshaftigkeit: »Aber du hast früher getanzt, Nigel. Ich habe selbst einmal mit dir getanzt, obwohl du dich daran wahrscheinlich nicht mehr erinnern wirst.«
    »Du hast mit mir getanzt«, sagte Nigel ungläubig. »Wo soll das gewesen sein?«
    »In Cambridge – in der ›May Week‹.«
    »Ach, die ›May Week‹!« Nigel wischte diese Torheiten der Jugend mit einer Handbewegung vom Tisch. »Die Adoleszenz, das ist so eine Entwicklungsphase, die man durchmacht. Zum Glück dauert sie nicht lange.«
    Nigel war ganz sicher nicht älter als fünfundzwanzig. Poirot verbarg ein Lächeln hinter seinem Schnurrbart.
    Patricia Lane sagte ernsthaft: »Wissen Sie, Mrs Hubbard, wir müssen so viel studieren. All die Vorlesungen und Übungen und die ganzen Aufzeichnungen, die wir hinterher ausarbeiten müssen. Da bleibt nicht viel Zeit übrig für Dinge, die nicht wirklich wichtig sind.«
    »Aber vergessen Sie nicht: Man ist nur ein Mal jung«, sagte Mrs Hubbard.
    Auf die Spaghetti folgte ein Schokoladenpudding, und anschließend gingen alle in den Gemeinschaftsraum und bedienten sich aus einer großen Kaffeekanne, die auf einem Nebentisch
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