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Die Gerechten

Die Gerechten

Titel: Die Gerechten
Autoren: Bourne
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wunderschöne langstielige, pinkfarbene Rose. Die konnte er nicht einfach irgendwo gepflückt haben; er musste sie gekauft haben. Und selbst wenn er sie geklaut hatte, macht das nichts. Er reicht Marie die Rose und sagt: ›Die ist für Sie, zur Erinnerung an Ihren Mann.‹
    Na, Marie ist einfach sprachlos. Sie nimmt die Rose, krächzt ein Dankeschön und verschwindet auf der Toilette, um sich die Augen auszuweinen. Und allen, die es mit ansehen, Schwestern, Pfleger, zerreißt es das Herz. Ich komme heraus und finde das gesamte Team in heller Auflösung. Und mittendrin steht dieser kleine Junge – und plötzlich sieht er genau so aus: wie ein kleiner Junge – und weiß nicht genau, was er da getan hat. Und das überzeugt mich davon, dass es echt war. Er sieht nicht selbstzufrieden aus wie jemand, der sich ausgerechnet hat: ›Hey, das wird mir ein paar Sympathien einbringen^ Er sieht nur ein bisschen verdattert aus.
    Bis zu diesem Augenblick hatte ich den Jungen als kleinen Gangster gesehen. Ich weiß, ich weiß – zumindest ich sollte inzwischen über solche ›Schubladen‹ hinaus sein.« Sie malte die Anführungsstriche um das Wort Schubladen in die Luft, zweifellos als Parodie auf die Leute, die diese Geste dauernd machten. »Aber wenn ich ehrlich bin, ich hatte ihn als eine fiese kleine Ratte betrachtet. Ich konnte ihn nicht leiden. Und dann macht er diese kleine Geste, die einfach so wundervoll ist. Weißt du, was ich meine? Eine ganz einfache, gute Tat.«
    Sie schwieg. Will wollte nichts sagen; er wartete ab, ob noch mehr kam. Schließlich brach Beth das Schweigen. »Ich weiß nicht«, sagte sie, und ihr »Wie auch immer«-Ton ließ erkennen, dass die Episode vorüber war.
    Sie unterhielten sich noch eine Weile über das, was sie beide im Laufe des Tages erlebt hatten. Ein paar Mal beugte er sich über den Tisch, um sie zu küssen, und jedes Mal hoffte er, dass die sanfte Zungenliebkosung sich wiederholen würde. Aber sie verweigerte sich. Als sie sich vorbeugte, sah er ein Stück ihres Rückens und den Rand ihrer Unterwäsche über dem Bund ihrer Jeans. Er liebte es, Beth nackt zu sehen, aber der Anblick ihrer Unterwäsche trieb ihn zur Raserei.
    »Die Rechnung bitte!«, sagte er und konnte es nicht erwarten, mit ihr nach Hause zu kommen. Beim Hinausgehen schob er die Hand unter ihr T-Shirt, strich über die glatte Haut ihres Rückens und ließ die Hand südwärts unter ihre Jeans wandern. Als sie auf dem Gehweg waren, umfasste er schon ihr Gesäß. Sie ließ ihn gewähren. Er wusste nicht, dass er dieses Gefühl an seiner Hand und in seinem Kopf noch tausendmal heraufbeschwören würde, ehe die Woche vorüber wäre.

4
    BROOKLYN, SAMSTAG, 8 UHR
    Sie hören die Weekend Edition. Die Schlagzeilen heute Morgen: Hoffnung für Hauseigentümer, nachdem die Bundesbank den Zinssatz um einen Viertelprozentpunkt angehoben hat. Der Gouverneur von Florida erklärt einen Teil des Staates zum Katastrophengebiet, nachdem Hurrikan Alfred abgezogen ist. Und schließlich: Ein Skandal nach britischer Art. Aber zuerst -weitere Nachrichten …
    Es war acht Uhr, und Will war noch kaum bei Bewusstsein. Sie waren erst kurz vor drei eingeschlafen. Ohne die Augen zu öffnen, streckte er den Arm nach seiner Frau aus. Aber wie er es erwartet hatte, fand er sie nicht. Beth war schon weg; an jedem vierten Samstag im Monat tat sie Wochenenddienst in der Klinik, und heute war Samstag. Die Energie der Frau war unglaublich. Und er wusste, die Kinder und ihre Eltern dort würden nicht ahnen, dass die Psychiaterin, die sie behandelte, nur auf einem Zylinder lief. Wenn sie mit ihnen beschäftigt war, schien der Motor mit voller Kraft zu laufen.
    Will wälzte sich aus dem Bett und ging zum Frühstückstisch. Er wollte nichts essen, er wollte die Zeitung sehen. Beth hatte ihm einen Zettel hingelegt – »Klasse Story, Süßer. Großer Tag heute, lass uns einen schönen Abend machen« – aber sie hatte auch den Lokalteil auf der richtigen Seite aufgeschlagen. B3. Hätte schlimmer sein können, dachte Will. »Mord in Brownsville – Hintergrund Prostitution?«, lautete die Schlagzeile über dem knappen Dutzend Absätze. Und darunter stand sein Name. Als er angefangen hatte, als Journalist zu arbeiten, hatte er eine Entscheidung treffen müssen; genau genommen hatte er sie schon in Oxford getroffen, als er für den Cherwell, die Studentenzeitung, geschrieben hatte. Sollte er seine Artikel als »William Monroe Jr.« oder einfach als »Will
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