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Die Geliebte des Normannen

Die Geliebte des Normannen

Titel: Die Geliebte des Normannen
Autoren: Brenda Joyce
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kräftigen. Und sie plante ihre Flucht.
    Sie würde fliehen. Das stand außer Frage. Nie war Marys Entschlossenheit größer gewesen.
    Sie hatte ausfindig gemacht, dass Stephen über ihren Aufenthaltsort nicht informiert war; Duncan hatte ihr gesagt, er habe keine Eile damit, ihn diesbezüglich zu unterrichten. Seine Belustigung dabei war mehr als deutlich gewesen. Dafür hasste Mary ihn noch mehr, denn es war klar, dass er Freude daran hatte, ihren Gemahl zu quälen. Stephen war sicher sehr besorgt um sie und sehnte sich danach, zu erfahren, dass sie wohlauf war. Doch Duncan dachte zumindest vorerst nicht daran, ihm eine Nachricht zukommen zu lassen.
    Aber selbst wenn Stephen über ihren Aufenthalt Bescheid wusste, war es zweifelhaft, ob er sie freibekommen würde. Mary ging nicht davon aus, dass Duncan gelogen hatte, als er ihr sagte, dass der König nicht auf ihrer Seite stehe und er mit dessen Einverständnis gehandelt habe. Sie erinnerte sich nur zu gut und mit Schaudern an ihre letzte Begegnung mit Rufus; er hatte sie mit unverhülltem Hass angestarrt.
    Vielleicht bestand eine geringe Chance, dass Rolfe und Stephen Rufus überreden konnten, Duncan zu befehlen, sie freizulassen, doch das reichte Mary nicht. Sie hatte nicht den geringsten Zweifel daran, dass sie in diesem Fall gezwungen würde, ihr Kind als Faustpfand für Stephens fortgesetzte Unterstützung Duncans zurückzulassen, ebenso wie Malcolm seinerzeit Duncan dem Eroberer hatte überlassen müssen. Kinder wurden ständig als Geiseln missbraucht. Doch die Vorstellung, ihr Baby im Stich zu lassen, war so entsetzlich wie der Tod selbst.
    Diese Vorstellung war ein Grund mehr, die Flucht zu wagen. Und zwar sofort, noch bevor das Kind geboren wurde.
    Mary war keine Närrin. Sie wusste, dass ihr Zustand eine Flucht nicht gerade erleichtern würde. Aber mit einem Neugeborenen würde es noch weitaus schwieriger, wenn nicht schlechterdings unmöglich sein. Sie wusste auch, dass sie damit ihr Leben und das des Kindes aufs Spiel setzte. Doch sie war entschlossen, sie beide unbeschadet durch dieses Martyrium zu bringen. Mary glaubte daran, dass ihre felsenfeste Entschlossenheit und ihre Liebe zu ihrem Kind und ihrem Gemahl ihr helfen würden. Nichts und niemand konnte sie davon abhalten, wieder mit Stephen zusammenzusein, ihr Kind in seinem Beisein zu gebären und es mit ihm zusammen aufzuziehen.
    Mary musste nicht erst planen. Sie war in Edinburgh groß geworden, und sie kannte jede Ecke und jeden Winkel der Burg besser als irgendjemand sonst, vielleicht mit Ausnahme ihrer Brüder. Duncan, ein Fremder in seinem neuen Zuhause, und seine Soldaten, von denen die Hälfte normannische Söldner waren, konnten nichts über die Geheimnisse der Burg wissen. Typisch für Bauwerke dieser Art war, dass sie im Hinblick auf eine mögliche feindliche Belagerung errichtet wurden. So gab es unter anderem eine Geheimtür zu einem Tunnel, durch den sich die Bewohner unter den Ringmauern hindurch in Sicherheit bringen konnten.
    Mary wartete eine Woche. In der achten Nacht nach ihrer Ankunft in Edinburgh wusste sie, dass die Zeit gekommen war. Sie wurde allmählich unbeholfen und watschelte schon fast mehr als sie ging, aber ihre Kraft war so weit als mög lich wiederhergestellt. Sie konnte nur beten, dass ihr Bauch sie in dieser Nacht nicht zu langsam machen würde.
    Vor ihrem Gemach war keine Wache postiert. Offenbar glaubte niemand daran, dass eine Frau in ihren Umständen einen Fluchtversuch unternehmen würde. Allerdings schlief ihre Magd auf einem Lager im Flur, nicht weit von Marys Tür entfernt. Mary wollte ihr auf keinen Fall etwas zuleide tun; die alte Frau war immer nett zu ihr gewesen. Stattdessen rief sie laut nach ihr, sobald im Saal endlich alles still und sie sicher war, dass Duncan sich mit seiner neuesten Liebschaft vergnügte. Als Eiric zu ihr geeilt kam, gab sich Mary reumütig.
    »Es tut mir leid, Eiric, ich weiß, es ist spät, aber ich kann nicht schlafen. Ich fürchte, das Baby will immer noch wachsen, denn ich habe einen Bärenhunger! Bitte, bring mir aus der Küche Rinderbrühe, warmes Brot, eine Lammpastete und etwas von dem Lachs, den wir heute Mittag gegessen haben.«
    Eiric blieb der Mund offen stehen.
    »Mylady, Ihr werdet krank!«
    »Ich habe Hunger«, beharrte Mary. »Geh, Eiric, aber sieh zu, dass der Lachs gut aufgewärmt ist, denn wenn ich kalten Fisch esse, wird mir bestimmt übel.«
    Eiric ging ohne einen weiteren Protest. Einen Moment lang war
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