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Die ewige Straße

Die ewige Straße

Titel: Die ewige Straße
Autoren: Jack McDevitt
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keine Garantien, das solltest du selbst am besten wissen.«
    Es war ein schöner Sommertag, viel zu warm für die Jahreszeit.
    Sie ritten gemächlich zur Flußstraße hinunter und wandten sich dann nach Norden. »Er kam zurück«, sagte Raney. »Der Mann, der für die Expedition verantwortlich war, kehrte als einziger Überlebender zurück.« Er schüttelte den Kopf. »Wenn ich die Verantwortung zu tragen gehabt hätte, ich wäre dort draußen geblieben.«
    Sie zuckte die Schultern.
    »Vielleicht. Aber welchen Sinn hätte das gehabt?«
    Unter ihnen glitzerte der Fluß. Sie unterhielten sich über Belanglosigkeiten. Nach einer Weile ließen sie die Straße hinter sich und galoppierten den Hang zu Chakas Villa hinauf, die auf einem Hügelkamm stand. Chakas Großvater hatte das Haus gebaut und es ihrem zweiten Bruder Sauk vermacht, der es seinerseits Chaka geschenkt hatte als Gegenleistung für ihr Einverständnis, die beiden jüngeren Schwestern aufzuziehen. Inzwischen war Lyra erwachsen und ausgezogen, und Carin würde aller Wahrscheinlichkeit nach im Frühjahr heiraten.
    Raney blickte sie prüfend von der Seite her an. »Ist alles in Ordnung?« fragte er. »Du wirkst so geistesabwesend.«
    »Mir fehlt nichts.« Sie lächelte, während sie an der Hecke entlang auf das Grundstück ritten. »Ich habe etwas, das ich dir zeigen möchte.«
    Er trug das Paket ins Haus, und sie öffnete es. Als er das Buch sah, runzelte er nachdenklich die Stirn. »Was ist das?«
    »Mark Twain. Eins seiner verschollenen Werke.«
    »Er war ein Schreiber der Straßenbauer!«
    »Genau.«
    »Woher hast du es?«
    »Geerbt, Raney. Karik hat es mir vermacht.«
    »Merkwürdig. Schließlich warst du ihm völlig fremd. Warum?«
    Sie meinte, einen mißtrauischen Unterton in seiner Stimme zu hören. »Ich weiß es nicht.«
    »Was glaubst du, wieviel es wert ist?«
    »Eine ganze Menge. Aber das spielt keine Rolle.«
    »Warum nicht?«
    »Weil ich nicht beabsichtige, es zu verkaufen.«
    »Du willst es nicht verkaufen?« Er starrte auf eine aufgeschlagene Seite. »Was willst du denn damit anfangen?«
    Was sollte diese Frage nun schon wieder? »Raney, das ist ein Mark Twain !«
    Er schüttelte den Kopf. »Es ist dein Buch, Liebste. Aber ich würde es bei der ersten Gelegenheit abstoßen.«

Kapitel 2
     
     
    Die Illyrer wußten, daß die Welt rund war, obwohl es in den unteren Klassen diesbezüglich einige Skepsis gab. Sie wußten, daß Infektionen durch winzige Lebewesen hervorgerufen wurden, die unsichtbar klein waren. Sie wußten, daß der Wechsel zwischen Tag und Nacht aus der Bewegung der Welt und nicht der Sonne resultierte, und daß der Mississippi durch ein Land voller gigantischer Ruinen strömte und in einen Golf mündete, dessen Wasser sich bis zum Horizont erstreckten. Sie wußten, daß Wirbelstürme die Folge natürlicher Ereignisse waren und nicht durch göttliche Wesen hervorgerufen wurden, obwohl diese Ansicht – weil niemand erklären konnte, warum das so war – von Generation zu Generation schwächer vertreten wurde.
    Die Illyrer wußten, daß vor ihnen eine gewaltige Zivilisation in ihrem Land gelebt hatte. Wie gewaltig diese Zivilisation gewesen war, blieb ein Objekt der Spekulation: Weder die Illyrer noch ihre Nachbarn im Tal des Mississippi reisten je viel weiter als bis zu den letzten Außenposten der Liga. Sie waren nicht sehr zahlreich und daher noch auf viele Jahre hinaus nicht gezwungen, sich in die gefährliche und rauhe Wildnis auszubreiten. Die Schiffahrt war eingeschränkt: Ohne motorisierte Schiffe kam man nicht so leicht flußaufwärts, und flußabwärts war das Fortkommen wegen eingestürzter Brücken und anderer Trümmer an manchen Stellen schwierig und an anderen völlig unmöglich.
    An der Mündung des Mississippi, wo das Wasser in das südliche Meer strömte, hatte einst eine gewaltige Metropole gestanden. Wie das möglich gewesen war angesichts der Tatsache, daß die gesamte Gegend aus Sumpfland bestand, blieb allen ein Rätsel. Silas und ein paar andere Gelehrte vermuteten, daß die Sümpfe erst in jüngerer Zeit entstanden waren und in der Straßenbauerepoche noch nicht existiert hatten. Wie dem auch sein mochte, die Ruinen waren da. Und wie Memphis hatte auch diese Stadt gebrannt.
    Sechs Jahre nach Kariks unglücklicher Expedition hatten sich die Illyrer mit den vier anderen Städten im Flußtal zusammengeschlossen und die Mississippi-Liga gegründet, deren ausdrückliches Ziel es war, einen direkten Zugang zum
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