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Die Bibliothek der Schatten Roman

Die Bibliothek der Schatten Roman

Titel: Die Bibliothek der Schatten Roman
Autoren: Mikkel Birkegaard
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wieder. Den folgenden Wortwechsel konnte sie nicht hören, aber Jon war offensichtlich aufgewühlt, wenn auch außer Stande aufzustehen. Der Rothaarige ging neben ihm in die Hocke, doch Jon wich vor ihm zurück und sah sich hilfesuchend um.
    »Ein Buch«, sagte Katherina. »Er braucht ein Buch.«
    »Was für eins?«, fragte Muhammed.
    »Egal«, antwortete sie. »Besorg einfach irgendein Buch, ich versuche unterdessen, seine Aufmerksamkeit zu erregen.«
    Muhammed verschwand.
    »Jon!«, rief Katherina, so laut sie konnte. »Hier bin ich!«
    Jon sah sich verwirrt um. Der Rothaarige stand auf und suchte mit den Augen hastig die oberen Stockwerke ab.
    »Hier oben!«, rief sie und fuchtelte mit den Armen.
    Endlich hob Jon den Blick und sah sie. Obgleich die Entfernung ziemlich groß und die Beleuchtung schlecht war, konnte sie sehen, dass er sie wiedererkannte. Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Der Rothaarige stemmte die Hände in die Seiten, und diesen Moment der Unaufmerksamkeit nutzte Jon, um ihn an den Knöcheln zu packen und ihm die Füße wegzuziehen. Der Rothaarige kippte wie ein gefällter Baum hintenüber. Jon robbte weg, so schnell er konnte. Wieso stand er nicht auf?
    Muhammed kam mit einem Buch zurück.
    »Hier«, sagte er. »Das Erstbeste, was ich finden konnte.«
    Katherina nahm es in die Hand und rief erneut Jons Namen.
    Er drehte sich um und sah sie mit dem Buch winken. Er nickte eifrig, und sie warf ihm das Buch zu. Es landete ein paar Meter von ihm entfernt, und er schleppte sich mühsam dorthin. Inzwischen war der Rothaarige wieder auf die Beine gekommen.
     
    Es war der Zorn, der Jon bei Bewusstsein hielt. Er hatte keine Kraft mehr, und jede Bewegung kostete ihn eine wahnsinnige Anstrengung. Der Schmerz in seinem Fuß machte es nicht leichter, aber immerhin trug er dazu bei, ihn wachzuhalten.
    Der Anblick von Patrick Vedel, Lucas Mörder, ließ ihn die Zähne zusammenbeißen. Er wäre am liebsten auf der Stelle über ihn hergefallen, aber mit seinem gebrochenem Knöchel hatte er wenig Chancen, also riss er sich zusammen.
    »Was geht hier vor?«, fragte Patrick Vedel und hockte sich neben Jon.
    »Ihr Chef hat den Verstand verloren«, antwortete Jon verbissen. Patrick Vedels Nähe verursachte ihm geradezu physische
Übelkeit. Er sah sich um. Es gab in seiner Reichweite nichts, womit er sich hätte verteidigen können.
    Patrick Vedels Blick flackerte.
    »Remer weiß, was er tut«, sagte er. »Er tut das Beste für den Orden.«
    »Er ist dabei, den Orden auszulöschen «, fauchte Jon. »Sehen Sie das denn nicht? Er ist zu weit gegangen.«
    Der Rothaarige schüttelte den Kopf.
    »Nein, der Orden ist sein Leben. Unser Leben.« Er starrte bewundernd auf seinen Anführer. »Er würde alles tun, um ihn zu erhalten.«
    »Ja, dafür geht er sogar über Leichen«, bemerkte Jon sarkastisch.
    Patrick Vedel sah ihn eindringlich an.
    »Was bedeutet schon das Leben eines alten Buchhändlers verglichen mit dem, was hier passiert?«, fragte Jon bitter, ohne ihn aus den Augen zu lassen. Er sah, dass der Mann zu ergründen versuchte, ob Jon die ganze Wahrheit kannte.
    Der Rothaarige schlug den Blick nieder.
    »Das war unumgänglich«, sagte er.
    »Sie sind zu weit gegangen«, sagte Jon. »So wie jetzt auch. Was glauben Sie, an wen Remer in diesem Augenblick denkt - an sich oder an den Orden? Ich habe ihn gesehen, da, wo er jetzt ist. Ich kenne die Antwort.«
    Patrick Vedel biss die Zähne zusammen.
    »Er würde niemals…«
    »Jon!«
    Jon erkannte Katherinas Stimme und sah sich um. Patrick Vedel richtete sich auf und tat das Gleiche.
    Sie rief erneut seinen Namen, und diesmal bekam er mit, dass die Stimme von oben kam. Als er sie ein Stockwerk höher auf der Galerie entdeckte, durchrieselte ihn große Erleichterung.
    »Dieses Miststück!«, rief Patrick Vedel erbost.

    Jons Wut flammte wieder auf und verlieh ihm neue Kräfte. Er streckte den Arm aus, packte Patrick Vedel an den Fußknöcheln und zog ihm erneut die Beine unterm Leib weg.
    Jon schleppte sich von dem rothaarigen Mann weg, so schnell er konnte. Nach fünf, sechs Metern hörte er erneut Katherinas Stimme. Sie winkte mit einem Buch. Aus dem Augenwinkel sah er, dass Patrick Vedel sich erhoben hatte und ihm folgte.
    Das Buch landete wenige Meter von Jon entfernt auf dem Boden. Er schleppte sich mit letzter Kraft dorthin, während Patrick Vedel näher kam. Jon schlug das dünne, ledergebundene Buch mit fahrigen Fingern auf. Er hatte noch eine
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