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Der verhängnisvolle Urlaub

Der verhängnisvolle Urlaub

Titel: Der verhängnisvolle Urlaub
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sagte Paul Fabrici zum Präsidenten, nachdem das Geschäftliche erledigt war, »was machst du sonst?«
    Bock seufzte.
    »Du siehst es ja, Paul – nur Arbeit. Vor dir waren heute schon zehn oder zwölf bei mir.«
    »Verzähl dich nicht«, lachte Fabrici.
    »Im Ernst, Paul, mich entlastet ja keiner. Was glaubst du, was allein die Einarbeitung unseres neuen Syndikus für mich bedeutet?«
    »Ein neuer?«
    »Weißt du das noch nicht? Es stand in der Zeit …«
    Jemand klopfte an die Tür und wurde vom Präsidenten aufgefordert, einzutreten.
    »Da ist er ja, Paul«, sagte der Präsident, auf den relativ jungen Mann zeigend, der über die Schwelle trat.
    Der neue Syndikus.
    »Darf ich die Herren miteinander bekanntmachen?« fuhr Bock fort. »Herr Fabrici – Herr Doktor …«
    Der Name, den Bock in seinen Bart murmelte, blieb Paul unverständlich, was ihm jedoch gleichgültig war. So etwas passiert ja oft bei Vorstellungen, und es fällt auch nicht ins Gewicht, wenn, wie hier auch wieder, ein Titel Gelegenheit bietet, sich damit zu begnügen.
    »Freut mich, Herr Doktor«, sagte Paul, die Hand dem anderen schüttelnd, der erwiderte: »Ganz meinerseits, Herr Fabrici, wirklich ganz meinerseits.«
    Ungewöhnlich daran erschien dieses ›wirklich ganz meinerseits‹. Paul fand es ein bißchen übertrieben, führte es aber auf das Bestreben des Neuen zurück, sich bei jedem hier einen guten Start zu verschaffen.
    »Was gibt's?« fragte der Präsident seinen Untergebenen.
    »Die Besprechung morgen vormittag mit den Notaren scheint zu platzen. Herr Hahn hat angerufen.«
    »Mist!«
    »Was soll ich machen, wenn ein neuer Termin notwendig werden sollte?«
    »Verfügen Sie nach Ihrem Gutdünken. Ich gebe Ihnen freie Hand.«
    »Gut.«
    Andeutung einer Verbeugung, die mehr Fabrici galt als dem Präsidenten. Die Tür klappte. Paul und Bock waren wieder unter sich.
    »Macht keinen schlechten Eindruck«, meinte Paul.
    »Und wenn er sich noch so gut entpuppen sollte«, relativierte der Präsident Pauls Urteil, »die Hauptsache bleibt immer an mir hängen, Paul.«
    »Das ist klar, Willem«, grinste Fabrici.
    »Zur Erholung würde ich gern wieder mal ein junges Rebhuhn verspeisen.«
    »Oder einen Fasan?«
    »Und warum tust du's nicht?«
    »Weißt du«, sagte der Präsident mit einer Miene, in der Abscheu lag, »in den Gasthäusern erlebst du da nur Enttäuschungen. Die setzen dir Exemplare vor, an denen du dir dein Gebiß ruinieren kannst.«
    »Und wenn du wieder mal zu uns kämst?«
    »Aber Paul«, wehrte der Präsident mit ausgestreckten Händen ab, »so habe ich das nicht gemeint. Wann wäre das?«
    »In dieser Woche nicht mehr, ich muß nach München. Aber in der nächsten. Den Tag sage ich dir noch am Telefon. Es kommt darauf an, wann meine Frau das Geeignete organisieren kann.«
    »Gut«, nickte der Präsident und fügte lebhaft hinzu: »Wenn du nach München mußt, kann ich dir in diesem Zusammenhang gleich einen guten Tip geben: Geh über den Viktualienmarkt.«
    »Viktualienmarkt?«
    »Kennst du den nicht?«
    »Nein.«
    »Etwas Einmaliges, sage ich dir. Der größte Markt Europas in seiner Art. Dort findest du Rebhühner und Fasane, die hältst du nicht für möglich.«
    Versehen mit dieser Information, flog Paul Fabrici am nächsten Tag nach München. Der eigentliche Anlaß war aber ein anderer.
    Paul wollte sich in einem Gestüt an der Isar nach einem eigenen Reitpferd für Karin umsehen. Nie vorher wäre ihm so etwas in den Sinn gekommen. Jetzt aber hatte sich Paul Fabrici gebeugt, als seine Frau zu ihm gesagt hatte: »Kauf ihr doch ein eigenes Pferd. Vielleicht trägt das zu ihrem Vergessen bei.«
    Acht Tage später stieg die Einladung, und beinahe wäre alles schiefgegangen. Anlaß dazu bot freilich am wenigsten die Küche im Hause Fabrici. Emilie, die sauerländische Köchin, blieb, wie immer, völlig ruhig und gelassen, nahm die nicht abreißende Kette von Befehlen, Anordnungen, Empfehlungen Mimmis entgegen, dachte keinen Augenblick daran, auch nur ein Wort davon zu befolgen, und machte ihre eigene Routine zur Grundlage des Betriebes. Im Backrohr brutzelten zwei Fasane – ein ganzer für Willibald Bock, zwei Hälften für Mimmi und Paul Fabrici. So war die Planung.
    Als Beilagen waren Kartoffelkroketten und Ananaskraut in der Vorbereitung. Kastanienpüree, das Übliche zu Fasan, durfte bei Fabricis nicht auf den Tisch kommen; Paul lehnte das Zeug schärfstens ab.
    Die Vögel stammten tatsächlich vom Münchner Viktualienmarkt.
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