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Der Poliziotto tappt im Dunkeln (German Edition)

Der Poliziotto tappt im Dunkeln (German Edition)

Titel: Der Poliziotto tappt im Dunkeln (German Edition)
Autoren: Uli T. Swidler
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Barista der Bar Federico, für ihn erst mal im Internet recherchieren müssen, bevor er damit etwas anfangen konnte. Dann allerdings sehr viel, die Beruhigungstechnik funktionierte bestens, und wenn so wie jetzt drei Espressotassen in perfekten Bögen vor ihm durch die Luft flogen, fühlte er sich gleich besser. Roberto visierte die vierte Tasse an. Vier Tassen waren kalmierender als drei.
    «Ich glaube, der Große ist tot.»
    Oha. Vorsichtshalber ließ Roberto das mit der vierten Tasse erst einmal sein. Seit er letzten Sommer die arme Carmela Tozzi tot in der Zisterne unter dem Palazzo Ducale gefunden hatte und den Fall im Alleingang hatte lösen müssen – gut, nicht ganz, Malpomena Del Vecchio, Medizinstudentin im mittlerweile 20. Semester, hatte auch einiges dazu beigetragen, so wie durchaus auch ihre Schwester Antonia Del Vecchio, die Sovrintendentessa per i Beni Artistici e Storici delle Marche und Chefin des Palazzo Ducale, und wenn er ehrlich war, auch Toto Scaglioni, ja, sogar sein missratener cugino Osvaldo, den alle nur camoscino nannten, das Gämslein – jedenfalls machte ihn das Wörtchen ‹tot› seit dem Fall Carmela Tozzi furchtbar nervös.
    «Das Wesen ist am Palazzo Ducale vorbei. Ich bin ihm gefolgt. Am Teatro Sanzio die Treppe hinunter, ins jüdische Ghetto. Dann ist es in der Synagoge verschwunden.»
    «Wesen? Was für ein Wesen?» Die unästhetischen Würgegeräusche, die Franco inzwischen von sich gab, machten es Roberto noch schwerer, sich weiter zu kalmieren.
    «Eine Kreatur aus Lehm», stieß Franco schaudernd hervor und bekreuzigte sich gleich mehrmals.
    Plötzlich ging gar nichts mehr, die drei Tassen stürzten auf den Boden aus gebrannten mattoni , zwei zersplitterten, während die dritte unversehrt unter den Schreibtisch rollte. Wütend sprang Roberto auf.
    «Eine was?»
    Franco hatte Mühe, seine in einem irren Tempo herumflitzenden Augen wenigstens einigermaßen still zu halten. «Ein aus Lehm erschaffener Mensch.»
    Eine lange Pause breitete sich aus. Roberto nutzte sie, um sich wieder hinzusetzen, seine Beine auf den Schreibtisch zu legen, zum Telefon zu greifen und Pretoro Galdronis Privatnummer zu wählen. Pretoro war der letzte der vormals drei commissari im Büro der Polizia di Stato in Urbino, nachdem Babini pensioniert und Primo Marzotti von einer privaten Sicherheitsfirma in Mailand abgeworben worden war, die ihm monatlich mehr als das Doppelte zahlte. Während es klingelte, klaubte Roberto eine Prise Friedhofserde aus seiner Hosentasche und pfefferte sie Franco mitten ins Gesicht. Frische Friedhofserde war einer der besten Abwehrzauber gegen jede Art von bösen Geistern.
    «Wieso hast du das getan?», fragte Franco, während er sich die Erde aus den Augen pulte.
    «Weil du gerade dabei bist, mir eine fette Portion Unglück zu bringen, und wenn es etwas gibt, was ich überhaupt nicht gebrauchen kann, dann Unglück. Und weißt du auch, warum?» Galdroni hob immer noch nicht ab.
    «Ich bin dem Wesen begegnet, nicht du», maulte Franco, während er ein Erdkörnchen genauer untersuchte. Handelte es sich um mineralische Erde oder etwa um Reste einer Leiche?
    «Ich brauche kein Unglück mehr, weil mir bereits ein sadistischer Chef im Nacken sitzt. Weil ich in diesen Nachtschichten vor Langeweile dem Tod näher bin als dem Leben. Und weil ich in», ein Blick auf die Kuckucksuhr, die sein Chef Cottelli vor zwei Jahren aus einem total verregneten Urlaub im Schwarzwald mitgebracht hatte, «drei Stunden meine Oliven zur Mühle bringen muss, damit sie nicht oxidieren, was die Qualität meines Olivenöls ruinieren würde.»
    Franco betrachtete das Erdkörnchen jetzt mit unendlicher Hingabe und einem entrückten Lächeln. Sein Verhalten war wirklich sehr sprunghaft.
    «Franco?» Roberto wedelte mit einer Hand vor dessen Gesicht herum. Keine Reaktion. Waren das erste Anzeichen von Irrsinn? «Ist dir nicht gut? Hast du –»
    «Pretoro Galdroni hier, porca madosca !», kratzte die Stimme des commissario aus Robertos Handy.
    « Ou , Galdroni. Roberto Rossi. Wir haben einen Toten. In der Via dei Fornaci. Du musst sofort kommen.»
    «Wer soll denn der Tote sein?» Galdroni brüllte, als müsste er eine Demo der letzten und entsprechend trotzigen Kommunisten alleine mit der Kraft seiner Stimme stoppen. Im Hintergrund waren merkwürdige, irgendwie unanständige Laute zu hören.
    «Keine Ahnung. Ich weiß noch nicht mal, ob er wirklich tot ist. Wir haben hier einen Zeugen. Franco
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