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Der Frauenkrieg (German Edition)

Der Frauenkrieg (German Edition)

Titel: Der Frauenkrieg (German Edition)
Autoren: Alexandre Dumas (der Ältere)
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Augen, deren durchsichtige Hornhaut in allen Regenbogenfarben, in allen Lichtern und Funken spielte, wie die der Katzen. Heiteren Angesichts, scheinbar lachend, war Nanon doch weit entfernt, ihren Geist allen Launen, allen Nichtswürdigkeiten hinzugeben, die mit tollen Arabesken den seidenen und goldenen Einschlag sticken, aus dem gewöhnlich das Leben einer Petite-Maitresse sich zusammenwebt. Reiflich und lange in ihrem eigensinnigen Kopf abgewogen, nahmen im Gegenteil die ernsthaftesten Erörterungen ein im höchsten Grad verführerisches Äußere an, wenn sie sich durch ihre vibrierende Stimme mit dem stark gascognischen Akzent vernehmbar machten. Niemand hätte unter dieser rosigen Maske mit den seinen, lachenden Zügen, unter diesem glühenden Blicke voll wollüstiger Versprechungen die unermüdliche Beharrlichkeit, die unüberwindliche Standhaftigkeit und Tiefe des Staatsmannes erraten, und dennoch waren Nanons Eigenschaften oder Fehler, je nachdem man sie von der Vorderseite oder von der Rückseite der Medaille betrachten will, dennoch war dies der berechnende Geist, das ehrgeizige Gemüt, dem ein Körper voll Eleganz als Hülle diente.
    Nanon war von Agen. Der Herzog von Epernon, der Sohn des unzertrennlichen Freundes von Heinrich IV., hatte, zum Gouverneur der Guienne ernannt, wo sein hochmütiges Wesen, seine Anmaßungen und seine Erpressungen ihn allgemein verhaßt machten, dieses unbedeutende Bürgermädchen, die Tochter eines einfachen Advokaten, ausgezeichnet. Er machte, ihr den Hof und siegte mit großer Mühe und nach einer Verteidigung, die mit der Geschicklichkeit eines großen Taktikers ausgehalten wurde, der seinen Sieger den Preis des Sieges fühlen lassen will. Aber als Lösegeld für ihren nun verlorenen Ruf beraubte Nanon den Herzog seiner Macht und seiner Freiheit. Nach einer sechsmonatlichen Verbindung mit dem Gouverneur der Guienne regierte sie die schöne Provinz und gab allen, die sie einst verletzt oder gedemütigt hatten, die empfangenen Beleidigungen mit Wucher heim. Königin aus Zufall, wurde sie Tyrannin aus Berechnung. Bei ihrem feinen Geist hatte sie das Vorgefühl, daß man die wahrscheinliche Kürze der Herrschaft durch die gewissenloseste Ausnutzung ersetzen müsse.
    Sie bemächtigte sich demzufolge alles dessen, was in ihren Bereich kam, riß Schätze, Einfluß, Ehrenstellen an sich, Sie wurde reich, sie vergab die Ämter und empfing die Besuche von Mazarin und den ersten Herren des Hofes. Sie besaß schließlich ein Vermögen von zwei Millionen.
    Sie hatte wohl gefühlt, wie der Volkshaß flutähnlich stieg und mit seinen Wellen gegen die Machtstellung des Herrn von Epernon anprallte, der, an einem Tage des Zorns von Bordeaux vertrieben, Nanon mit sich zog, wie die Barke dem Schiffe folgt. Nanon beugte sich unter dem Sturme, bereit, sich wiederzuerheben, sobald der Sturm vorübergegangen wäre. Sie nahm Herrn von Mazarin zum Muster und trieb die Politik des gewandten, geschmeidigen Italieners. Der Kardinal bemerkte diese Frau, die durch dieselben Mittel, die ihn selbst zum ersten Minister und zum Besitzer von fünfzig Millionen gemacht haben, sich hob und bereicherte. Er bewunderte die kleine Gascognerin; er tat noch mehr, er ließ sie gewähren. Man wird vielleicht später erfahren, warum.
    Die Bekanntschaft zwischen Nanon und Canolles hatte sich auf die natürlichste Weise gebildet. Canolles, Leutnant im Regiment Navailles, wollte Kapitän werden. Er mußte daher an Herrn von Epernon, den kommandierenden General, schreiben. Nanon las den Brief, sie antwortete wie gewöhnlich, im Glauben, sie behandle eine Geschäftssache, und bewilligte Canolles eine Zusammenkunft in diesem Sinne. Canolles wählte unter seinen Familienjuwelen einen prachtvollen Ring, der wenigstens fünfhundert Pistolen wert war – es war dies immer noch minder teuer, als sich eine Kompanie zu kaufen – und begab sich sodann zu der Zusammenkunft. Aber der Sieger Canolles, dem sein prunkhafter Ruf von Liebesglück voranging, machte diesmal die fiskalischen Berechnungen des Fräulein von Lartigues zu Schanden. Es war das erstemal, daß er Nanon sah, es war das erstemal, daß Nanon ihn sah. Sie waren beide jung, schön und geistreich. Die Zusammenkunft ging in gegenseitigen Artigkeiten hin, von dem Geschäfte war mit keiner Silbe die Rede, und dennoch wurde das Geschäft abgemacht. Am andern Morgen erhielt Canolles sein Kapitänspatent, und als der kostbare Ring von seinem Finger an Nanons überging, war es
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