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Das Versprechen des Opals

Das Versprechen des Opals

Titel: Das Versprechen des Opals
Autoren: Tamara McKinley
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ihm die Tür vor der Nase zu.
    Paddy stand schwankend da und starrte stupide die Tür an. »Ich bring ihn um«, knurrte er und ballte die fleischigen Fäuste.
    »Komm schon, Paddy! Du hast mir ein schönes Abendessen versprochen, und mein Magen glaubt schon, dass man mir die Kehle durchgeschnitten hat.« Das Mädchen schmiegte den Kopf an seine Schulter, schlängelte den Arm unter den seinen und zog ihn voran.
    Paddy stierte auf sie hinunter und versuchte sich zu erinnern,wer zum Teufel sie war und warum er ihr ein Essen versprochen hatte. Sein verschwommener Blick milderte die harten Konturen ihres Gesichts, sodass ihr verfilztes Haar und der schmutzige Hals beinahe ansprechend aussahen. Aber er konnte sie noch durch den eigenen Gestank riechen, und die Reste des Biers, das er getrunken hatte, brodelten in seinem Bauch.
    »Komm schon«, drängte sie, und ihre Stimme wurde schrill. »Oder willst du mich die ganze Nacht warten lassen?«
    »Hau ab!«, knurrte er. »Lass mich in Ruhe!« Er bog ihre Krallenfinger auf und stieß sie von sich. Er war ein großer, starker Mann, zumal wenn das Gewicht mehrerer Pints erschwerend hinzukam. Das Mädchen war nicht darauf vorbereitet; es fiel gegen die Mauer der Schenke und rutschte in die Gosse.
    Paddy trabte schwerfällig davon. Er musste weg von ihr. Fort vom Lärm des Pubs und von dem Gestank der Gasse. In seinem Magen rumorte es, die Galle schmeckte bitter in seinem Mund, und das giftige Gekreische verfolgte ihn durch die Dunkelheit.
    »Du schuldest mir noch was«, schrie das Mädchen und sprang ihm auf den Rücken. Es versuchte ihm die Augen zu zerkratzen, und seine Beine umklammerten ihn wie eine Schraubzwinge. »Bezahl mich, du Schwein, oder ich rufe die Polizei!«
    Er schüttelte die Zudringliche ab, wie ein Hund das Regenwasser aus seinem Fell schüttelt, und sie fiel wieder auf das harte Kopfsteinpflaster. »Gib mir mein Geld!« Sie war gleich wieder auf den Beinen und sprang ihn von neuem an. »Hilfe! Polizei! Polizei! Ich werde beraubt!«, schrie sie, und er stieß sie zurück und wollte weiter die Gasse hinunterwanken. »Haltet den Dieb!«
    Paddy sah Rot. Eine scharlachrote Wolke erfüllte seine benebelte Welt und drang in seinen schmerzenden Kopf. Ermusste ihr das Maul stopfen, musste sie zum Schweigen bringen, ehe die Polizei tatsächlich auftauchte. Er fuhr herum, und seine große Hand packte den dürren Hals und erstickte den Schwall von Vitriol, der ätzend durch seinen Kopf flutete. Und dann drückte er zu, drückte und drückte. Er brauchte Ruhe, Frieden, Zeit zum Nachdenken, Zeit, die schrecklichen Schmerzen in Bauch und Kopf zu lindern – und erst als sie aufhörte zu zappeln, wurde ihm klar, dass etwas schief gegangen war.
    Verwirrt und fasziniert starrte er die Hure an, als ihr die Zunge aus dem Mund und die Augen aus den Höhlen quollen. Er spürte, wie sie erschlaffte, und ließ sie los. Wie eine Lumpenpuppe fiel sie zu Boden. Er stieß sie vorsichtig mit der Stiefelspitze an, und als sie sich nicht rührte, grunzte er in dumpfem Entsetzen. Jetzt war er geliefert. Die Polizei würde jeden Augenblick hier sein, und bei seinem Vorstrafenregister würden sie ihm diesmal ganz sicher den Strick um den Hals legen.
    Er warf einen kurzen Blick über die Schulter, als Polizeipfeifen und das Getrappel von schweren Stiefeln durch die Mietshausgassen hallten. Die Biernebel waren verflogen. Nichts macht einen Mann so nüchtern wie die drohende Henkersschlinge, dachte er grimmig.
    Für einen großen Mann bewegte er sich sehr behände durch die Dunkelheit, ein Talent, das durch ein zwanzigjähriges Leben außerhalb der Gesetze geschärft worden war, eine Fähigkeit, die er schon in frühester Jugend hatte erlernen müssen, um auf der Straße zu überleben.
    Paddy schlängelte sich durch das labyrinthische Gewirr von verwahrlosten Häusern und lärmerfüllten Schenken, bis er zum Fluss kam. Der Liffey glänzte wie geschmolzenes Blei unter den jagenden Wolken und einem übellaunigen Mond. Flink kletterte Paddy über die niedrige Steinmauer und verstecktesich in einem schmalen Kanal unter einer Brücke. Er roch den fauligen Müll am Ufer und das kalte, trüb grüne Wasser, das in öliger Lautlosigkeit vorüberfloss.
    So hockte er in seinem klammen, stinkenden Versteck und schlang fröstelnd die Arme um sich. Seine Jacke war abgetragen, das Hemd darunter dünn und geflickt. Was würde er nicht geben für die elende kleine Kammer in den Welsh Valleys – für die kühle
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