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Das Paket mit dem Totenkopf

Das Paket mit dem Totenkopf

Titel: Das Paket mit dem Totenkopf
Autoren: Stefan Wolf
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und das vermied er lieber.
    „Unglaublich!“ flüsterte Frau
Carsten. Sie schwankte zwischen Bestürzung und Stolz auf ihren Sohn. „Aber du
hast die Polizei ja nicht verständigt.“
    „Das wird wohl der Oberst
machen.“
    „Gehst du oft allein durch den
Stadtwald?“
    Tarzan lachte. „Im allgemeinen
geht es dort sehr friedlich zu. Das war sicherlich seit langem der erste
Überfall. Und da ich meistens nur fünf Mark im Geldbeutel habe, wenn überhaupt,
bin ich bestimmt kein lohnendes Opfer.“
    „Aber versprich mir, vorsichtig
zu sein.“
    Tarzan versprach es.
    Dann redeten sie von der
Schule, von den Lehrern, vom Internat, von der Stadt hier und von dem, was sie
in ihrer Freizeit machten. Tarzans Mutter war an allem sehr interessiert und
gab gute Ratschläge. Wie in einer Familienrunde saßen sie beisammen. Es war
gemütlich. Klößchen und Gaby ließen sich dann doch zu einem Stück Torte
überreden; und der Nachmittag hätte so angenehm verlaufen können, wie jeder es
sich wünschte.
    Aber die Katastrophe nahte
bereits. Daß etwas passieren würde, begriff Tarzan in dem Augenblick, als der
Mann in die Empfangshalle trat.
    Genau um 17.11 Uhr.
    Der Mann war — Boxernase.

5. Ein gemeiner Diebstahl
     
    Tarzan saß so, daß er durch die
Glastür zur Rezeption sehen konnte. Als er den Kerl bemerkte, fuhr ihm der
Schreck in die Glieder. Aber er beherrschte sich sofort, zuckte mit keiner
Wimper, hielt die Hände ruhig wie immer und blickte scheinbar absichtslos zur
Halle.
    Boxernase stand an der
Rezeption. Auf seinem schwarzen Hut schmolzen Schneeflocken. Er trug seine
Aktentasche in der linken Hand. Auch jetzt paffte er eine Zigarre, die er nicht
aus dem Mund nahm. Auch nicht, als er mit dem Portier redete.
    Offenbar wünschte er ein
Zimmer.
    Der Portier nickte und schob
ihm den Block mit den Anmeldeformularen hin.

    Kalt kroch der Schreck über
Tarzans Rücken.
    Dieser Kerl, dieser Verbrecher
— und seine Mutter unter einem Dach! Um Himmels willen!
    Oder? War das Zufall? Irgendwo
wohnen mußte er schließlich. Und Detlef Egge würde ihm ganz bestimmt nicht das
Gästezimmer im Elternhaus anbieten. Nicht, nachdem sie so ein geheimnisvolles
Getue aufgeführt hatten — mit dem Austausch der Schlüssel und den
Schließfächern. Offenbar wollten sie unbedingt vermeiden, daß man sie
miteinander in Beziehung brachte.
    Was könnte passieren? überlegte
Tarzan fieberhaft. Sein Herz pumperte. Am liebsten hätte er seine Mutter in ein
anderes Hotel gebracht. Rasch wog er in Gedanken alle Möglichkeiten ab. Was
konnte Boxernase tun? Wollte er überhaupt etwas tun? Tarzan fiel nichts ein.
    Gaby stieß ihm unterm Tisch ans
Schienbein. Sanft zwar, aber sie berührte auch Oskar. Der quietschte im Schlaf.
    Tarzan sah Gaby an. Auch sie
hatte Boxernase bemerkt, und das Blau ihrer Augen war vor Schreck so groß und
tief wie bei einem Bergsee.
    Unmerklich schüttelte Tarzan
den Kopf. Er konzentrierte sich wieder auf die Unterhaltung, beobachtete aber,
was dort draußen geschah.
    Karl und Klößchen saßen zum
Glück mit dem Rücken zur Tür.
    Für Karls Geistesgegenwart
konnte man einstehen. Aber Klößchen hätte in seiner Tolpatschigkeit sicherlich
das Falsche gesagt. Tarzans Mutter wäre aufmerksam geworden und — sobald sie
dann die ganze Wahrheit erfahren hätte — sehr besorgt.
    Lieber nicht! Sie soll ein
angenehmes Wochenende verleben, dachte Tarzan. Sie arbeitet so hart. Macht
Überstunden. Blasser als sonst sieht sie aus. Es wäre schlimm, wenn sie sich
meinetwegen Sorgen machte.
    Aus den Augenwinkeln sah er,
wie Boxernase Geld auf die Rezeption legte.
    Nanu? Der bezahlte sein Zimmer
im Voraus. Jetzt erhielt er die Quittung. Trinkgeld hatte er offenbar reichlich
gegeben, denn der Portier holte sein freundlichstes Lächeln hervor, das er
anknipsen konnte wie eine Stehlampe. Bis zu diesem Moment war seine Miene eher
sauer gewesen.
    Boxernase will sicherlich mit
einem Nachtzug zurück, dachte Tarzan, und sich nur ein paar Stunden aufs Ohr
legen. Deshalb bezahlt er schon jetzt — weil’s nachher auf jede Minute ankommt.
Na, klar! Alles läßt sich ganz einfach erklären. Aber warum hat Detlef Egge
vorhin durchs Fenster geglotzt? Oder war er’s gar nicht, und ich habe mich
getäuscht?
    Wieder konzentrierte er sich
auf die Unterhaltung.
    Man redete von einem spannenden
Film, den eine Fernseh-Anstalt vor zwei Tagen gezeigt hatte.
    „Hast du ihn gesehen?“ wurde
Karl von Klößchen gefragt.
    „Vorgestern nicht“,
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