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Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)

Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)

Titel: Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)
Autoren: Ulrike Schweikert
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ihre Tochter schützend hinter sich.
    »Ein Exorzismus? Das wird nicht nötig sein, Exzellenz! Meine Tochter ist nicht besessen. Sie ist stumm!«
    »Nun denn«, murmelte er und wandte seinen Blick ab. Er schien Jimena fast ein wenig enttäuscht. Vielleicht hätte er gern ein paar Dämonen aus ihrer kleinen Cousine ausgetrieben. Jimena wusste nicht, wie so etwas vor sich ging, doch sie ahnte, dass es nicht angenehm war, und fühlte sich erleichtert, dass ihre Tante dies verhindert hatte.
    Auch das Interesse der Hoheit schwand und richtete sich nun auf Jimena.
    »Und du, Kind? Kannst wenigstens du sprechen?«
    Jimena erinnerte sich daran, was ihre Tante ihr eingeschärft hatte, und knickste erneut. »Aber ja, Hoheit«, antwortete sie, ohne allerdings die Augen niederzuschlagen, was man ihr eigentlich gesagt hatte. Ein wenig trotzig sah sie die Frau an, die sich so seltsam benahm.
    »Und wie alt bist du?«, fragte sie weiter.
    »Sieben Jahre, Hoheit«, antwortete Jimena brav und schluckte alle frechen Bemerkungen herunter, die ihr in den Sinn kamen. Sie durfte ihre Tante nicht in Verlegenheit bringen, auch wenn sie nur zu gern gesehen hätte, wie die alte Königin reagieren würde.
    Lass es sein!
    Ich mach es ja gar nicht!
    Ich weiß. Du bist ein braves Kind – meistens.
    Jimena musste ein Kichern unterdrücken. Ehrlich war ihre Tante wenigstens.
    »Sieben Jahre«, wiederholte Isabel von Portugal und ließ den Blick zu dem Diwan wandern. »Das trifft sich gut. Du wirst ab heute meiner Tochter Isabel dienen und sie begleiten.«
    Jimena folgte ihrem Blick und erstarrte. Sie hatte das Mädchen bislang nicht beachtet. Es war auf den ersten Blick so unscheinbar. Ihre Haut war blass, die Züge mit den fast farblosen Augenbrauen und der Stupsnase nichtssagend, und auch ihr Haar war dünn und so farblos, wie man es hier in der Gegend selten fand. Kein Blond, das in der Sonne golden erstrahlte, nur eine blasse Farbe wie von Flachs. Und doch erstarrte Jimena und riss ihre dunklen Augen weit auf. Das Mädchen wandte sich ihr zu und erwiderte aus seinen blassblauen Augen den Blick mit einer solchen Kraft, dass Jimena die Luft anhielt.
    Da war etwas, das sie fast greifen konnte. Sollte das etwa die Begegnung sein, der sie entgegengezittert hatte?
    Ja, dein Gefühl hat dich nicht getäuscht, sprach die Tante in ihrem Geist. Isabel, die große Königin. Sie wird die Welt verändern, aber sprich nicht darüber!
    Jimena ging auf das Mädchen zu, unsicher, wie sie sie begrüßen sollte. Ihr Vater war immerhin König gewesen, und sie war eine Infantin, wenn auch keine Kronprinzessin. Jimena knickste auch vor ihr.
    »Doña Isabel«, begann sie zögernd und wurde sogleich von einer der Frauen unterbrochen.
    » Serenísima Infante Isabel – durchlauchtigste Infantin Isabel heißt das!«,doch die Tochter der Königinwitwe winkte ab und sah mit freundlichem Blick Jimena an, die ein wenig stotternd fortfuhr:
    »Es ist mir eine Ehre, Eure Bekanntschaft zu machen und Euch dienen zu dürfen.«
    Das Mädchen aus dem königlichen Geblüt der Trastámara nickte ihr mit einem huldvollen Lächeln zu und reichte ihr feierlich die Hand.
    »Die Freude ist ganz auf meiner Seite, Doña Jimena de Morón«, sagte sie, so als habe sie den Satz viele Male geübt, doch dann lächelte sie ganz offen und fügte leise hinzu: »Ich freue mich so, dass du da bist. Es ist hier meist nicht sehr lustig, aber das wird sich ändern, wenn wir Freundinnen werden. Das hier ist übrigens Beatriz, meine bisher einzige Freundin im Palast. Ihr Vater, Don Pedro de Bobadilla, ist der Verwalter des Schlosses und der Burg drüben auf der anderen Seite der Stadt. Und das dort ist mein jüngerer Bruder Alfonso, mit dem man rein gar nichts anfangen kann!«
    Jimena begrüßte auch den Jungen, der ihr die Zunge rausstreckte, und dann das zweite Mädchen, deren Kleidung man nicht ansah, dass sie nur die Tochter eines Palastverwalters war, was aber eher daran lag, dass Isabel für eine Infantin ungewöhnlich schlicht gekleidet war, das Haar nur nachlässig frisiert. Und sie trug nicht einmal Schmuck.
    Während Alfonso wie seine Schwester blass und unscheinbar wirkte, war Beatriz ein hübsches Mädchen mit rundlichem Gesicht, vollen Lippen und üppigem, dunklem Haar.
    Jimena spürte die Vorbehalte, die Beatriz empfand, als sie den Gruß erwiderte. Sie musterte die Neue, doch unter die Neugier mischten sich auch Eifersucht und die Furcht, sie könne ihr den Platz an Isabels Seite streitig
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