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Das Herz Eines Highlanders

Das Herz Eines Highlanders

Titel: Das Herz Eines Highlanders
Autoren: Karen Marie Moning
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Ende ging? Er wusste, dass die Legende von den Berserkern nichts anderes war als eine Legende.
    Flehe die Götter an, zischelten die raschelnden Zweige der Kiefer.
    »Natürlich«, murmelte Gavrael. Hatte er nicht immer schon so reagiert, seit er im Alter von neun Jahren zum ersten Mal die Furcht erregende Geschichte gehört hatte? Es gab keine Berserker. Es war nur eine dumme Geschichte, die erzählt wurde, um ungehorsame Kinder einzuschüchtern.
    Ber... ser... ker. Dieses Mal war das Geräusch klarer, zu laut, um seiner Phantasie entsprungen zu sein.
    Gavrael fuhr herum und suchte die massiven Felsen hinter sich ab. Wotan's Cleft bestand aus einer Anhäufung von Felsblöcken und aufgerichteten Steinen, die im Licht des Vollmondes seltsame Schatten warfen. Es ging das Gerücht um, dass es ein heiliger Platz sei, an dem in alten Zeiten die Häuptlinge Schlachtpläne entworfen und über Schicksale entschieden hatten. Es war ein Platz, der einen unerfahrenen Jungen sehr wohl an böse Geister glauben lassen konnte. Er lauschte aufmerksam, doch der Wind trug nur die Schreie seiner Leute zu ihm.
    Zu schade, dass die heidnischen Geschichten nur erfunden waren. Die Legende besagte, dass die Berserker sich mit einer solchen Geschwindigkeit bewegen konnten, dass sie für das menschliche Auge unsichtbar waren, bis zu dem Moment, in dem sie angriffen. Sie besaßen übernatürliche Fähigkeiten: den feinen Geruchssinn eines Wolfes, das scharfe Gehör einer Fledermaus, die Kraft von zwanzig Männern, die durchdringende Sehkraft eines Adlers. Dereinst, vor fast siebenhundert Jahren, waren die Berserker die furchtlosesten und gefürch- tetsten Krieger gewesen, die über Schottlands Erde wandelten. Sie waren die Elite von Odins Wikingerarmee gewesen. Der Legende nach konnten sie die Gestalt eines Wolfes oder eines Bären ebenso leicht annehmen wie die eines Mannes. Und sie hatten ein gemeinsames Merkmal - unheilige blaue Augen, die wie weiß glühende Kohlen loderten.
    Berserker, seufzte der Wind.
    »Es gibt keine Berserker«, ließ Gavrael erzürnt die Nacht wissen. Er war nicht länger der dumme Junge, der sich von der Aussicht auf unbesiegbare Kraft blenden ließ; nicht länger der Halbwüchsige, der einstmals gewillt gewesen war, seine unsterbliche Seele gegen absolute Macht und Herrschaft einzutauschen. Außerdem waren seine Augen tiefbraun und waren es immer gewesen. Niemals zuvor in der Geschichte hatte es einen braunäugigen Berserker gegeben.
    Rufe mich.
    Gavrael zuckte zusammen. Diese letzte Einbildung seines vom Schrecken benebelten Verstandes war ein Befehl gewesen, uniiberhörbar, unwiderstehlich. Seine Nackenhaare richteten sich auf und seine Haut kribbelte. Nicht ein einziges Mal in all den Jahren, in denen er im Spiel einen Berserker angerufen hatte, hatte er sich so sonderbar gefühlt. Das Blut hämmerte durch seine Adern und ihm war, als schwanke er am Rande eines Abgrunds, der ihn zugleich anzog und abstieß.
    Schreie erfüllten das Tal. Ein Kind nach dem anderen wurde niedergestreckt, während er sich weit oberhalb der Schlacht befand, ohne eingreifen zu können. Er würde alles tun, sie zu retten: tauschen, feilschen, stehlen, morden - alles.
    Tränen strömten über sein Gesicht, als ein kleines Mädchen mit blonden Ringellocken wimmernd seinen letzten Atemzug tat. Für sie würde es keine mütterlichen Arme mehr geben, keinen schmucken Freier, keine Hochzeit, keine Kinder - nicht einen weiteren Atemzug kostbaren Lebens. Blut färbte die Vorderseite ihres Kleidchens und er starrte es an, hypnotisiert. Er nahm nichts mehr wahr außer dem Blut, das sich über ihre Brust ergoss und zu einem gewaltigen, scharlachroten Strudel anschwoll, der ihn tiefer und tiefer hinunterzog.
    Etwas in ihm zerbrach.
    Er warf den Kopf zurück und heulte auf und seine Worte hallten von den Felsen von Wotan's Cleft wider. »Höre mich, Odin, ich rufe den Berserker! Ich, Gavrael Roderick Icarus Mclllioch, biete mein Leben - nein, meine Seele - für Vergeltung. Ich fordere den Berserker!«
    Der leichte Wind brauste plötzlich auf und wirbelte Blätter und Erde durch die Luft. Gavrael riss die Arme hoch, um sein Gesicht vor den nadelspitzen Steinchen zu schützen, die ihn umpeitschten. Zweige, die dem Sturmwind nicht standhalten konnten, brachen und schlugen gegen seinen Körper wie schwerfällige Speere, die von den Bäumen herabgeschleudert wurden. Schwarze Wolken jagten über den Nachthimmel und verdeckten für einen Augenblick den
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