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Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Titel: Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman
Autoren: Michael Peinkofer
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Reichweite der Katapulte nicht beliebig verkürzen ließ. Griechisches Feuer kam zum Einsatz, das jedoch nicht nur Teile des Turmes, sondern auch das hölzerne Schanzwerk der Verteidiger erfasste, sodass dichter Rauch von der Mauer aufstieg.
    Es wurde dunkel im Turm, beißender Schwefelgeruch raubte den Männern den Atem – nicht nur jenen, die die oberen Stockwerke der Kriegsmaschine besetzten, sondern auch denen, die im Schutz ihrer furchterregenden Silhouette dafür sorgten, dass sie Stück um Stück an die Mauer heranrückte. Wie der Kampf im Süden der Stadt vonstatten ging und es um Graf Raymond und die Seinen stand, wusste keiner der Männer zu sagen. Man focht getrennt, und ein jeder hatte alles zu geben.
    Die Holzkonstruktion des Turmes erzitterte unter den Pfeilen, die in atemberaubend schneller Folge einschlugen. Bisweilen prallten sie von den gespannten Tierhäuten ab, meist blieben sie stecken, hin und wieder drang auch einer durch die schmalen Öffnungen, durch die die Turmbesatzung nach draußen spähte. Ihre Schilde hochhaltend, die Hände an den Griffen ihrer Schwerter, warteten Herzog Godefroy und seine Mitstreiter ab, bis der Turm nur noch wenige Schritte von der Mauer entfernt war.
    D ann kam der Moment der Bewährung.
    Zuerst fielen schwere Holzbalken herab und schlugen eine Verbindung zwischen dem Turm und den Zinnen. Sodann warfen sich die Kreuzfahrer, die im zweiten Stockwerk warteten, gegen die Frontverkleidung des Turmes, die sich mit lautem Knarren löste und einer Falltür gleich niederschlug. Indem sie auf den Balken landete, bildete sie eine Brücke, die den Turm der Angreifer mit den Mauern der Verteidiger verband – und der Nahkampf begann.
    Der Augenblick, auf den der Herzog und seine Männer gewartet hatten, war gekommen, und es war der ungestüme Lethold de Tournaye, der allen anderen Kämpen voran über die Brücke stürmte, die Mauerkrone überwand und wie ein Blitz unter die überraschten Streiter des Kalifen fuhr. Sogleich folgten ihm weitere Ritter nach, und kaum hatten sie auf dem feindlichen Wehrgang einen Brückenkopf errichtet, überwand auch Herzog Godefroy die Kluft und sprang seinen Leuten bei. Sein Banner, das er über den Zinnen errichten ließ, signalisierte den Fußkämpfern außerhalb der Mauern, dass eine Bresche geschlagen war, und sie legten Dutzende von Sturmleitern an.
    Sowohl über den Turm, durch den immer neue Kämpfer nachrückten, als auch an verschiedenen Mauerabschnitten gelangten Kreuzfahrer in die Stadt, nur einige zunächst, dann immer mehr – und unter denen, die die Nordmauer überwanden und in das Viertel der Juden einfielen, das sich nach Süden hin bis zum Tempelberg erstreckte, waren auch Eustace de Privas und seine rachsüchtige Meute.
    Die fatimidischen Soldaten, dunkelhäutige Krieger aus den fernen Wüsten Afrikas, sowie die tapfere jüdische Bürgerwehr konnten nicht anders, als dem Druck der einfallenden Massen nachzugeben – und das Morden nahm seinen Lauf.
    »Hört ihr das auch?«
    Abrupt war Conn stehen geblieben und lauschte.
    Das Einschlagen der Katapultgeschosse hatte ausgesetzt, d afür waren von Norden her plötzlich andere Geräusche zu hören – entsetzte Schreie und das Geklirr von Waffen.
    »Der Nordwall muss gefallen sein«, vermutete Chaya, die dicht hinter ihm ging und wie er ein weites Gewand mit einem Burnus trug, das sie vor neugierigen Blicken schützte.
    »Dann möge Gott sich dieser Stadt und ihrer Bewohner erbarmen«, fügte Baldric hinzu, der am Ende der kleinen Gruppe ging und ihren Rücken sicherte.
    Erst am Abend zuvor waren sie aus Acre eingetroffen, und nur Bahram hatten sie es zu verdanken, dass sie überhaupt noch in die Stadt gelangt waren. Indem er vorgab, ein Kaufmann aus Damaskus zu sein und neben seiner jüdischen Frau zwei fränkische Sklaven dabeizuhaben, war es ihm gelungen, das Vertrauen der Wächter zu gewinnen und durch das den Kreuzfahrern abgewandte Goldene Tor eingelassen zu werden, ehe es geschlossen wurde. In einer Herberge unweit des jüdischen Viertels hatten sie die Nacht verbracht, um noch vor Sonnenaufgang von Hörnerklang und den Einschlägen der Geschosse geweckt zu werden.
    Der Angriff auf Jerusalem hatte begonnen – und den grässlichen Geräuschen nach, die durch die Gassen des Judenviertels drangen, waren die Kreuzfahrer auf dem Vormarsch.
    Die Zeit schien plötzlich stillzustehen.
    Conn roch den bitteren Gestank, der von Norden durch die Gassen zog und von Brand und
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