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Computer der Unsterblichkeit

Computer der Unsterblichkeit

Titel: Computer der Unsterblichkeit
Autoren: Mark Clifton , Frank Riley
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nahe daran, seine Verärgerung zu übertreffen. Joe wählte den Augenblick, um von seiner Arbeit aufzusehen.
    »Jeder Mensch umgibt seinen Geist mit einem abschirmenden Netzwerk«, sagte er im Konversationston. »Es besteht aus seinen Vorurteilen und den vorgefaßten Meinungen, die ihm akzeptabel erscheinen. Alles was er aufnimmt, muß durch diesen Filter.«
    Hoskins blickte ihn gereizt an, als hätte ein altkluges Kind von fünf Jahren Weisheiten über die Ehe von sich gegeben. Sein Ärger kochte von neuem auf, und sein Geist formte den Satz: »Was weiß schon ein junger Windbeutel wie du von solchen Dingen?« Doch er war zu höflich, die Worte auszusprechen.
    »So erscheint es Ihnen«, sagte er wegwerfend.
    »So ist es, Doktor«, sagte Joe. »Die ersten Drähte dieses Netzwerks werden sehr früh gezogen. ›Laß das sein! Das ist schlecht! Nun, so ist es brav! Wenn du das tust, bist du Mamas guter kleiner Junge. Das ist häßlich, schäm’ dich! Dafür bist du noch zu klein! Das darfst du nicht allein tun; warte, bis du älter bist! Du mußt es immer deiner Mutter sagen, wenn die Kinder böse zu dir sind!‹ So fängt es an.«
    »Und?« fragte Hoskins achselzuckend.
    »So bildet sich ein Muster von Maßstäben. Alles wird im Hinblick auf dieses Muster beurteilt. Der beständige Strom von Befehlen, Ermahnungen und beiläufigen Bemerkungen, gelegentlich durch Schockbehandlung wie Ohrfeigen und Prügel verstärkt, sorgt dafür, daß es sich frühzeitig einprägt.«
    »Dann kommt die Schule und anschließend die weitere Ausbildung«, ergänzte Hoskins lächelnd, »und reißt Ihr Netzwerk in Fetzen.«
    »Nur in der Theorie«, sagte Joe, »aber nicht in der Praxis. Selbst in späteren Jahren wird alles Aufgenommene durch das Netz gefiltert und verändert. Gewiß, hier und dort wird es durchlöchert und durch neu gezogene Fäden geflickt. Aber der Filter bleibt intakt. Der Prozeß geht weiter, und darauf kommt es an. Selbst wenn eine neue Idee mit solcher Gewalt durch die Abschirmung stößt, daß sie in Erwägung gezogen werden muß, wird sie durch den Filter der Vorurteile meist so entstellt und verändert, daß sie genau das bedeutet, was der Empfänger will.«
    »Der Hauptzweck jeder Ausbildung«, sagte Hoskins belehrend, »ist die Schaffung eines weltoffenen Geistes, die Förderung der Fähigkeit zu sachlicher Betrachtung, die die Wirklichkeit so sieht, wie sie ist, ohne Verzerrungen.«
    »Sie haben sich in letzter Zeit Gedanken gemacht, wie es zu Bossys Entstehung kommen konnte«, sagte Joe abrupt.
    Hoskins runzelte die Brauen und schoß einen anklagenden Blick zu Billings hinüber. Billings hatte kein Recht, ihre Unterhaltung mit diesem unreifen Jungen zu diskutieren.
    »Ich bin Telepath«, sagte Joe.
    »Unsinn!« Hoskins wurde ärgerlich.
    Joe legte seinen Kopf in den Nacken und lachte frei heraus. »Verstehen Sie, was ich meine, Doktor?« fragte er glucksend.
    Noch im Zweifel, ob in der Hoffnungslosigkeit und Entmutigung des Trunkenboldes eine brauchbare Information verborgen sein mochte, drang Joe in die Psyche des andern ein.
    »Ich verstehe, daß ich mich schon so mit genug Problemen herumschlagen muß. Ich habe keinen Bedarf für solche wilden und abwegigen Vorstellungen.« Beinahe mitleidig fügte er hinzu: »Joe, ich habe Sie immer für einen fleißigen und intelligenten Studenten gehalten. Nie kam mir in den Sinn, daß Sie sich mit derartigen Dingen abgeben würden. Joe! Das ist etwas für Leichtgläubige und Kritiklose! Vernünftige Leute finden es unter ihrer Würde, dem Okkultismus zu huldigen.«
    »Doktor Rhine dachte nicht so«, antwortete Joe.
    »Das ist etwas anderes. Das war wissenschaftliche Forschung unter Laboratoriumsbedingungen. Immerhin ist es bemerkenswert, daß Doktor Rhine nie einen echten Telepathen gefunden hat.«
    »Das habe ich auch nicht«, sagte Joe. Er ließ sich nichts von der dunklen, lebenslangen Einsamkeit anmerken, die ihn so oft bedrückte und nur von einem Menschen verstanden werden konnte, dem nie erlaubt wird, Verbindungen mit seinesgleichen aufzunehmen.
    »Bestenfalls«, fuhr Hoskins fort, »stieß er auf einige Phänomene, die mit den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit nicht erklärt werden konnten. Das kann bedeuten, daß es uns unbekannte Formen der außersinnlichen Wahrnehmung gibt. Es kann aber auch bedeuten, daß unsere Vorstellungen von den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit revisionsbedürftig sind.«
    »Und Ihr Abschirmnetz zieht das letztere vor«, sagte Joe
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