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Commissaire-Llob 1 - Morituri

Commissaire-Llob 1 - Morituri

Titel: Commissaire-Llob 1 - Morituri
Autoren: Yasmina Khadra
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zugunsten der
    Apparatschiks des alten Regimes abzuwickeln und
    schmutziges Geld zu waschen. Briefkastenfirmen
    und Scheingeschäfte kennt er in- und auswendig, er
    gilt als As in Theorie und Praxis der Fälschung.
    Dank seiner Aktionen hat eine stattliche Zahl so-
    genannter charismatischer Persönlichkeiten
    Traumschlösser in Spanien und anderswo gebaut
    und etliche Schweizer Banken aufgefettet.
    Er selbst begnügt sich mit den Krumen und
    schafft brav im verborgenen, so daß niemand ahnt,
    welch Imperium die fleißige Ameise hinter der
    unbedeutenden Gestalt des kleinen Angestellten
    errichtet hat.
    Sein Haus paßt zu ihm. Von der Straße aus ist es
    ein ganz normales Gebäude. Mit grotesker Fassade
    und gewöhnlicher Eingangstür, mit derart schrei-
    endem Orange getüncht, daß es jeden Hitiste*, der
    eine Mauer zum Anlehnen sucht, zur Verzweiflung
    treiben muß. [* „der die Mauer abstützt“: übliche Be-zeichnung für die arbeitslosen Jugendlichen, die auf den Straßen der algerischen Städte herumlungern.]
    Doch sobald man die Schwelle überschritten hat,
    befindet man sich in einer Oase.
    Er empfängt uns auf der Veranda. Ganz untertä-
    nig. Als ob seine Festung nur Frucht unserer Ein-
    bildung wäre. Er ist ein ausgemergeltes Männchen
    mit metallischem Blick und abgezirkelten Bewe-
    gungen. Er serviert Zitronenlimonade und Pariser
    Konfekt und beobachtet uns, von unseren Appetit
    gerührt, mit dem Blick der gütigen Seele, die den
    Welpen beim Fressen zusieht.
    „Monsieur Doba“, beginnt Dine und leckt sich
    die Finger ab, „Kommissar Llob und ich rollen die
    Affäre Laouer wieder auf.“
    „Das ist eine alte Geschichte …“
    „Ich weiß. Sie wurden wegen des Todes Ihres Di-
    rektors aller Funktionen enthoben. Man hat ver-
    sucht, Ihnen die Schuld für die Fehlbeträge im Safe
    in die Schuhe zu schieben. Aber es handelte sich
    um hundertzwanzig Millionen Dollar. Ein derarti-
    ger Krater konnte doch nur das Werk eines gewal-
    tigen Baggers sein, und Sie sind so zart.“
    Salah Doba grinst noch breiter und schiebt das
    Tablett mit den Leckereien in meine Richtung, als
    handle es sich um ein Mikrophon.
    „Und was denkt Kommissar Llob darüber?“
    „Ich denke, daß man Sie benutzt hat.“
    Er lehnt sich zurück, verschränkt seine Nagetier-
    finger über dem Bauch.
    „In diesem Fall sitzen wir im gleichen Boot,
    Kommissar Llob. Ich habe von Ihrer letzten Groß-
    tat gehört. Sie haben die Machenschaften von Sid
    Lankabout beendet. Das ist sehr gut. Aber die Fies-
    ta geht trotzdem weiter.“
    „Ich sehe nicht, wie wir im gleichen Boot sitzen
    könnten, Monsieur Doba.“
    „Man hat auch Sie benutzt.“
    „Wie das?“
    Er betrachtet den Himmel.
    Es ist grundsätzlich nicht leicht, diesen Mann zu
    beeindrucken. Wie klein er auch sein mag, er
    scheint sein Reich besser abgesichert zu haben als
    ein Diktator. Bei ihm finde ich dieselbe Haltung
    wieder, die schon Haj Garne, Sid Lankabout und
    Konsorten meiner Mittelmäßigkeit gegenüber an
    den Tag gelegt haben.
    „Kommissar“, setzt Doba wieder an, „in meinem
    Winkel, in den man mich abgeschoben hat, komme
    ich weiterhin in den Genuß von Zuwendungen. In
    Wirklichkeit hat man mich nicht meiner Funktio-
    nen enthoben, man schützt mich nur vor jeder In-
    diskretion. Das ist die übliche Vorgangsweise. So-
    bald eine Spielfigur in die Schußlinie gerät, setzt
    man sie auf ein anderes Feld. Nach einer Zeit,
    wenn die Sache sich beruhigt hat, wird sie wieder
    ins System eingegliedert …“
    „Sie antworten nicht auf meine Frage.“
    Er verzieht ärgerlich das Gesicht.
    „Kommissar, normalerweise ist man, wenn man
    sich für oberschlau hält, immer nur der Dumme …
    Nehmen wir zum Beispiel diese Geschichte mit
    Abou Kalybse. Was war das wohl? Einfach nur die
    Geschichte eines weiteren Schlaubergers, eines
    weiteren Dummen. Da taucht plötzlich ein Emir
    auf, der nicht im offiziellen Organigramm des Ter-
    rorismus steht. Da das, was er tut, nicht dem Dreh-
    buch entspricht, bringt er die ganze Choreographie
    durcheinander. Und was das Schlimmste ist, der
    Eindringling schreckt nicht davor zurück, sich aus
    den Reserven des Kontingents zu bedienen, und
    das ist ganz und gar nicht gut. Er bringt die wahren
    stillen Teilhaber bei ihren Partnern in Mißkredit.
    Es wurde dringend notwendig, die Krebszelle zu
    lokalisieren. Dazu brauchte man einen guten Spür-
    hund, und auf dem Markt gab es keinen besseren
    als Kommissar Llob. Und Sie haben den
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