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Clovis Dardentor

Clovis Dardentor

Titel: Clovis Dardentor
Autoren: Jules Verne
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dann . . . er selbst . . . der Freund
    Désirandelles . . .
    Diese Sachlage verschuldete denn auch, daß unser Perpig-
    naneser nicht den erhofften Genuß von der Stadt hatte, die
    auf einer Terrasse in 800 Meter Höhe unter dem steil abfal-
    lenden Berge Terni eine reizende Lage hat. Letzterer gehört
    zum Gebirgsstock des Nador, von dem aus man die Ebenen
    der Isser und der Tafna, sowie die niedriger gelegenen Täler
    mit ihren Weinpflanzungen und Gärten überblickt . . . das
    Ganze ein grünes Land von 12 Kilometern Länge, reich an
    Orangenhainen und Olivenwäldern, hundertjährigen Nuß-
    bäumen und üppig gedeihenden Terpentinfichten, ohne
    von dem Reichtum an Obstbäumen jeder Art zu sprechen.
    Das Räderwerk der französischen Verwaltung in Tlem-
    cen fungiert mit der Regelmäßigkeit einer Corliß-Dampf-
    maschine. Was industrielle Anlagen betrifft, da hätte Herr
    Dardentor zwischen Getreide- oder Ölmühlen und Webe-
    reien – besonders solchen, die den Stoff für die schwarzen
    Burnusse herstellen – die Wahl gehabt. In einem Laden des
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    Cavaignacplatzes erkaufte er sich zum Andenken wenigs-
    tens ein Paar sehr hübsche Babuschen.
    »Die scheinen mir für Sie etwas zu klein zu sein«, be-
    merkte Jean Taconnat spöttelnden Tons.
    »Sapperment!«
    »Und ein wenig teuer?«
    »Oh, man hat es ja dazu!«
    »Wem haben Sie die Dinger zugedacht?« fragte Marcel
    Lornans.
    »Einem niedlichen Persönchen«, antwortete Herr Dar-
    dentor mit leichtem Augenzwinkern.
    Das hätte sich Marcel Lornans freilich nicht gestatten
    dürfen, so gern er sein ganzes Reisegeld zu Geschenken für
    das junge Mädchen verwendet hätte.
    Wenn in Tlemcen der Handelsverkehr des Westens mit
    dem der arabischen Stämme, die Getreide, Schlachtvieh,
    Häute, Webstoffe und Straußfedern hierher bringen, zu-
    sammentrifft, so bietet die Stadt doch auch Verehrern des
    Altertums wertvolle Erinnerungen. So finden sich hier und
    da zahlreiche Reste von arabischer Architektur, Ruinen der
    drei Städte mit Befestigungen, die jetzt durch eine 4 Kilo-
    meter lange moderne Mauer mit neun Toren ersetzt sind,
    maurische Viertel mit krummen Gäßchen und noch ei-
    nige von den früher vorhandenen 60 Moscheen. Die jun-
    gen Leute mußten wohl oder übel die ehrwürdige Zitadelle,
    den Mechouar, einen alten Palast aus dem 12. Jahrhundert,
    besichtigen, und auch die Kissaria, jetzt eine Kaserne für
    Spahis, wo sich früher die genuesischen, pisanischen und

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    provenzalischen Kaufleute zusammenfanden. Ferner die
    Moscheen mit ihrer Unmenge von weißen Minaretts, ihren
    kleinen Mosaiksäulen, Malereien und Fayencen, die Mo-
    schee von Djema-Kebir, die des Abdul-Hassim, deren drei
    Gewölbe auf Onyxpfeilern ruhen und worin die Araberjun-
    gen im Lesen, Schreiben und Rechnen an derselben Stelle
    unterrichtet werden, wo einst Boabdil, der letzte König von
    Granada, die Augen schloß.
    Nachher durchstreifte das Trio verschiedene Straßen
    und regelmäßig angelegte Plätze, ferner einen Stadtteil mit
    Häusern von Eingeborenen und Europäern und andere
    modernere Teile. Überall waren Springbrunnen erbaut,
    der schönste auf dem Saint-Michel-Platz. Zuletzt und vor
    der Rückkehr ins Hotel bot die mit vier Baumreihen ge-
    schmückte Esplanade von Mechouar den Touristen eine
    unvergleichliche Aussicht über die Landschaft der Umge-
    bung.
    Bezüglich der sonstigen Nachbarschaft Tlemcens, sei-
    ner bäuerlichen Dörfchen, der Koubbas von Sidi-Daoudi
    und von Sidi-Abd-es-Salam, des rauschenden Wasserfalls
    von El-Orid, mit dem der Saf-Saf 24 Meter herabstürzt, so-
    wie bezüglich mehrerer anderer Sehenswürdigkeiten mußte
    Clovis Dardentor sich begnügen, sie nach den Angaben ei-
    nes Reisehandbuchs zu bewundern.
    Es hätte wirklich mehrerer Tage bedurft, um Tlemcen
    und seine Umgebung zu studieren. Ein solcher Vorschlag
    wäre aber Leuten gegenüber, die so schnell und auf so kur-
    zem Weg wie möglich weiter wollten, doch vergebliche

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    Mühe gewesen. So viel Autorität – die übrigens etwas ver-
    mindert war – Clovis Dardentor bei seinen Reisegefährten
    auch genoß, wagte er so etwas doch nicht.
    »Nun, mein lieber Marcel und mein bester Taconnat,
    was denken Sie nun über Tlemcen?«
    »Oh, eine recht nette Stadt«, begnügte sich der eine zer-
    streut zu antworten.
    »Nett . . . jawohl . . .«, fügte der andere, kaum die Lippen
    bewegend, hinzu.
    »Ei, Ihr lustigen Brüder, hab’ ich
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