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Chroniken der Unterwelt Bd. 1 City of Bones

Chroniken der Unterwelt Bd. 1 City of Bones

Titel: Chroniken der Unterwelt Bd. 1 City of Bones
Autoren: Cassandra Clare
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aus der Hand und krachte auf die Fliesen vor dem Kamin. Luke bückte sich und hob ihn auf, ohne Clary dabei anzuschauen. »Du meinst, wenn du als Einzige ein Verbrechen beobachtest oder so etwas?«
    »Nein. Ich meine, wenn andere Leute dabei sind, aber du der Einzige bist, der es sehen kann. Als ob es für alle anderen unsichtbar wäre.«
    Er hielt inne; seine Hand umklammerte den leicht lädierten Abroller.
    »Ich weiß, dass es verrückt klingt«, bohrte Clary nervös weiter, »aber …«
    Luke drehte sich zu ihr um. Seine tiefblauen Augen ruhten liebevoll auf ihr. »Clary, du bist eine Künstlernatur, genau wie deine Mutter. Deshalb kannst du diese Welt auf eine andere Weise sehen als andere Leute. Du hast die Gabe, Schönes und Schreckliches in alltäglichen Dingen zu erkennen. Deswegen bist du noch lange nicht verrückt, sondern einfach nur anders. Es ist absolut okay, anders zu sein.«
    Clary zog die Beine an und stützte ihr Kinn auf die Knie. Vor ihrem geistigen Auge zogen noch einmal der Lagerraum, Isabelles goldene Peitsche, der sich in Todeskrämpfen windende blauhaarige Junge und Jace’ goldbraune Augen vorbei. Schönes und Schreckliches. »Glaubst du, dass mein Dad ein Künstler wäre, wenn er noch leben würde?«
    Luke schaute verblüfft. Doch ehe er antworten konnte, öffnete sich die Tür und Clarys Mutter kam herein. Die Absätze ihrer Stiefel klapperten über das polierte Parkett. Sie reichte Luke den klirrenden Bund mit den Autoschlüsseln und drehte sich zu ihrer Tochter um.
    Jocelyn Fray war eine schlanke, ranke Frau. Ihr langes Haar schimmerte ein paar Nuancen dunkler als Clarys und war zu einem dunkelroten Knoten hochgesteckt, den sie mit einem Bleistift fixiert hatte. Über ihrem lavendelblauen T-Shirt trug sie einen mit Farbe bekleckerten Overall und auch an den Sohlen ihrer braunen Stiefel klebte Farbe.
    Alle sagten, Clary sähe aus wie ihre Mutter – nur sie selbst war anderer Meinung. Die einzige Gemeinsamkeit, die sie erkennen konnte, offenbarte sich in ihrer Figur: Sie waren beide schlank, mit schmächtiger Brust und schmalen Hüften. Doch Clary wusste, dass sie keine Schönheit war wie ihre Mutter; dazu fehlten ihr ein paar Zentimeter. Mit gerade mal ein Meter fünfzig war man süß. Nicht hübsch, auch nicht schön, einfach nur süß. Dazu noch das karottenrote Haar und die unzähligen Sommersprossen … Neben ihrer Mutter sah sie aus wie eine Lumpenpuppe neben einer Barbie.
    Außerdem bewegte Jocelyn sich so anmutig, dass die Leute ihre Köpfe verdrehten, wenn sie vorbeiging. Clary dagegen stolperte ständig über die eigenen Füße. Ihr schaute nur jemand nach, wenn sie an ihm vorbei die Treppe hinunterfiel.
    »Danke, dass du mir die Kartons hochgebracht hast.« Clarys Mutter schenkte Luke ein Lächeln, das er jedoch nicht erwiderte. Clary spürte, wie sich ihr Magen verkrampfte. Irgendetwas ging hier vor. »Tut mir leid, dass ich so lange zum Parken gebraucht habe. Anscheinend war heute eine Million Leute unterwegs …«
    »Mom«, unterbrach Clary sie, »wofür sind diese Kisten?«
    Jocelyn biss sich auf die Lippe. Luke rollte die Augen in Clarys Richtung, als wolle er Jocelyn stumm zu etwas drängen. Mit einer nervösen Handbewegung schob sie sich eine Haarsträhne hinters Ohr und setzte sich zu ihrer Tochter auf die Couch.
    Aus der Nähe bemerkte Clary, wie müde ihre Mutter aussah. Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen und ihre Augenlider schimmerten durch den Schlafmangel perlmuttgrau.
    »Hängt das irgendwie mit gestern Abend zusammen?«, fragte Clary.
    »Nein«, erwiderte ihre Mutter rasch und zögerte dann. »Na ja, ein bisschen schon. Das gestern Abend hättest du nicht tun dürfen. Das weißt du ganz genau.«
    »Dafür habe ich mich doch schon entschuldigt. Warum fängst du jetzt noch mal damit an? Wenn du mir Hausarrest verpassen willst, dann sag es einfach.«
    »Ich will dich nicht einsperren«, sagte ihre Mutter mit angespannter Stimme. Dann schaute sie Luke an, der jedoch den Kopf schüttelte.
    »Sag’s ihr einfach, Jocelyn«, meinte er.
    »Könntet ihr bitte aufhören, über mich zu reden, als ob ich nicht da wäre?«, protestierte Clary verärgert. »Und was meint ihr mit ›mir sagen‹? Was soll sie mir sagen?«
    Jocelyn seufzte schwer. »Wir fahren in Urlaub.«
    Lukes Gesichtsausdruck wurde undurchdringlich wie ein Stück Leinwand ohne Farbe.
    Clary schüttelte den Kopf. »Was soll das alles? Ihr fahrt in Urlaub?« Sie ließ sich in die Kissen zurückfallen.
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